Gemüseproduktion am Fließband
Hoch – und runter. Fließbänder rotieren in mehreren Etagen durch einen Raum. Kräuter, Erbsen und Bohnen wachsen darauf. Licht und Luft werden mit einer Steuerungssoftware zugeführt. Ist das die Landwirtschaft der Zukunft für die Mega-Cities?
Es ist Mittwoch, zehn Uhr am Vormittag – ich gehe durchs Erdgeschoss des University Technical College von Wigan. Neben mir eine Art Rezeption, von der aus eine College-Angestellte jeden Hereinkommenden begrüßt – vor mir eine Sitzgruppe, in der Studenten ihre Köpfe zusammenstecken. Aus der Küche von Steve Muffets, ganz hinten rechts, zieht der Geruch von Tomatensoße in den Flur.
"Wir machen heute Minestrone. Also – zuerst Möhren putzen, Zwiebeln schälen."
Sarah Movena und Michael Porter – beide seit einem Jahr hier am College – sind schon bei der Arbeit. Unterrichtsziel: Kochen lernen. Und vor allem: Rezepte entwickeln.
"Wir nehmen auch ein paar Kräuter von oben."
Mit dem Küchenmesser deutet Muffets an die Zimmerdecke. Genau über ihnen, im zweiten Stock des frischsanierten Gründerzeitgebäudes, bauen die College-Studenten seit rund einem Jahr ihr eigenes Gemüse an. In der "vertical farm" - ein nur 16 Quadratmeter großer Raum mit einer großen Fensterfront, vor der zwei über mehrere Etagen reichende Förderbänder stehen. An ihnen sind breite, übereinander angeordnete Pflanzschalen aus Metall befestigt.
"Wir haben hier zwei vertikale Fließbänder. Sie rotieren und brauchen für eine Runde circa eine halbe Stunde. Die Pflanzen fahren hoch zur nächsten Etage und wieder runter. Wir wollen das Sonnenlicht so gut wie möglich ausnutzen, um Energie zu sparen. Wenn die Sonneneinstrahlung nicht ausreicht, nutzen wir künstliches Licht – nachts zum Beispiel oder wenn es trübe ist. Auf diese Weise können wir in diesem Raum im Jahr das Gleiche produzieren wie auf etwa 130 Quadratmeter Ackerfläche draußen."
"Wir machen heute Minestrone. Also – zuerst Möhren putzen, Zwiebeln schälen."
Sarah Movena und Michael Porter – beide seit einem Jahr hier am College – sind schon bei der Arbeit. Unterrichtsziel: Kochen lernen. Und vor allem: Rezepte entwickeln.
"Wir nehmen auch ein paar Kräuter von oben."
Mit dem Küchenmesser deutet Muffets an die Zimmerdecke. Genau über ihnen, im zweiten Stock des frischsanierten Gründerzeitgebäudes, bauen die College-Studenten seit rund einem Jahr ihr eigenes Gemüse an. In der "vertical farm" - ein nur 16 Quadratmeter großer Raum mit einer großen Fensterfront, vor der zwei über mehrere Etagen reichende Förderbänder stehen. An ihnen sind breite, übereinander angeordnete Pflanzschalen aus Metall befestigt.
"Wir haben hier zwei vertikale Fließbänder. Sie rotieren und brauchen für eine Runde circa eine halbe Stunde. Die Pflanzen fahren hoch zur nächsten Etage und wieder runter. Wir wollen das Sonnenlicht so gut wie möglich ausnutzen, um Energie zu sparen. Wenn die Sonneneinstrahlung nicht ausreicht, nutzen wir künstliches Licht – nachts zum Beispiel oder wenn es trübe ist. Auf diese Weise können wir in diesem Raum im Jahr das Gleiche produzieren wie auf etwa 130 Quadratmeter Ackerfläche draußen."
Und zwar pestizid- und gentechnikfrei, sagt Robert Houghton. Der Masterstudent für kommerzielle Pflanzenproduktion betreut die Anlage seit einem Jahr.
"Im Moment haben wir Pak Choi, Koriander, Basilikum, alle Kräuter. Außerdem Rotkohl, Chilis, Paprika, Lauch und Sellerie."
"Im Moment haben wir Pak Choi, Koriander, Basilikum, alle Kräuter. Außerdem Rotkohl, Chilis, Paprika, Lauch und Sellerie."
Gemüseanbau wird "sauber" und "wissenschaftlich"
Bevor ich mich den Fließbändern nähern darf, muss ich in einem Vorraum einen Laborkittel überziehen, einen weißen Hut aufsetzen und mir die Hände waschen.
"Alles hier ist so sauber – kein Krümel Erde, wie in einem Labor!"
"Es ist eine Art Reinraum, ja. Gemüseanbau wird immer weniger ein Beruf, bei dem man sich die Hände schmutzig macht. Es wird immer sauberer, immer wissenschaftlicher."
