Villa Aurora und ihre Gäste
Der Schriftsteller Lion Feuchtwanger und seine Frau Marta fanden auf ihrer Flucht vor dem Nazi-Regime neue Unterkünfte zunächst in Österreich, der Schweiz und Frankreich. Schließlich ließen sie sich in Kalifornien nieder: in den Pacific Palisades, in der Villa Aurora - ein Exil im Paradies. Die Villa ist heute Kunstdenkmal und Künstlerresidenz.
Im Salon der Villa Aurora neben einem schwarzen Fluegel, umgeben von gefüllten Bücherregalen, liest der Ingeborg Bachmann-Preistraeger Michael Lentz aus seinem Roman "Pazifik Exil". Auf Klappstuehlen und in antiken Sesseln sitzen mehrere Dutzend Zuhörer und beginnen nach der Lesung eine lebhafte Diskussion.
Die Schwiegertochter des Komponisten Arnold Schönberg kritisiert, dass Lentz in dem Roman Dichtung und Wahrheit vermischt, ohne das für die Leser kenntlich zu machen. Barbara Schönberg:
"Naja, manches weiss ich, dass es nicht richtig ist. So denke ich - ich weiss nicht sehr viel von Brecht, aber vielleicht sind da einige Dinge, die nicht stimmen, weil bei Schönberg stimmt vieles nicht."
Die Geschichte der Exilanten, die vor dem Nazi-Regime nach Kalifornien flüchteten, ist in der Villa Aurora allgegenwärtig. Nicht nur durch ihre Nachkommen. Michael Lentz:
"Man begegnet denen ja überall."
Lentz arbeitete im Jahr 2001 drei Monate als Stipendiat in der Villa.
"Zum Beispiel steht hier der Original-Blüthner, der Flügel von Ernst Toch, das ist ein Original. Es stehen diese Büsten von Marta Feuchtwanger, überall sind Fotografien. Oben sind Teile der Originalbibliothek von Marta Feuchtwanger, wo noch private Widmungen drin stehen."
Seine Unterkunft war das ehemalige Schlafzimmer Lion Feuchtwangers:
"Das hat einen sehr schönen dunklen Holzboden, es steht ein Bett darin,eine kleine Kommode. Das war so. Da stand fast nichts drin. Die Fenster sind recht groß. Ich finde, so muss das sein. Mehr darf da nicht drin stehen!"
Lion und Marta Feuchtwanger kauften 1943 die Villa für 9000 Dollar. Sie wurde nach dem Vorbild eines kleinen spanischen Schlosses - verwinkelt mit vielen Balkonen, einer säulen-gestützten Terrasse und einem Springbrunnen - in die abgeschiedenen Hügeln nord-westlich von Los Angeles gebaut.
Sie war verwahrlost: zerbrochene Fenster, Spinnweben, tote Mäuse und Eidechsen. Dazu ein Garten voller Unkraut und wildwuchernder Sträucher. Den Feuchtwangers gefiel die mediterrane Atmosphäre des Ortes, der atemberaubende Blick über den Pazifik, der Duft der Eukalyptusbäume.
Die ersten Nächte schliefen sie in Schlafsäcken im Garten. Wenig später empfingen sie ihre ersten Gäste - zu Musik- und Leseabenden. Villa Aurora-Direktorin Carola Donnerhak:
"Lion hat vor allem aus seinen Büchern vorgelesen. Es gab dann Diskussionen über seine Bücher. Thomas Mann hatte in der Regel das erste Wort und hat angefangen mit 'Well done, Lion'. Und dann war sozusagen die Diskussion eröffnet."
In der Feuchtwanger-Villa traf sich eine meinungsfreudige Gruppe europäischer Exilanten und ihrer US-Freunden. Darunter Thomas und Heinrich Mann, Bertolt Brecht, Franz Werfel und Alma Mahler Werfel, Albert Einstein, Kurt Weill, Charlie Chaplin, Charles Laughton, Arnold Schönberg und Hanns Eisler.
