"Das ganze Museum ist wie eine Leinwand"
Mit frechem Humor hält der Video- und Konzeptkünstler Christian Jankowski der Kunstszene den Spiegel vor. Dabei will er Grenzen austesten - und erforschen, welchen Stellenwert Kunst in unserer Gesellschaft hat. Warum das auch mal bedeutet, archaisch bewaffnet in einen Supermarkt zu gehen, das erzählte Christian Jankowski im Gespräch mit Susanne Führer.
In einem seiner Videos schießt sich Christian Jankowski wie ein Steinzeitmensch mit Pfeil und Bogen, was er so zum Leben braucht, allerdings beim Discounter. Und die Kassiererin tippt ungerührt den Preis für das Tiefkühl-Hähnchen, in dem noch der Pfeil steckt, in ihre Kasse. Das ist lustig, aber der Humor ist für Christian Jankowski kein Selbstzweck:
"Oft ist an Humor und Pointen ja irgendeine Findung, die auch etwas mit einem Aufbau einer Struktur zu tun hat, dass man irgendwas Überraschendes anders sieht. Und da ist ja genau der Perspektivwechsel drin, den man sich eigentlich von Kunst wünscht: Man sieht eine Sache, denkt, 'alles ist normal', plumps geht’s irgendwie anders und auf einmal gibt es eine Reaktion, es ist anders, man ist überrascht, man lacht – oder man guckt anders auf die Dinge."
Rollentausch im Kunstmuseum
Für seine Arbeit "Dienstbesprechung" hat Jankowski im Stuttgarter Kunstmuseum einen Rollentausch organisiert: Die Museumsdirektorin durfte einen Teppich verlegen, ein Mitarbeiter von der Security wurde zum Kurator und setzte sich dafür ein, die Gemälde eines Mannes vom Reinigungsservice auszustellen. Das Museum und die Menschen, die darin arbeiten, werden so selbst zum Kunstwerk:
"Das ganze Museum ist eigentlich wie eine Leinwand, die wir versuchen neu zu bemalen. Also dieses Format, dass Institutionen selbst ein gestaltbares Format sind, schwingt in so einer Überlegung mit, in so einer Idee für ein Kunstwerk."
Christian Jankowski hat nun selbst die Rolle getauscht: Er ist Kurator der Manifesta – europäische Biennale für zeitgenössische Kunst – die in diesem Jahr in Zürich stattfindet.