"Vertrauen der Bevölkerung wiedergewinnen"
Der Polizeichef von Rio de Janeiro, Robson Rodrigues da Silva, und der brasilianische Soziologe Ignacio Cano arbeiten daran, dass Rio de Janeiro sicherer wird. Nicht nur für die Fußball-WM und die Olympischen Spiele, sondern als langfristiges Projekt für die Zukunft.
Stephan Karkowsky: Ob die Friedenspolizei wirklich das Gewaltproblem in Rio lösen kann, darüber sprechen wir nun mit zwei Experten, die auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung derzeit in Deutschland sind, nämlich zum einen Ignacio Cano. Der Soziologe gilt als einer der renommiertesten Gewalt- und Kriminalitätsforscher Brasiliens. Herr Cano, guten Tag!
Ignacio Cano: Guten Tag!
Karkowsky: Und mit Coronel Robson Rodrigues da Silva, Polizeichef von Rio de Janeiro und Koordinator der neuen Friedenspolizei, auch Ihnen guten Tag!
Robson Rodrigues da Silva: Guten Tag.
Karkowsky: Herr da Silva, seit 2009 gibt es nun diese Friedenspolizei UPP. Gibt es denn schon erste Erfolge?
Rodrigues da Silva: Wir können sagen, dass die Zahlen selbst darauf hinweisen, dass die tödliche Gewalt und die Anzahl der Tötungsdelikte, der Morde sehr stark zurückgegangen ist. Wir hatten zum Beispiel noch im Jahre 2003 53 Morde pro 100.000 Einwohner gezählt, diese Zahl ist im Jahre 2009 – auch durch das Eingreifen der Friedenspolizei – auf ein historisches Tief von 29 pro 100.000 Einwohner gesunken, und die Zahlen weisen darauf hin, dass die Kurve immer weiter nach unten zeigt.
Es gibt also praktisch in den Gebieten, in denen die UPP eingegriffen hat, kaum noch Raubfälle oder Mordfälle, Mord ist fast auf null zurückgegangen. Es gibt andere Arten von Gewalt, die jetzt eher sichtbar werden, aber man kann insgesamt sagen, dass die Polizei immer mehr Vertrauen gewinnt.
Und dass es ein solches Vertrauen gibt, dafür ist auch ein Indiz, dass zum Beispiel der Markt reagiert, dass es mehr Investitionen in solchen Gebieten gibt. Aber wie gesagt, die Zahlen, die zeigen, dass die Gewalt sehr stark zurückgegangen ist, die sind sehr positiv, und die Kurve zeigt immer weiter nach unten. Das ist eigentlich das Interessante an der Sache.
Karkowsky: Was macht die neue Friedenspolizei den eigentlich anders als die alte?
Rodrigues da Silva: Das scheint hier etwas merkwürdig zu klingen für Menschen in Deutschland, dass wir als Polizei eine Aufgabe übernehmen in Brasilien, in Rio de Janeiro, wo es dagegen geht, dass bestimmte bewaffnete Gruppen Territorien besetzt haben. Und wir als die sogenannte Befriedungs- oder Friedenspolizei setzen uns dafür ein, dass es mehr öffentliche Sicherheit gibt, dass es in den einzelnen Vierteln auch würdevoller zugeht, und dass die Realität in Rio de Janeiro sich verändert.
Diese UPP soll vor allen Dingen ... diese Friedenspolizei soll vor allen Dingen eine Präventionspolizei sein in solchen Gebieten, die sich in einem sehr schlechten Zustand befinden und die praktisch vom Staat verlassen worden sind und auch schon historisch immer in Vergessenheit geraten sind.
Karkowsky: Nun haben die Einwohner der Favelas die Polizei häufig als Feinde erlebt, also genau so kriminell und korrupt wie die Drogenbanden, die sie eigentlich bekämpfen sollten. Wie wollen Sie das verlorene Vertrauen zurückgewinnen?
Rodrigues da Silva: Unser erstes Ziel besteht eben gerade darin, dass wir das Vertrauen der Bevölkerung wiedergewinnen wollen. Die Bevölkerung ist sehr stark traumatisiert, durch die ewigen Konflikte, die es mit der Polizei gegeben hat, wo auch Polizisten das Territorium eingenommen haben, wo es ein katastrophales Verhalten gegeben hat. Es gab Verwundete, es gab Tote, und es fehlte an der Legitimität des staatlichen Eingreifens.