Robert Houghton ist schon seit zwei Stunden hier. Er hat nach den Pflanzen geschaut, die Anlagen geprüft und Samen in Schwämme aus Torf und Borke gesteckt. In einem Extra-Raum, erklärt mir der stille, junge Mann, werden sie zu neuen Setzlingen gezogen – und später, in den Pflanzschalen, in ein Hydrokultur-Granulat gepflanzt. Dem werden alle nötigen Nährstoffe zugeführt. Erde braucht man hier nicht mehr, Wetter, Tages- und Jahreszeiten spielen keine Rolle.
"Alles hier ist so sauber – kein Krümel Erde, wie in einem Labor!"
"Es ist eine Art Reinraum, ja. Gemüseanbau wird immer weniger ein Beruf, bei dem man sich die Hände schmutzig macht. Es wird immer sauberer, immer wissenschaftlicher."
Robert Houghton ist schon seit zwei Stunden hier. Er hat nach den Pflanzen geschaut, die Anlagen geprüft und Samen in Schwämme aus Torf und Borke gesteckt. In einem Extra-Raum, erklärt mir der stille, junge Mann, werden sie zu neuen Setzlingen gezogen – und später, in den Pflanzschalen, in ein Hydrokultur-Granulat gepflanzt. Dem werden alle nötigen Nährstoffe zugeführt. Erde braucht man hier nicht mehr, Wetter, Tages- und Jahreszeiten spielen keine Rolle.
"Jeden Tag säen wir aus, jeden Tag pflanzen wir um, jeden Tag ernten wir. Zwölf Monate im Jahr. Es ist eine Fließbandproduktion, man tut auf der einen Seite Samen rein und hinten kommen Pflanzen raus."
35 bis 40 Tage dauert so ein Zyklus, besonders gut wachsen Blattgemüse und Kräuter, Erbsen und Bohnen.
"Was genau ist der Unterschied zu einem gewöhnlichen Gewächshaus?"
"Eine Vertical Farm funktioniert schon ähnlich. Nur: WIR orientieren uns nach oben. Das ist wirklich urbane Landwirtschaft, die in großen Städten möglich ist. Treibhäuser brauchen viel Platz, sie funktionieren besser auf dem Land. Inmitten von Hochhäusern wäre es in normalen Treibhäusern viel zu schattig für Pflanzen."
Populär ist Vertical Farming deshalb vor allem in den Mega-Cities Asiens, sagt Houghton. Und in Japan, wo nach der Fukushima-Katastrophe viele landwirtschaftliche Nutzflächen unbenutzbar geworden sind.
35 bis 40 Tage dauert so ein Zyklus, besonders gut wachsen Blattgemüse und Kräuter, Erbsen und Bohnen.
"Was genau ist der Unterschied zu einem gewöhnlichen Gewächshaus?"
"Eine Vertical Farm funktioniert schon ähnlich. Nur: WIR orientieren uns nach oben. Das ist wirklich urbane Landwirtschaft, die in großen Städten möglich ist. Treibhäuser brauchen viel Platz, sie funktionieren besser auf dem Land. Inmitten von Hochhäusern wäre es in normalen Treibhäusern viel zu schattig für Pflanzen."
Populär ist Vertical Farming deshalb vor allem in den Mega-Cities Asiens, sagt Houghton. Und in Japan, wo nach der Fukushima-Katastrophe viele landwirtschaftliche Nutzflächen unbenutzbar geworden sind.
Sensoren messen Klima und Licht, Software steuert die Zucht
Inzwischen ist es Mittag, Steve Muffet wartet auf sein Basilikum. Studenten aus dem Abschlussjahrgang sind in die Farm gekommen, um bei der Ernte zu helfen.
"Weißt Du, wie Du’s schneiden must?" / "Nein."
Während die Studenten Basilikum schneiden, sitzt Robert Houghton in seinem Büro am PC, öffnet die Steuerungssoftware der Vertical Farm. Die Anlage ist ein selbstregulierendes System, erklärt er: Sensoren messen Raumtemperatur, Feuchtigkeit und Kohlendioxidgehalt der Luft, Lichtintensität. Erreicht ein Wert eine kritische Größe, werden Fenster automatisch geöffnet oder geschlossen oder künstliches Licht zugeschaltet. Auch die Düngerzufuhr wird per Computer reguliert, die Bewässerungsmengen und -intervalle. Rückstände und Abwasser gibt es so gut wie keine.
"Morgens pumpen wir Wasser in Gießbehälter und lassen es verteilt über sechs Stunden in die Pflanzschalen fließen. Die Pflanzen ziehen sich heraus, was sie brauchen – das Abwasser führen wir wieder in den Kreislauf zurück. Wir verbrauchen rund 90 Prozent weniger Wasser als in der traditionellen Landwirtschaft."
