Villa Wahnfrieds Glasnachbar

Von Susanne Lettenbauer · 26.07.2013
Nicht nur Frank Castorf sorgt in Bayreuth für Aufsehen, sondern auch ein Museums-Neubau. Das Glasgebäude direkt neben dem Haus Wahnfried, Richard Wagners ehemaligem Wohnhaus, sorgte schon im Vorfeld für massive Kritik. Nach über zehn Jahren Planung wurde nun der Grundstein gelegt.
Grundsteinlegung am Richard Wagner-Museum. Vier Meter tief in der Baugrube sitzen sie bei Sonnenschein und Hornquartett und schwitzen: die Stiftungsvorstände der Wagner-Stiftung, Bundesparlamentarier aus Berlin, Landespolitiker von Opposition und Regierungsparteien, Oberbürgermeisterin von Bayreuth, Bayerns Kunstminister. Am Rande etwas abseits auch Nike Wagner und Familie. Vor einem Jahr kamen sie alle schon einmal ins Schwitzen. Als Mitglieder des Wagner-Clans drohten, die Schenkung der Villa Wahnfried vom Jahr 1973 rückgängig machen zu lassen: Der Grund: grober Undank, unzulässiger Umgang mit dem Erbe.

Wütende Leserbriefe an die Heimatzeitung
Der Auslöser: Der Neubau neben der Villa Wahnfried und ein geplantes Café direkt neben der Gruft von Richard und Cosima Wagner. Wie unsensibel, lautete der Vorwurf. Bayreuther Bürger demonstrierten kurz zuvor gegen die Abholzung alter Baumbestände im Park der Villa. Wütende Leserbriefe erreichten die örtliche Heimatzeitung. Eine Bürgerinitiative kämpfte monatelang gegen das Neubauprojekt.

Mit der heutigen Grundsteinlegung scheint das alles vergessen. Fast, so Museumschef Sven Friedrich:

"Das sind natürlich sehr ambivalente widersprüchliche Gefühle. Auf der einen Seite ist das Erleichterung, dass wir bis dahin gekommen sind. Es gab ja im Vorfeld ganz viele Leute, die gesagt haben: Das wird ja nie was. Und es gab ja viel Kritik und die gibt es nach wie vor."

Andererseits, so Museumschef Friedrich, beginne jetzt erst die richtige Arbeit an der inhaltlichen Konzeptionierung des vom Berliner Architektenbüro Staab entworfenen Glasbaues längs der Grundstückgrenze. Der zweigeschossige Bau, zur Hälfte unterirdisch angelegt, soll neben Museumsshop und Museumscafé die Rezeptionsgeschichte der Werke Wagner untersuchen - in Ergänzung zur geplanten Dauerausstellung in der benachbarten Villa Wahnfried:

"Der Museumsneubau wird zum einen eine Ausstellungs- und Multifunktionshalle sein im Bereich des Erdgeschosses: Da wird auch der ganze Foyerbereich sein, der Besucherservicebereich, aber hauptsächlich diese Fläche für Sonder- und Wechselausstellungen. Aber auch für verschiedene andere Ausstellungsformate, da ist also auch an Symposien, Vorträge, Tagungen und dergleichen zu denken."

1200 zusätzliche Quadratmeter
Rund 1200 Quadratmeter stehen dem Museum mit dem bis 2015 zu errichtenden Neubau künftig zusätzlich zur Verfügung. Mit einer geringen Traufhöhe von rund drei Metern, großen dominierenden bodenlangen Glasflächen und einem begrünten Dach, hofft Friedrich, werde sich der längliche Neubau neben der historischen Villa problemlos in das Parkgelände einfügen und die noch verblieben Kritiker aussöhnen.

Dass der Neubau notwendig geworden war, steht für ihn, wie auch die Mitglieder der Wagner-Stiftung, außer Frage. Martin Eifele, Stiftungsmitglied für den Bund:

"Für die Stiftung ist es natürlich erst mal der Abschluss eines bestimmten Prozesses der Entwicklung und eine Weiterentwicklung der Museumskonzeption. Auch hin zu diesem Punkt, dass wir jetzt einen Grundstein für ein Museum legen können, das zukunftsweisend sein wird, das vergleichbar sein wird mit anderen Musikergedenkstätten in Deutschland. Und wo auch endlich der Raum sein wird, Sonderausstellungen zu zeigen, das war ja ein Problem, dass das Museum zu wenig Platz dafür hatte."

Mit dem Neubau investiere man in Bayern in ein Museumsprojekt von Weltrang, so Kunstminister Wolfgang Heubisch. Im 200. Jubiläumsjahr Richard Wagners werde damit ein Signal für die Zukunft gesetzt. Die gut 11,5 Millionen Euro teure Sanierung und Neugestaltung mache das Wagner-Museum fit für ein modernes Publikum. Wie die Betriebskosten dauerhaft gestemmt werden könnten, sei zwar noch nicht geklärt, aber da sei er zuversichtlich, so der Minister.

Zuversicht beim Wagner-Clan
Wie zuversichtlich der Wagner-Clan dem Neubau entgegensieht, machte eine sichtlich verschlossene Nike Wagner am Rand der Veranstaltung deutlich. Festspielchefin Katharina Wagner zeigte sich dagegen aufgeschlossener:

"Wissen Sie, das Ganze wurde sehr lange und ausführlich, da war unser beider Vater wirklich noch topfit, schon ausführlich im Stiftungsrat diskutiert. Also das ist keine Diskussion, die nur zwei Tage gedauert hat, sondern das ist eine Diskussion, die zieht sich seit Jahren hin hier. Da wurden alle Für und Wider diskutiert. Ich denke, man hat jetzt was geschaffen, was wirklich Hand und Fuß hat und das ist wichtig und richtig."

Skeptisch schauten die Bayreuther Bürger von oben bei dem Festakt unten in der Baugrube zu. Der Ärger über die Umgestaltung des Parks der Villa Wahnfried ist noch nicht abgeebbt. Mit der Grundsteinlegung dürfte die Diskussion abgeschlossen sein. 2015 soll der Glasbau dann eröffnet werden. Wieder zu Festspielbeginn.
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