Und gerade das wollen wir ändern. Und wir wollen uns der Bevölkerung annähern, wir wollen, dass das Verhalten der Polizei sich ändert und damit es möglich sein wird, das Vertrauen der Bevölkerung wiederzugewinnen. Das ist ein historischer Transformationsprozess vonseiten der Militärpolizei, die es ja schon eigentlich seit 201 Jahren gibt, und die erst jetzt ihre wirkliche Legitimität versucht zu erreichen.
Karkowsky: Aber schaffen Sie das mit dem selben Personal, das die Bewohner in den Favelas ja noch aus der anderen Rolle kennen?
Rodrigues da Silva: Nein. Es handelt sich um neue Polizisten, die erst vor Kurzem rekrutiert worden sind, und sie erhalten auch eine Ausbildung, in der eingegangen wird auf die neue Realität. Das ist erst ein Anfang, dieser Prozess hat erst vor Kurzem begonnen. Früher ist sehr viel investiert worden in die repressiven Maßnahmen der Polizei, also in Technik, in Waffen, und nun geht es uns viel mehr um den humanen Faktor.
Dass die Polizisten sich auch auseinandersetzen mit dieser neuen Realität, dass sie verstehen, was braucht die Bevölkerung in diesen Armutsgebieten, und gemeinsam mit der Bevölkerung will man vorankommen, indem man auch sich von der Bevölkerung leiten lässt, sie fragt, was braucht ihr, was muss am meisten entwickelt werden, und daraus hoffen wir, dass eine Legitimität und ein Vertrauen erwächst, was eben gerade das Ziel unserer neuen Friedenspolizei ist.
Karkowsky: Jetzt also auch in Brasilien die Polizei als Freund und Helfer. Ignacio Cano, Sie kennen die Arbeitsteilung zwischen Polizei und kriminellen Banden wie kaum ein Zweiter. Glauben Sie, dass die Friedenspolizei wirklich das Problem lösen kann, oder verlagert sie es nur in andere Viertel, die noch nicht von den Ordnungshütern besetzt worden sind – und das sind zur Zeit ja noch die allermeisten?
Cano: Zunächst einmal geht es ja um eine lokale Intervention, die von der UPP, von dieser Friedenspolizei durchgeführt wird, und das führt auch zu einer gewissen Verlagerung der Kriminellen in andere Orte, in andere Favelas. Aber nicht alle gehen weg; Forschungsergebnisse zeigen, dass einige der vorher kriminell Tätigen in der Favela geblieben sind. Es gibt auch weiterhin Drogenhandel, allerdings wird der nicht mehr mit Waffen ausgeübt und ist nicht mehr so stark von Gewalt geprägt.
Das ist eine Erfahrung, die man überall in der Welt hat, es gibt überall Drogenhandel, aber hier in diesem Falle – durch den Eingriff der Friedenspolizei – geschieht dieser Drogenhandel nicht mehr mit so viel Gewalt.
Zum anderen ist es auch so, dass Jugendliche zum Teil wieder eingegliedert worden sind, und ich muss insgesamt sagen, dass diese UPP, diese Friedenseinheiten – es sind 17 Einheiten, die im Moment in 63 Favelas tätig sind, von insgesamt 1.000 dieser Kommunen. Es ist im Moment noch eine lokale Aktion, aber wir hoffen, dass sich das auch systematisch ausdehnen kann, dass sich auch die Kultur, das Verhalten der Polizei insgesamt verändert, dass es nicht mehr die repressive Polizei ist, sondern dass sie mehr übergeht in eine präventive Polizei.
Karkowsky: Die Gewalt einzudämmen, ist also das Ziel Nummer eins dieser Aktion, nicht den Drogenhandel zu stoppen, oder?
Cano: Ja, der Minister selbst hat gesagt, dass das Ziel eben gerade darin besteht, dass man damit Schluss machen will, dass bestimmte Gruppierungen die totale Kontrolle über Territorien haben. Und das ist praktisch eine riesengroße Umwälzung. Wenn man vorher gesagt hat, es gibt einen Krieg gegen den Drogenhandel, so ist das jetzt eine andere Ausrichtung.