Lion Feuchtwanger hatte mit seinem Werk in der neuen Heimat Erfolg, baute eine neue Bibliothek auf, fühlte sich wohl. Andere litten unter dem paradiesischen Exil. Michael Lentz:
"Dass das hier anscheinend so eine heile Welt war, selbst wie von Hollywood inszeniert. Das war ja immer das, was Brecht gewittert hat. Alles ist von Hollywood inszeniert, alles Film-Kulisse. Das machte diesen wahnsinnigen Kontrast aus."
Einen Traum konnte Feuchtwanger nicht verwirklichen: den Erhalt der amerikanischen Staatsbürgerschaft. Im Zusammenhang mit den Untersuchungen des Ausschusses für unamerikanische Aktivitaeten standen er und die Villa unter Beobachtung des FBI.
Einen Tag nach seinem Tod erhielt Marta Feuchtwanger die Nachricht von seiner politischen Entlastung. Sie sorgte dafür, dass das Erbe ihres Mannes in gute Hände kam. Seine Bibliothek gehört inzwischen der Universität von Süd-Kalifornien, das Haus wurde restauriert und in eine Künstlerresidenz verwandelt.
Deren inhaltlichen Ziele sind eng mit der Geschichte der Villa verbunden. Und mit den Menschen, die darin lebten. Programm-Koordinator Daniel Rothman:
"Ihre Seele leitet uns gewissermassen. Wir wissen, warum sie hierherkamen. Aber vor allem waren sie kreative Künstler, die das taten, woran sie glaubten."
Bis zu 16 Stipendiaten aus Deutschland arbeiten jedes Jahr in der Villa am Pazifik für jeweils drei Monate an Projekten: Autoren, Filmemacher, Bildhauer, Musiker, Fotografen und Maler. Jedes Jahr wird ausserdem ein Künstler eingeladen, der in seinem Land verfolgt wird oder seine Werke nicht veröffentlichen kann.
Der derzeitige Feuchtwanger-Stipendiat, der chinesische Autor Xu Xing kann sich gut in die schwierige Lage der Feuchtwangers und ihrer Gäste hineinversetzen:
"Das Leben für sie war sicher sehr hart, nach dem, was in Deutschland passierte. Auch wenn sie das Haus kaufen konnten. Ich bin sicher, sie hatten - wie man auf deutsch sagt - Heimweh. Ganz sicher. Nach der Kultur, der Sprache."
Die Schwiegertochter des Komponisten Arnold Schönberg kritisiert, dass Lentz in dem Roman Dichtung und Wahrheit vermischt, ohne das für die Leser kenntlich zu machen. Barbara Schönberg:
"Naja, manches weiss ich, dass es nicht richtig ist. So denke ich - ich weiss nicht sehr viel von Brecht, aber vielleicht sind da einige Dinge, die nicht stimmen, weil bei Schönberg stimmt vieles nicht."
Die Geschichte der Exilanten, die vor dem Nazi-Regime nach Kalifornien flüchteten, ist in der Villa Aurora allgegenwärtig. Nicht nur durch ihre Nachkommen. Michael Lentz:
"Man begegnet denen ja überall."
Lentz arbeitete im Jahr 2001 drei Monate als Stipendiat in der Villa.
"Zum Beispiel steht hier der Original-Blüthner, der Flügel von Ernst Toch, das ist ein Original. Es stehen diese Büsten von Marta Feuchtwanger, überall sind Fotografien. Oben sind Teile der Originalbibliothek von Marta Feuchtwanger, wo noch private Widmungen drin stehen."
Seine Unterkunft war das ehemalige Schlafzimmer Lion Feuchtwangers:
"Das hat einen sehr schönen dunklen Holzboden, es steht ein Bett darin,eine kleine Kommode. Das war so. Da stand fast nichts drin. Die Fenster sind recht groß. Ich finde, so muss das sein. Mehr darf da nicht drin stehen!"
