In der Reihe "Das große Innehalten" kommen eine Woche lang namhafte Experten und Expertinnen zu Wort, die anhand von sieben Lebensbereichen beleuchten, was die Pandemie mit uns gemacht hat. Wer werden wir sein, wenn sie vorbei ist? Es geht um die Themen Freundschaft, Vertrauen, Wohnen, Heimat, Wissenschaft, Zeitempfinden und Mode.
Wir können nicht alles hinterfragen
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In unserer Reihe „Das große Innehalten“ beleuchten wir, wie die Corona-Pandemie unser Leben verändert hat. Im letzten Teil sprechen wir mit der Historikerin Ute Frevert über Vertrauen: Dieses sei "alles andere als voraussetzungslos".
"Vertrauen, Zuversicht und Hoffnung sind emotionale Ressourcen, die wir ganz dringend brauchen, um überhaupt leben zu können", sagt Ute Frevert. Die Historikerin ist Direktorin des Forschungsbereiches "Geschichte der Gefühle" am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Sie sagt, Vertrauen sei absolut lebenswichtig, da wir ohne es – ebenso wie ohne Hoffnung – Zukunft überhaupt nicht denken könnten.
Dabei handelt es sich um ein soziales Gefühl, wie sie sagt, "ein Gefühl, das mich mit anderen Menschen verbindet. Damit ich dieses Gefühl überhaupt entwickeln kann, brauche ich bestimmte Informationen über diese Menschen". Also beispielsweise Vorwissen über die Expertise des Virologen, der die Bundesregierung berät. "Vertrauen ist alles andere als voraussetzungslos", so Frevert.
"Wir wollen eine ehrliche und transparente Politik"
Eine weitere Voraussetzung ist emotionale Transparenz. So habe die Bundeskanzlerin viele Bürgerinnen und Bürger für ihren Kurs gewinnen können, sagt Frevert. Im Vorfeld der beiden Lockdowns habe sie nämlich ihrer Sorge und ihren Ängsten Ausdruck verliehen. "Transparent zu sein in seinen eigenen Gefühlen, auch in seinen eigenen Interessen, ist immer eine Vorbedingung dafür, dass Vertrauen entstehen kann", sagt die Historikerin.
Obwohl ein gesundes Misstrauen wichtig ist, wie Frevert erklärt, kann man nicht alles ständig hinterfragen: "Unsere Gesellschaft funktioniert arbeitsteilig, die Politiker machen ihren Job und wir als Bürger machen jeweils unsere unterschiedlichen Jobs und haben Verantwortung auch delegiert. Wir wollen eine ehrliche, eine offene, eine transparente Politik", sagt Ute Frevert.
(ckr)