Karkowsky: Der Drogenhandel in den Favelas läuft also weiter, aber was kann man denn den Slumbewohnern als Alternative anbieten – auch als soziale Alternative, damit sich ihr Leben einmal verändert?
Cano: Es gibt schon seit Langem Sozialprogramme, mit denen man versucht, Jugendliche für sich zu gewinnen. Da gibt es auch ein Projekt, das nennt sich "UPP Sozial", und man versucht damit, der Bevölkerung auch Alternativen anzubieten. Aber man muss auch sagen, dass ohne das Eingreifen der Polizei solche Alternativen oder solche Sozialprogramme nicht hätten durchgesetzt werden können, weil ja in diesen Territorien bewaffnete Banden bis dahin alles beherrscht haben.
Karkowsky: Haben Sie denn die Hoffnung, dass diese Friedenspolizei vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte Rio de Janeiros eine nachhaltigere Wirkung haben kann, dass also nicht immer nur die Sicherheit temporär für ein Großereignis hergestellt wird, und danach die kriminellen Banden ihr Terrain zurückerobern?
Cano: Ich denke, dass insgesamt es überhaupt kein Problem geben wird, während der Olympischen Spiele oder während der Weltmeisterschaft. Es ist sehr wahrscheinlich, dass da alles ganz sicher ablaufen wird. Unser Ziel besteht darin, die Stadt lebenswerter, die Stadt sicherer zu machen. Uns geht es wirklich vor allen Dingen darum, dass die Kriminalität, dass die Gewalt sich verringert, und dass die ärmere Bevölkerung nicht weiter unter dieser hohen Gewalt zu leiden hat.
Also, das ist mehr der Ansatz für die Zukunft, und es geht darum, dass es nicht nur während der Olympischen Spiele und während der Weltmeisterschaft sicher zugeht, sondern dass das auch eine zukünftige Realität sein soll.
Karkowsky: Wie Rio de Janeiro sich mithilfe der neuen Friedenspolizei UPP auf die Austragung von Fußball-WM 2014 und Olympischen Sommerspielen 2016 vorbereitet und die Stadt insgesamt sicherer machen möchte, das haben uns zwei erzählt, die beide daran arbeiten. Ich danke dem Polizeichef von Rio de Janeiro, Coronel Robson Rodrigues da Silva und dem brasilianischen Soziologen Ignacio Cano. Danke, dass Sie da waren!
Linktipp:
Nicht schießen will auch gelernt sein - Die neue "Friedenspolizei" in Rio de Janeiro (Thema, DKultur)
Ignacio Cano: Guten Tag!
Karkowsky: Und mit Coronel Robson Rodrigues da Silva, Polizeichef von Rio de Janeiro und Koordinator der neuen Friedenspolizei, auch Ihnen guten Tag!
Robson Rodrigues da Silva: Guten Tag.
Karkowsky: Herr da Silva, seit 2009 gibt es nun diese Friedenspolizei UPP. Gibt es denn schon erste Erfolge?
Rodrigues da Silva: Wir können sagen, dass die Zahlen selbst darauf hinweisen, dass die tödliche Gewalt und die Anzahl der Tötungsdelikte, der Morde sehr stark zurückgegangen ist. Wir hatten zum Beispiel noch im Jahre 2003 53 Morde pro 100.000 Einwohner gezählt, diese Zahl ist im Jahre 2009 – auch durch das Eingreifen der Friedenspolizei – auf ein historisches Tief von 29 pro 100.000 Einwohner gesunken, und die Zahlen weisen darauf hin, dass die Kurve immer weiter nach unten zeigt.
Es gibt also praktisch in den Gebieten, in denen die UPP eingegriffen hat, kaum noch Raubfälle oder Mordfälle, Mord ist fast auf null zurückgegangen. Es gibt andere Arten von Gewalt, die jetzt eher sichtbar werden, aber man kann insgesamt sagen, dass die Polizei immer mehr Vertrauen gewinnt.
Und dass es ein solches Vertrauen gibt, dafür ist auch ein Indiz, dass zum Beispiel der Markt reagiert, dass es mehr Investitionen in solchen Gebieten gibt. Aber wie gesagt, die Zahlen, die zeigen, dass die Gewalt sehr stark zurückgegangen ist, die sind sehr positiv, und die Kurve zeigt immer weiter nach unten. Das ist eigentlich das Interessante an der Sache.
