Verteidigungspolitik

Der Bundeswehr geben, was sie braucht

Die deutsche Marine beteiligt sich mit dem Schiff "Bonn" am Nato-Einsatz in der Ägäis.
Die deutsche Marine beteiligt sich mit dem Schiff "Bonn" am Nato-Einsatz in der Ägäis. © Carmen Jaspersen/dpa
Von Rolf Clement |
Die personelle Aufstellung der Bundeswehr soll künftig flexibel gesetzt werden. Das eröffne die Chance, die Auslastung der Soldaten in der Bundeswehr fairer zu gestalten, kommentiert Rolf Clement.
Immer wieder haben Generalinspekteure der Bundeswehr damit gehadert, dass die Bundeswehr personell sehr starr aufgestellt war. Eine Gesamtobergrenze galt – und dieser Rahmen wurde dann auf die Truppengattungen heruntergebrochen. Veränderungen waren immer recht schwierig durchzusetzen. Das hat die Armee bei Auslandseinsätzen immer mehr gespürt. Truppengattungen, die bei den aktuell laufenden Einsätzen besonders stark gebraucht wurden, waren überlastet, andere zu wenig ausgelastet.
Hier mehr Flexibilität einzuführen, scheiterte immer wieder am politischen Willen: Die klar festgelegten Obergrenzen wie die – nennen wir es so – Binnengrenzen innerhalb der Bundeswehr waren politisch abgesichert. Daran zu rütteln stellte nach dem Empfinden vieler die Systemfrage.

Keine Obergrenze mehr

Von daher ist der neue Ansatz, den Verteidigungsministerin von der Leyen heute präsentierte, das eigentlich Wichtige, nicht so sehr die neuen Zahlen. Dass sie nun jährlich festlegen will, wie Schwerpunkte bei der personellen Aufstellung der Bundeswehr gesetzt werden, gibt die Chance, die Auslastung der Soldaten in der Bundeswehr fairer zu gestalten. Dass sie auch die Obergrenze einsammelt, ist bemerkenswert: Damit kann die Bundeswehr – bei entsprechender Zustimmung des Finanzministers und des Parlaments auch insgesamt größer werden – oder eben kleiner, wenn es die Lage zulässt.
Hier liegt ein Risiko, das jetzt größer ist als bisher: Man muss sehr genau darauf achten, dass die Lage, die für die Bundeswehrgröße zu Grunde gelegt wird, in erster Linie die sicherheitspolitische Lage ist. In der Vergangenheit haben wir es oft erlebt, dass Bundeswehrplanungen nach Haushaltslage erarbeitet wurden. Gegenwärtig ist das Risiko recht gering: Die Haushaltslage ist gut, die sicherheitspolitische ist eher schwierig, da kann der Bundeswehr eher das gegeben werden, was sie zur Auftragserfüllung braucht.

Konkurrenz um junge Leute

Helmut Kohl wird der Satz zugeschrieben, die Bundeswehr braucht, was sie bekommt. Wenn das wieder gelten sollte, sind Veränderungen in diesem Sinne, also nach unten, ebenso leichter möglich wie zur Zeit nach oben. Hier sollte man nach den Sicherungen schauen, die in diesem Konzept enthalten sein müssen.
Es ist vorausschauend, dass die Bundeswehr dieses Umsteuern jetzt angeht. Noch sind junge Leute zu bekommen, noch ist der Markt nicht ganz leergefegt. Zwar gibt es auch jetzt an einigen Stellen schon Lücken, Stellen also, die nicht besetzt werden können. Vor allem bei der Marine und in Hochtechnologiebereichen ist die Personallage knapp. In einigen Jahren aber, wenn die noch geburtenschwächeren Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt kommen, wird es noch schwieriger, junge Menschen zu gewinnen. Denn dann ist die Konkurrenz groß – zum Beispiel durch die Polizei.
Es wäre also klug, wenn die Ministerin das neue Instrument nun nutzen würde, um auch einige Leute auf Vorrat einzustellen, also ein wenig mehr als der aktuelle Bedarf. Ob dafür die Mittel bereitgestellt werden?
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