Viel gerühmt und viel gescholten
Christa Wolfs Stern ging Ende der 60er-Jahre auf, als der Roman "Nachdenken über Christa T." erschien und von den Lesern in Ost und West verschlungen wurde. Die Bücher, die in den 80er-Jahren folgten, sicherten ihr einen Platz neben Brecht, Benn, Arno Schmidt und Uwe Johnson an der Spitze der deutschen Literatur.
Christa Wolf ist die einzige deutsche Gegenwartsautorin von Weltrang. Sie ist in Ost und West gelesen, gefeiert und mit Ehrungen überhäuft worden. Eine viel gerühmte, aber auch viel gescholtene Schriftstellerin, die immer wieder im Mittelpunkt heftiger politischer Auseinandersetzungen stand.
"Ich habe meine Bücher immer so geschrieben, dass ich davon ausging, dass sie nicht gedruckt werden ... Wahrscheinlich ist das eine oder andere Buch bei mir nicht geschrieben (worden) ... weil ich tatsächlich manchmal in den Auseinandersetzungen so verstrickt war, dass ich länger gebraucht habe, um da wieder herauszukommen."
Die am 18. März 1929 in Landsberg/Warthe geborene Schriftstellerin begann in den 50er-Jahren als Lektorin und Redakteurin der Zeitschrift "Neue Deutsche Literatur". Mit "Nachdenken über Christa T." erlebte sie 1968 ihre Geburt als Erzählerin. Das auf einen subjektiven Ton gestimmte Buch erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die vergeblich einen Platz in der sozialistischen Gesellschaft sucht. Dabei verwandelt sich der Erzählraum in einen Raum des Nachdenkens über das Verhältnis von Individuum und Kollektiv. Kein Wunder, dass das Buch ins Visier der SED-Kulturbürokratie geriet. Verhindern konnte sie den Druck nicht.
"Das ist ja für mich das erste Buch, in dem ich mich wirklich zeige, als Prosa-Autorin ... das heißt, dass ich ... nicht mich einlassen wollte auf objektive Beschreibung von Wirklichkeiten, von historischen Prozessen."
Mit ihrem Widerstand gegen die realistische Enge der DDR-Literatur distanziert sie sich zugleich von ihrem Frühwerk "Moskauer Novelle" von 1961. Erste Debatten löste zwei Jahre später die unter dem Eindruck des Mauerbaus entstandene Geschichte einer Republikflucht aus: "Der geteilte Himmel".
Ihr Werk krönte sie Ende der 70er und in den 80er-Jahren mit "Kindheitsmuster" (1976) und "Kein Ort. Nirgends "(1979). Romane, die sie nach innen führten in die eigene Kindheit im Dritten Reich, und zu ihren geistigen Vorläufern in der Frühromantik.
" ... das war ja Anfang der 80er-Jahre, glaube ich. Da war es natürlich unsere Erfahrung in der DDR ... dass diese Erwartungen, die wir ursprünglich einmal hatten an eine menschliche Gesellschaft, ... dass diese Erwartungen sich nicht erfüllten ... das hing zusammen mit den Erfahrungen der 70er-Jahre, der Ausbürgerung Biermanns."
Die berühmteste ihrer Figuren ist die trojanische Seherin Kassandra, eine Widerstandsfigur gegen die blutige männliche Machtgeschichte, die über die deutschen Sprachgrenzen hinweg zur Ikone der feministischen Bewegung wurde. Zur gleichnamigen Erzählung hielt sie 1982 eine Frankfurter Poetik-Vorlesung.
"Die Vorlesung zur Kassandra, da waren 66 Zeilen zu dem Zeitpunkt nicht druckbar, weil ... ich sagte, wir, müssen damit anfangen, das heißt wir, das sogenannte sozialistische Lager, müssen anfangen mit Abrüstung ... Man hat mich vor die Wahl gestellt, entweder diese Zeilen zu streichen oder aber das Buch, die ganzen Vorlesungen, nicht bringen zu können."
Sie wehrte sich, indem sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit diese Stellen las.
Auf das Erfolgsmodell des aktuell aufgeladenen antiken Stoffes griff die Autorin in dem 1996 erschienen Roman "Medea. Stimmen" zurück. Im Konflikt der verachteten Fremden spiegelte sie ihre Situation als umstrittene Figur des öffentlichen Lebens im vereinigten Deutschland.
Inzwischen war sie in den Brennpunkt eines Literaturstreits geraten, der sich an ihrer 1990 erschienenen Erzählung "Was bleibt" entzündet hatte. Es ging um die Frage, ob die führenden Schriftsteller der DDR eine autoritätsgläubige, das System stabilisierende Stillhalteliteratur geschrieben hätten. Einen trefflichen Kommentar hierzu hatte Christa Wolf Jahre zuvor in einem Redebeitrag auf einem DDR-Schriftstellerkongress abgegeben.
"Ich bin übrigens der Meinung, dass man bei gesellschaftlichen Prozessen, in die sehr viele Menschen einbezogen und verwickelt sind oder waren, mit Schuldzuweisungen an Einzelne wenig Konstruktives erreicht ... ."
