Verteilung von Flüchtlingen

"Wir ringen noch um eine Lösung"

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Die EU-Innenminister beraten über die Verteilung von Flüchtlingen aus Griechenland und Italien. © dpa / Basil Wegener
Von Annette Riedel |
Um Italien und Griechenland zu entlasten, sollen rund 40.000 Flüchtlinge auf alle EU-Staaten verteilt werden. So der Plan der EU-Kommission. Weil sich aber die Länder nicht einigen können, kommt es jetzt zu einem Sondertreffen der Minister.
Eigentlich wollten sich die EU-Innenminister erst im Oktober wieder treffen. Da es aber noch nicht gelungen ist, jene 40.000 Schutzbedürftigen, die in einer Notfallaktion den überforderten Ländern Griechenland und Italien in den kommenden zwei Jahren abgenommen werden sollen, auf die übrigen EU-Länder zu verteilen, gibt es heute dieses Sondertreffen der Minister.
"Wir ringen noch um eine Lösung", hatte Bundesinnenminister De Maizière vor zehn Tagen nach dem letzten Treffen mit seinen EU-Kollegen und Kolleginnen gesagt. Er selbst wird heute urlaubsbedingt nicht in Brüssel sein, schickt seine Staatssekretärin.
Die Staats- und Regierungschefs hatten sich bei ihrem Juni-Gipfel dafür ausgesprochen, dass die besagten 40.000 und noch einmal 20.000 schutzbedürftige Flüchtlinge von außerhalb Europas auf die gesamte EU verteilt werden. Einen verbindlichen Verteilungsschlüssel nach bestimmten Kriterien – Bevölkerungsgröße, Wirtschaftskraft, Arbeitslosigkeit und schon im Land befindliche Flüchtlinge, eine "Quote" also, hatten die meisten EU-Länder abgelehnt.

Freiwillige Bereitschaft zur Aufnahme ist nicht sehr groß

"Deutschland ist bereit, einen großen Anteil zu übernehmen. Allerdings ist das geknüpft dran, dass auch andere Staaten das tun."
Und dazu sind eben bis dato noch nicht alle Länder bereit. Deutschland würde 12.100 der insgesamt 60.000, die es zu verteilen gilt, aufnehmen. Das entspräche in etwa der Verteilungsquote der EU-Kommission, wenn es sie denn gäbe.
Die freiwillige Bereitschaft, in solidarischer Verantwortung Griechenland und Italien Flüchtlinge abzunehmen, war bis heute noch nicht ausreichend groß genug, um insgesamt die versprochenen 40.000 zu erreichen. Wohl fast ein Viertel fehlt noch. Obwohl im Gegenzug die unkontrollierte Weiterwanderung von Flüchtlingen aus den Erstaufnahme-Ländern konsequenter verhindert werden soll. Und obwohl die EU-Kommission die Aufnahme von Flüchtlingen finanziell unterstützt – mit nicht unerheblichen 6.000 Euro für jeden, der aufgenommen wird.
Der faire europäische Umgang mit einem europäischen Thema erweist sich als schwieriger, als sensibler als manch einer vielleicht gedacht hätte, muss auch der luxemburgische Außen- und Migrationsminister Asselborn erkennen.
"Le Débat, évidemment, c’est une débat très difficile et très sensible."
Sensibel und schwierig, wie Asselborn sagt, deshalb, weil einzelne Länder politische und gesellschaftliche Opposition in ihren Ländern fürchten, sollten sie mehr Flüchtlinge als bisher aufnehmen. Und das, obwohl es sich hier um eine einmalige Notfallmaßnahme handelt.

Angst vor Aufweichung des Dublin-Systems

Die EU-Kommission hat ihre Pläne für einen permanenten Notfallmechanismus, der automatisch Schutzbedürftige EU-weit verteilen soll, wenn die eigentlich zuständigen Länder mit Außengrenzen über die Maßen belastet sind, noch gar nicht vorgestellt. Einige EU-Regierungen bestehen darauf, dass das Dublin-System nicht aufgeweicht werden darf, nachdem dasjenige EU-Land für Migranten zuständig ist, in dem ein Ankömmling erstmals EU-Territorium betritt. Das sind vor allem jene Länder, die wegen dieses Systems wenig mit Asylbewerbern zu tun haben.
Für Europa-Abgeordnete wie die Grüne Ska Keller ist die mangelnde Bereitschaft Europas und einzelner EU-Länder, Schutzsuchende aufzunehmen ein echtes Armutszeugnis für die Union.
"Wir brauchen mehr Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten aber natürlich auch mit den Flüchtlingen."
Von einer solidarischen gerechten Lastenteilung zwischen den europäischen Ländern beim Umgang mit Menschen, die in unseren Grenzen Schutz suchen, vor allem wenn es wegen der diversen Krisen in der Welt verhältnismäßig viele sind, davon spricht auch der Bundesinnenminister, hat in dem Zusammenhang aber nicht zuletzt eine Entlastung Deutschlands im Sinn.
"Das Thema Flüchtlinge ist für Europa eine historische Herausforderung. Hier brauchen wir mehr und nicht weniger Europa."
Während über die 40.000 aus Italien und Griechenland zu Verteilenden in der EU noch gerungen wird, ist die Aufnahme der 20.000 Schutzbedürftigen unter den zurzeit millionenfach in Syriens Nachbarländern in Flüchtlingslagern außerhalb der EU Ausharrenden bereits gesichert.
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