Bernards Edmunds betritt den Raum – ein älterer, stattlicher Geschäftsmann, der sich am College um Finanzen und Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Rund eine Viertelmillion Euro hat das Technical College in die Farm investiert, höre ich. Es wäre schön, wenn ein Teil des Geldes zurückfließen würde – etwa über Sponsorverträge mit Supermarktketten wie Tesco, Waitrose oder Morrissons.
"Wir hatten schon ein paar Vertreter hier, sie sagten: Superidee – aber wir kommen nächstes Jahr wieder, wenn ihr mehr über Kosten und Erträge sagen könnt. Deshalb brauchen wir viel mehr Daten dazu. Wenn wir nachweisen können, dass die Farmen wirtschaftlich arbeiten können, dann kann man sich vorstellen, dass in zehn bis 20 Jahren Mini-Farmen auf den Dächern von Supermärkten Gemüse direkt vom Dach ins Regal liefern. Keine langen Lieferwege mehr, super für die Klimabilanz. Und: Frischer geht’s doch nicht!"
In der Küche entwickeln die Studenten außerdem Rezepte – für Suppen mit Gemüse und Kräutern aus der Vertical Farm. Schon ab September, hofft Sarah Movena, können sie in größeren Mengen im College produziert und dann verkauft werden.
"Glaubst Du, Vertical-Farm-Fertigsuppen haben eine Chance auf dem Markt?"
"Ja – wir hatten gerade letzte Woche so einen kleinen Unternehmer-Wettbewerb hier. Mein Team hat eine Tomaten-Basilikum-Suppe gekocht. Mit dem Basilikum von oben. Und – das Basilikum hatte so ein besonderes Aroma! Es hat der Suppe einen ganz einzigartigen Geschmack gegeben. Wir haben schließlich den Preis für das am besten schmeckende Produkt gewonnen. Das ist einfach eine tolle Sache!"
Inzwischen ist es Mittag, Steve Muffet wartet auf sein Basilikum. Studenten aus dem Abschlussjahrgang sind in die Farm gekommen, um bei der Ernte zu helfen.
"Weißt Du, wie Du’s schneiden must?" / "Nein."
Während die Studenten Basilikum schneiden, sitzt Robert Houghton in seinem Büro am PC, öffnet die Steuerungssoftware der Vertical Farm. Die Anlage ist ein selbstregulierendes System, erklärt er: Sensoren messen Raumtemperatur, Feuchtigkeit und Kohlendioxidgehalt der Luft, Lichtintensität. Erreicht ein Wert eine kritische Größe, werden Fenster automatisch geöffnet oder geschlossen oder künstliches Licht zugeschaltet. Auch die Düngerzufuhr wird per Computer reguliert, die Bewässerungsmengen und -intervalle. Rückstände und Abwasser gibt es so gut wie keine.
"Morgens pumpen wir Wasser in Gießbehälter und lassen es verteilt über sechs Stunden in die Pflanzschalen fließen. Die Pflanzen ziehen sich heraus, was sie brauchen – das Abwasser führen wir wieder in den Kreislauf zurück. Wir verbrauchen rund 90 Prozent weniger Wasser als in der traditionellen Landwirtschaft."
Bernards Edmunds betritt den Raum – ein älterer, stattlicher Geschäftsmann, der sich am College um Finanzen und Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Rund eine Viertelmillion Euro hat das Technical College in die Farm investiert, höre ich. Es wäre schön, wenn ein Teil des Geldes zurückfließen würde – etwa über Sponsorverträge mit Supermarktketten wie Tesco, Waitrose oder Morrissons.
"Wir hatten schon ein paar Vertreter hier, sie sagten: Superidee – aber wir kommen nächstes Jahr wieder, wenn ihr mehr über Kosten und Erträge sagen könnt. Deshalb brauchen wir viel mehr Daten dazu. Wenn wir nachweisen können, dass die Farmen wirtschaftlich arbeiten können, dann kann man sich vorstellen, dass in zehn bis 20 Jahren Mini-Farmen auf den Dächern von Supermärkten Gemüse direkt vom Dach ins Regal liefern. Keine langen Lieferwege mehr, super für die Klimabilanz. Und: Frischer geht’s doch nicht!"
In der Küche entwickeln die Studenten außerdem Rezepte – für Suppen mit Gemüse und Kräutern aus der Vertical Farm. Schon ab September, hofft Sarah Movena, können sie in größeren Mengen im College produziert und dann verkauft werden.
"Glaubst Du, Vertical-Farm-Fertigsuppen haben eine Chance auf dem Markt?"
"Ja – wir hatten gerade letzte Woche so einen kleinen Unternehmer-Wettbewerb hier. Mein Team hat eine Tomaten-Basilikum-Suppe gekocht. Mit dem Basilikum von oben. Und – das Basilikum hatte so ein besonderes Aroma! Es hat der Suppe einen ganz einzigartigen Geschmack gegeben. Wir haben schließlich den Preis für das am besten schmeckende Produkt gewonnen. Das ist einfach eine tolle Sache!"