Das Sonntagsrätsel - 50 Jahre und kein bisschen älter
Als am 7. März 1965 zum ersten Mal Victor Youngs Titelmusik für den Film "In 80 Tagen um die Welt" erklang und den Beginn des ersten "Klingenden Sonntagsrätsels" ankündigte, hätte keiner auch nur einen Groschen darauf verwettet, dass diese, vom Orchester Mantovani gespielte, Melodie auch noch 50 Jahre später jeden Sonntagmorgen zu hören sein würde.
Die Frage nach dem Komponisten der Erkennungsmelodie und dem zweiten Buchstaben seines Nachnamens wird jetzt nicht gestellt. Wäre ja auch zu einfach. Fragen aber waren und sind es, die den Reiz dieser Kultsendung ausmachen. Hans Rosenthal, Unterhaltungs-Chef des RIAS, der Erfinder des "Klingenden Sonntagsrätsels", war in Sachen Fragen und Rätsel und Spiel ein ganz Großer. 1071 Mal war er am Sonntagmorgen zu hören und stellte mit seinem Team die Fragen, gab die Antworten und überraschte immer wieder mit seiner Musikauswahl. Sicher hätte er noch lange weitergemacht, doch Rosenthals Tod 1987 verhinderte das. Im Februar 1987 wurde Rosenthals langjähriger Mitarbeiter Christian Bienert sein Nachfolger. Er stellte nun in insgesamt 1301 Sonntagen die musikalischen Rätsel.
Was war und ist das Besondere an dieser Sendung, die nun ihr 50. Jubiläum feiert und mittlerweile so etwas wie ein Dinosaurier der deutschen Radiolandschaft ist? Während die Dinos ausgestorben sind, erfreut sich das "Sonntagsrätsel", seit 2014 mit Uwe Wohlmacher als Moderator, aber immer noch größter Beliebtheit. Und das liegt sicher auch an der guten Laune, die dieser Rätselspaß verbreitet.
Und das werden sich auch die Hörer der frühesten Stunde gedacht haben: Ein wenig gute Laune am Sonntagmorgen kann nicht schaden – doch das war nur ein Nebeneffekt. Hans Rosenthal hatte 1965 ganz Anderes im Sinn. In gewisser Weise ist er eben nicht nur der muntere Radiomann. Rosenthal hat weiter gedacht und hat so ganz nebenbei auch die Medienanalyse aus der Taufe gehoben. Das "Klingende Sonntagsrätsel" sollte ihm die Möglichkeit geben, herauszufinden, wie viele Hörer der RIAS, der Feindsender der DDR, jenseits der Mauer eigentlich hat. Eine Deckadresse sollte die DDR-Bürger bei ihren Zuschriften schützen. Doch auch das Ministerium für Staatssicherheit lauschte dem "Klingenden Sonntagsrätsel", kannte die Deckadresse und fing viele Briefe ab. Rosenthals Nachfolger Christian Bienert erinnerte sich, dass ihm die Gauck-Behörde nach der Wiedervereinigung Koffer mit tausenden abgefangenen Briefen überreichte.
Was ursprünglich nur als kleines Intermezzo im RIAS-Programm gedacht war, war bald nicht mehr aus dem Programm wegzudenken. Das "Klingende Sonntagsrätsel" war ein Zugpferd des Senders aus Berlin-Schöneberg. Sogar den Sprung ins Fernsehen schafften die klingenden Rätsel und bescherten dem ZDF 1981 über eine Million Zuschriften. Und heute zum 50. Jubiläum dieser Sendung?
Das "Sonntagsrätsel", wie es heute ohne "klingend" heißt, kann für sich in Anspruch nehmen, die zweitälteste Radiosendung in Deutschland zu sein. Seit 50 Jahren wird sie aus dem Haus am heutigen Hans-Rosenthal-Platz (früher Kufsteiner Str. 62) gesendet. Auf den RIAS Berlin folgte - nach der Wiedervereinigung - der nationale Rundfunk als Rätselpate: Erst beim Deutschlandradio Berlin und heute auf den Frequenzen von Deutschlandradio Kultur. Mögen sich die Stationsnamen auch geändert und die Moderatoren gewechselt haben, geblieben sind die Fragen, die Erkennungsmelodie und der Rätselspaß für die Hörer.