Viola Wilmsen, Oboe
Norddeutsche Philharmonie Rostock
Leitung: Marcus Bosch
Hohe Kunst für die Oboe
Für Richard Strauss war sein spätes Oboenkonzert eine "Handgelenksübung"; für Oboisten gehört es zum Delikatesten und auch Schwersten, was die Literatur für sie zu bieten hat. Viola Wilmsen gehört zur Oboisten-Elite und präsentiert das Werk in Rostock.
Richard Strauss schaut nach dem Krieg 1945 auf eine gebrochene Karriere: Trotz seiner Nähe zu Hitler hat er Familienmitglieder durch den Rassenwahn verloren. Die Häuser, die vor allem seine Opern gespielt hatten, liegen in Trümmern. Er hingegen zieht sich zurück in die heile Welt seines prächtigen Hauses in Garmisch-Partenkirchen. Als die US-Truppen anrücken und den Ort besetzen, hat er Glück. Die musikalisch gebildeten Vorgesetzten kennen den Namen des Komponisten. Als er sich vorstellt: "I am Richard Strauss and the composer from 'Rosenkavalier'". Der Komponist hat großes Glück, denn sein Name ist dem Trupp bekannt. Sie zollen großen Respekt und verhindern eine Konfiszierung des Hauses.
Angeregte Gespräche geben Anstoß
Unter den Soldaten ist John de Lancie, Solo-Oboist aus Philadelphia. Er verstrickt Richard Strauss in den folgenden Wochen in stundenlange Gespräche, die sie auf Französisch führen. Auf die Frage des GIs, ob er jemals etwas für Oboe komponiert habe, antwortet Strauss knapp und ehrlich: "Nein." Nur wenige Monate später kündigt er in einer Anzeige sein neues Oboenkonzert an.
Strauss schreibt ein Werk voller Anmut einerseitz und voller Witz andererseits. Mal torkeln die Melodieschnörkel wie ein Gaukler über ein Seil, mal vertieft sich die Oboe in hochmelancholische Linien. Strauss hat dabei wenig auf eine leichte Spielbarkeit geachtet. So können sich nur die besten Oboisten diesem Werk stellen. Dazu gehört Viola Wilmsen, die seit 2012 Solo-Oboistin des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin ist. Mit diesem Konzert stellt sie sich das erste Mal bei der Norddeutschen Phihlarmonie Rostock und seinem Publikum vor.
Hayns Unterhaltungsmusik
Marcus Bosch, Conductor in Resicence der Norddeutschen Philharmonie Rostock, eröffnet das Konzert mit der 82. Sinfonie von Joseph Haydn, einer seiner "Pariser Sinfonien".
Die Musikszene von Paris war verrückt nach Haydns Musik. Und die Konzertveranstalter der "Loge Olympique" berappten eine Rekordsumme, um Haydn mit sechs Sinfonien zu beauftragen.
Haydn kommt diesem Auftrag nach und liefert nach einer geraumen Zeit von fast zwei Jahren die gewünschte Serie, darunter die Sinfonie mit dem Titel "Der Bär". Hier wird auf den vierten und letzten Satz angespielt, bei der Haydn eine Tanzbär-Szene imitierte - damals gehörten derlei Vorführungen zum etablierten Amüsement.
Die berühmteste Liebesgeschichte
Zum Schluss des Abends wird Bosch Auszüge aus der Ballettmusik "Romeo und Julia" von Sergej Prokofjew dirigieren. Das Werk erfuhr gleich nach der Uraufführung 1938 eine enorme Beliebtheit. Davon zeugen auch die drei Suiten, die der Komponist in den Folgejahren daraus formte. Einige Stücke bearbeitete er auch für das Klavier.
(cdr)
Aufzeichnung des Konzertes vom 28.05.2019 im Volkstheater Rostock
Joseph Haydn
Sinfonie Nr. 82 C-Dur "Der Bär"
Sinfonie Nr. 82 C-Dur "Der Bär"
Richard Strauss
Konzert für Oboe und kleines Orchester D-Dur
Konzert für Oboe und kleines Orchester D-Dur
Sergej Prokofjew
Musik aus "Romeo und Julia" op. 64
Musik aus "Romeo und Julia" op. 64