Lion und Marta Feuchtwanger kauften 1943 die Villa für 9000 Dollar. Sie wurde nach dem Vorbild eines kleinen spanischen Schlosses - verwinkelt mit vielen Balkonen, einer säulen-gestützten Terrasse und einem Springbrunnen - in die abgeschiedenen Hügeln nord-westlich von Los Angeles gebaut.
Sie war verwahrlost: zerbrochene Fenster, Spinnweben, tote Mäuse und Eidechsen. Dazu ein Garten voller Unkraut und wildwuchernder Sträucher. Den Feuchtwangers gefiel die mediterrane Atmosphäre des Ortes, der atemberaubende Blick über den Pazifik, der Duft der Eukalyptusbäume.
Die ersten Nächte schliefen sie in Schlafsäcken im Garten. Wenig später empfingen sie ihre ersten Gäste - zu Musik- und Leseabenden. Villa Aurora-Direktorin Carola Donnerhak:
"Lion hat vor allem aus seinen Büchern vorgelesen. Es gab dann Diskussionen über seine Bücher. Thomas Mann hatte in der Regel das erste Wort und hat angefangen mit 'Well done, Lion'. Und dann war sozusagen die Diskussion eröffnet."
In der Feuchtwanger-Villa traf sich eine meinungsfreudige Gruppe europäischer Exilanten und ihrer US-Freunden. Darunter Thomas und Heinrich Mann, Bertolt Brecht, Franz Werfel und Alma Mahler Werfel, Albert Einstein, Kurt Weill, Charlie Chaplin, Charles Laughton, Arnold Schönberg und Hanns Eisler.
Lion Feuchtwanger hatte mit seinem Werk in der neuen Heimat Erfolg, baute eine neue Bibliothek auf, fühlte sich wohl. Andere litten unter dem paradiesischen Exil. Michael Lentz:
"Dass das hier anscheinend so eine heile Welt war, selbst wie von Hollywood inszeniert. Das war ja immer das, was Brecht gewittert hat. Alles ist von Hollywood inszeniert, alles Film-Kulisse. Das machte diesen wahnsinnigen Kontrast aus."
Einen Traum konnte Feuchtwanger nicht verwirklichen: den Erhalt der amerikanischen Staatsbürgerschaft. Im Zusammenhang mit den Untersuchungen des Ausschusses für unamerikanische Aktivitaeten standen er und die Villa unter Beobachtung des FBI.
Einen Tag nach seinem Tod erhielt Marta Feuchtwanger die Nachricht von seiner politischen Entlastung. Sie sorgte dafür, dass das Erbe ihres Mannes in gute Hände kam. Seine Bibliothek gehört inzwischen der Universität von Süd-Kalifornien, das Haus wurde restauriert und in eine Künstlerresidenz verwandelt.
Deren inhaltlichen Ziele sind eng mit der Geschichte der Villa verbunden. Und mit den Menschen, die darin lebten. Programm-Koordinator Daniel Rothman:
"Ihre Seele leitet uns gewissermassen. Wir wissen, warum sie hierherkamen. Aber vor allem waren sie kreative Künstler, die das taten, woran sie glaubten."
Bis zu 16 Stipendiaten aus Deutschland arbeiten jedes Jahr in der Villa am Pazifik für jeweils drei Monate an Projekten: Autoren, Filmemacher, Bildhauer, Musiker, Fotografen und Maler. Jedes Jahr wird ausserdem ein Künstler eingeladen, der in seinem Land verfolgt wird oder seine Werke nicht veröffentlichen kann.
Der derzeitige Feuchtwanger-Stipendiat, der chinesische Autor Xu Xing kann sich gut in die schwierige Lage der Feuchtwangers und ihrer Gäste hineinversetzen:
"Das Leben für sie war sicher sehr hart, nach dem, was in Deutschland passierte. Auch wenn sie das Haus kaufen konnten. Ich bin sicher, sie hatten - wie man auf deutsch sagt - Heimweh. Ganz sicher. Nach der Kultur, der Sprache."