Karkowsky: Was macht die neue Friedenspolizei den eigentlich anders als die alte?
Rodrigues da Silva: Das scheint hier etwas merkwürdig zu klingen für Menschen in Deutschland, dass wir als Polizei eine Aufgabe übernehmen in Brasilien, in Rio de Janeiro, wo es dagegen geht, dass bestimmte bewaffnete Gruppen Territorien besetzt haben. Und wir als die sogenannte Befriedungs- oder Friedenspolizei setzen uns dafür ein, dass es mehr öffentliche Sicherheit gibt, dass es in den einzelnen Vierteln auch würdevoller zugeht, und dass die Realität in Rio de Janeiro sich verändert.
Diese UPP soll vor allen Dingen ... diese Friedenspolizei soll vor allen Dingen eine Präventionspolizei sein in solchen Gebieten, die sich in einem sehr schlechten Zustand befinden und die praktisch vom Staat verlassen worden sind und auch schon historisch immer in Vergessenheit geraten sind.
Karkowsky: Nun haben die Einwohner der Favelas die Polizei häufig als Feinde erlebt, also genau so kriminell und korrupt wie die Drogenbanden, die sie eigentlich bekämpfen sollten. Wie wollen Sie das verlorene Vertrauen zurückgewinnen?
Rodrigues da Silva: Unser erstes Ziel besteht eben gerade darin, dass wir das Vertrauen der Bevölkerung wiedergewinnen wollen. Die Bevölkerung ist sehr stark traumatisiert, durch die ewigen Konflikte, die es mit der Polizei gegeben hat, wo auch Polizisten das Territorium eingenommen haben, wo es ein katastrophales Verhalten gegeben hat. Es gab Verwundete, es gab Tote, und es fehlte an der Legitimität des staatlichen Eingreifens.
Und gerade das wollen wir ändern. Und wir wollen uns der Bevölkerung annähern, wir wollen, dass das Verhalten der Polizei sich ändert und damit es möglich sein wird, das Vertrauen der Bevölkerung wiederzugewinnen. Das ist ein historischer Transformationsprozess vonseiten der Militärpolizei, die es ja schon eigentlich seit 201 Jahren gibt, und die erst jetzt ihre wirkliche Legitimität versucht zu erreichen.
Karkowsky: Aber schaffen Sie das mit dem selben Personal, das die Bewohner in den Favelas ja noch aus der anderen Rolle kennen?
Rodrigues da Silva: Nein. Es handelt sich um neue Polizisten, die erst vor Kurzem rekrutiert worden sind, und sie erhalten auch eine Ausbildung, in der eingegangen wird auf die neue Realität. Das ist erst ein Anfang, dieser Prozess hat erst vor Kurzem begonnen. Früher ist sehr viel investiert worden in die repressiven Maßnahmen der Polizei, also in Technik, in Waffen, und nun geht es uns viel mehr um den humanen Faktor.
Dass die Polizisten sich auch auseinandersetzen mit dieser neuen Realität, dass sie verstehen, was braucht die Bevölkerung in diesen Armutsgebieten, und gemeinsam mit der Bevölkerung will man vorankommen, indem man auch sich von der Bevölkerung leiten lässt, sie fragt, was braucht ihr, was muss am meisten entwickelt werden, und daraus hoffen wir, dass eine Legitimität und ein Vertrauen erwächst, was eben gerade das Ziel unserer neuen Friedenspolizei ist.
Karkowsky: Jetzt also auch in Brasilien die Polizei als Freund und Helfer. Ignacio Cano, Sie kennen die Arbeitsteilung zwischen Polizei und kriminellen Banden wie kaum ein Zweiter. Glauben Sie, dass die Friedenspolizei wirklich das Problem lösen kann, oder verlagert sie es nur in andere Viertel, die noch nicht von den Ordnungshütern besetzt worden sind – und das sind zur Zeit ja noch die allermeisten?
Cano: Zunächst einmal geht es ja um eine lokale Intervention, die von der UPP, von dieser Friedenspolizei durchgeführt wird, und das führt auch zu einer gewissen Verlagerung der Kriminellen in andere Orte, in andere Favelas. Aber nicht alle gehen weg; Forschungsergebnisse zeigen, dass einige der vorher kriminell Tätigen in der Favela geblieben sind. Es gibt auch weiterhin Drogenhandel, allerdings wird der nicht mehr mit Waffen ausgeübt und ist nicht mehr so stark von Gewalt geprägt.