Christa Wolf gehört zu der Schriftstellergeneration, die den deutschen Faschismus erlebt hatte und nach dem Krieg ihre Hoffnungen auf den Sozialismus setzte. Das war ein konsequenter Schritt. Belohnt wurde er nicht. Heute weint sie der DDR keine Träne nach.
"Wenn von Nostalgie die Rede ist, also da muss ich schon mal sagen, die Nostalgie, die DDR betreffend, ist mir noch in der DDR ausgetrieben worden und zwar gründlich."
"Ich habe meine Bücher immer so geschrieben, dass ich davon ausging, dass sie nicht gedruckt werden ... Wahrscheinlich ist das eine oder andere Buch bei mir nicht geschrieben (worden) ... weil ich tatsächlich manchmal in den Auseinandersetzungen so verstrickt war, dass ich länger gebraucht habe, um da wieder herauszukommen."
Die am 18. März 1929 in Landsberg/Warthe geborene Schriftstellerin begann in den 50er-Jahren als Lektorin und Redakteurin der Zeitschrift "Neue Deutsche Literatur". Mit "Nachdenken über Christa T." erlebte sie 1968 ihre Geburt als Erzählerin. Das auf einen subjektiven Ton gestimmte Buch erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die vergeblich einen Platz in der sozialistischen Gesellschaft sucht. Dabei verwandelt sich der Erzählraum in einen Raum des Nachdenkens über das Verhältnis von Individuum und Kollektiv. Kein Wunder, dass das Buch ins Visier der SED-Kulturbürokratie geriet. Verhindern konnte sie den Druck nicht.
"Das ist ja für mich das erste Buch, in dem ich mich wirklich zeige, als Prosa-Autorin ... das heißt, dass ich ... nicht mich einlassen wollte auf objektive Beschreibung von Wirklichkeiten, von historischen Prozessen."
Mit ihrem Widerstand gegen die realistische Enge der DDR-Literatur distanziert sie sich zugleich von ihrem Frühwerk "Moskauer Novelle" von 1961. Erste Debatten löste zwei Jahre später die unter dem Eindruck des Mauerbaus entstandene Geschichte einer Republikflucht aus: "Der geteilte Himmel".
Ihr Werk krönte sie Ende der 70er und in den 80er-Jahren mit "Kindheitsmuster" (1976) und "Kein Ort. Nirgends "(1979). Romane, die sie nach innen führten in die eigene Kindheit im Dritten Reich, und zu ihren geistigen Vorläufern in der Frühromantik.
" ... das war ja Anfang der 80er-Jahre, glaube ich. Da war es natürlich unsere Erfahrung in der DDR ... dass diese Erwartungen, die wir ursprünglich einmal hatten an eine menschliche Gesellschaft, ... dass diese Erwartungen sich nicht erfüllten ... das hing zusammen mit den Erfahrungen der 70er-Jahre, der Ausbürgerung Biermanns."
Die berühmteste ihrer Figuren ist die trojanische Seherin Kassandra, eine Widerstandsfigur gegen die blutige männliche Machtgeschichte, die über die deutschen Sprachgrenzen hinweg zur Ikone der feministischen Bewegung wurde. Zur gleichnamigen Erzählung hielt sie 1982 eine Frankfurter Poetik-Vorlesung.
"Die Vorlesung zur Kassandra, da waren 66 Zeilen zu dem Zeitpunkt nicht druckbar, weil ... ich sagte, wir, müssen damit anfangen, das heißt wir, das sogenannte sozialistische Lager, müssen anfangen mit Abrüstung ... Man hat mich vor die Wahl gestellt, entweder diese Zeilen zu streichen oder aber das Buch, die ganzen Vorlesungen, nicht bringen zu können."
Sie wehrte sich, indem sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit diese Stellen las.
Auf das Erfolgsmodell des aktuell aufgeladenen antiken Stoffes griff die Autorin in dem 1996 erschienen Roman "Medea. Stimmen" zurück. Im Konflikt der verachteten Fremden spiegelte sie ihre Situation als umstrittene Figur des öffentlichen Lebens im vereinigten Deutschland.
Inzwischen war sie in den Brennpunkt eines Literaturstreits geraten, der sich an ihrer 1990 erschienenen Erzählung "Was bleibt" entzündet hatte. Es ging um die Frage, ob die führenden Schriftsteller der DDR eine autoritätsgläubige, das System stabilisierende Stillhalteliteratur geschrieben hätten. Einen trefflichen Kommentar hierzu hatte Christa Wolf Jahre zuvor in einem Redebeitrag auf einem DDR-Schriftstellerkongress abgegeben.
"Ich bin übrigens der Meinung, dass man bei gesellschaftlichen Prozessen, in die sehr viele Menschen einbezogen und verwickelt sind oder waren, mit Schuldzuweisungen an Einzelne wenig Konstruktives erreicht ... ."
Christa Wolf gehört zu der Schriftstellergeneration, die den deutschen Faschismus erlebt hatte und nach dem Krieg ihre Hoffnungen auf den Sozialismus setzte. Das war ein konsequenter Schritt. Belohnt wurde er nicht. Heute weint sie der DDR keine Träne nach.
"Wenn von Nostalgie die Rede ist, also da muss ich schon mal sagen, die Nostalgie, die DDR betreffend, ist mir noch in der DDR ausgetrieben worden und zwar gründlich."