Das ist eine Erfahrung, die man überall in der Welt hat, es gibt überall Drogenhandel, aber hier in diesem Falle – durch den Eingriff der Friedenspolizei – geschieht dieser Drogenhandel nicht mehr mit so viel Gewalt.
Zum anderen ist es auch so, dass Jugendliche zum Teil wieder eingegliedert worden sind, und ich muss insgesamt sagen, dass diese UPP, diese Friedenseinheiten – es sind 17 Einheiten, die im Moment in 63 Favelas tätig sind, von insgesamt 1.000 dieser Kommunen. Es ist im Moment noch eine lokale Aktion, aber wir hoffen, dass sich das auch systematisch ausdehnen kann, dass sich auch die Kultur, das Verhalten der Polizei insgesamt verändert, dass es nicht mehr die repressive Polizei ist, sondern dass sie mehr übergeht in eine präventive Polizei.
Karkowsky: Die Gewalt einzudämmen, ist also das Ziel Nummer eins dieser Aktion, nicht den Drogenhandel zu stoppen, oder?
Cano: Ja, der Minister selbst hat gesagt, dass das Ziel eben gerade darin besteht, dass man damit Schluss machen will, dass bestimmte Gruppierungen die totale Kontrolle über Territorien haben. Und das ist praktisch eine riesengroße Umwälzung. Wenn man vorher gesagt hat, es gibt einen Krieg gegen den Drogenhandel, so ist das jetzt eine andere Ausrichtung.
Karkowsky: Der Drogenhandel in den Favelas läuft also weiter, aber was kann man denn den Slumbewohnern als Alternative anbieten – auch als soziale Alternative, damit sich ihr Leben einmal verändert?
Cano: Es gibt schon seit Langem Sozialprogramme, mit denen man versucht, Jugendliche für sich zu gewinnen. Da gibt es auch ein Projekt, das nennt sich "UPP Sozial", und man versucht damit, der Bevölkerung auch Alternativen anzubieten. Aber man muss auch sagen, dass ohne das Eingreifen der Polizei solche Alternativen oder solche Sozialprogramme nicht hätten durchgesetzt werden können, weil ja in diesen Territorien bewaffnete Banden bis dahin alles beherrscht haben.
Karkowsky: Haben Sie denn die Hoffnung, dass diese Friedenspolizei vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte Rio de Janeiros eine nachhaltigere Wirkung haben kann, dass also nicht immer nur die Sicherheit temporär für ein Großereignis hergestellt wird, und danach die kriminellen Banden ihr Terrain zurückerobern?
Cano: Ich denke, dass insgesamt es überhaupt kein Problem geben wird, während der Olympischen Spiele oder während der Weltmeisterschaft. Es ist sehr wahrscheinlich, dass da alles ganz sicher ablaufen wird. Unser Ziel besteht darin, die Stadt lebenswerter, die Stadt sicherer zu machen. Uns geht es wirklich vor allen Dingen darum, dass die Kriminalität, dass die Gewalt sich verringert, und dass die ärmere Bevölkerung nicht weiter unter dieser hohen Gewalt zu leiden hat.
Also, das ist mehr der Ansatz für die Zukunft, und es geht darum, dass es nicht nur während der Olympischen Spiele und während der Weltmeisterschaft sicher zugeht, sondern dass das auch eine zukünftige Realität sein soll.
Karkowsky: Wie Rio de Janeiro sich mithilfe der neuen Friedenspolizei UPP auf die Austragung von Fußball-WM 2014 und Olympischen Sommerspielen 2016 vorbereitet und die Stadt insgesamt sicherer machen möchte, das haben uns zwei erzählt, die beide daran arbeiten. Ich danke dem Polizeichef von Rio de Janeiro, Coronel Robson Rodrigues da Silva und dem brasilianischen Soziologen Ignacio Cano. Danke, dass Sie da waren!
Linktipp:
Nicht schießen will auch gelernt sein - Die neue "Friedenspolizei" in Rio de Janeiro (Thema, DKultur)