Virtuelle akademische Kontaktbörse
StudiVZ ist das erfolgreichste soziale Online-Netzwerk Deutschlands. Etwa sechs Millionen Studierende, Uni-Absolventen oder ehemalige Mitschüler treffen sich hier. Man schickt sich Nachrichten, versammelt sich in gemeinsamen Interessensgruppen oder drückt auf das Fantasiewort "gruscheln", um jemanden zu zeigen, dass man ihn oder sie ganz gut findet.
Ein Forschungsteam der "Konrad Wolf"-Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam hat nun eine Studie durchgeführt, in der die Selbstdarstellung und das Verhalten von studiVZ-Nutzern untersucht wurden. Dabei ist herausgekommen, dass Männer durchaus anders ticken als Frauen.
Bei studiVZ kann der Nutzer die eigene Profilseite gestalten, die Seiten anderer Nutzer anschauen und Kontakte suchen und finden, zum Beispiel über eine der zu jedem erdenklichen Thema existierenden Gruppen.
Mit diesen Netzwerk-Möglichkeiten fangen Frauen und Männer Unterschiedliches an, wie Elizabeth Prommer, Dozentin für Medienforschung, mit ihren Studenten im Rahmen eines Forschungsprojekts herausgefunden hat. Über einen Online-Fragebogen wurden Studenten in Potsdam befragt, wie sie studiVZ nutzen und sich dort verhalten:
"Das Auffälligste war, dass 70 Prozent der Antworten, die zurückkamen, von Frauen waren. Und das hat uns erstmal überrascht, weil das Geschlechterverhältnis der Unis ziemlich ausgewogen ist. Und wir wissen ja eigentlich auch, dass das Internet noch immer ein bisschen häufiger von Männern genutzt wird. Und das war schon mal das erste überraschende Ergebnis, dass studiVZ überhaupt ein weibliches Medium zu sein scheint.
Und dann haben sich auch noch ganz klar Unterschiede gezeigt, dass wenn Frauen und Männer in studiVZ unterwegs sind, dass sie auch da Unterschiedliches wollen. Also Frauen wollen kommunizieren, mit Leuten, die sie schon kennen."
Und Männer? Dazu Arne Brück, einer der Studenten, die bei der Konzeption, Umsetzung und Auswertung des Projekts mitgewirkt haben:
"Männer sind dann eher auf der Suche nach neuen Kontakten. Sie nutzen dieses Netzwerk schon, um Personen kennenzulernen, die sie vorher noch nicht kannten, durch gemeinsame Interessensfindung zum Beispiel oder durch ein interessantes Profilbild."
Die verschiedenen Interessen - Kommunikation bei den Frauen, Kontaktsuche bei den Männern - führen auch zu unterschiedlichen Selbstdarstellungen auf den studiVZ-Profilseiten:
"Wenn ich studiVZ nutze, um zu kommunizieren mit Menschen, die ich schon kenne, stelle ich mich möglichst authentisch dar - weil die Menschen ja im echten Leben überprüfen können, ob ich wirklich groß, klein, weiblich, männlich, blond, braun bin. Wenn ich aber auf der Suche nach neuen Kontakten bin, stelle ich mich möglichst positiv und möglichst interessant dar."
Die typische Nutzerin hat ein Porträtfoto auf ihrer Profilseite und dazu ehrliche personenbezogene Angaben. Der männliche Gegenpart verbirgt dagegen seine Identität gerne, auf seinem Profil findet sich ein Stellvertreterfoto - ein Nonsensbild oder auch das eines Sportlers oder Schauspielers. Auch die Mitgliedschaft in extravaganten Gruppen ist typisch und soll helfen, auf sich aufmerksam zu machen.
Ein Beispiel ist Wrack-Taucher, oder ein eben witziger Sport. Mehrere 100.000 Gruppen stehen zur Auswahl. Deren Namen sind oft betont originell, sie heißen zum Beispiel: "Wer zuviel lernt, hat zu wenig Talent", eine andere nennt sich "Der frühe Vogel kann mich mal!".
Was dann die Studenten tatsächlich bei studiVZ machen, ist meist weniger spektakulär, wie eine Umfrage auf dem Hamburger Uni-Gelände zeigt:
"Ich kommuniziere mit Bekannten aus der alten Heimat. im Grunde kontaktiere ich Leute, die ich schon kenne. Halte Kontakt mit alten Freunden, die nicht mehr in der Stadt sind; Ich kucke mich schon mal ein bisschen durch, bei Leuten, die auch in den gleichen Gruppen sind. Aber kontaktiert habe ich mir unbekannte Leute noch nicht."
Auch wenn es kein männlicher Student offen ins Mikrofon sagt, die Reaktionen der Studentinnen lassen erahnen, dass bei studiVZ allerhand virtuelle Hallodris unterwegs sind:
"Man wird irgendwie angeschrieben, aber meistens reagiere ich nicht, weil ich kein Interesse hab, die kennen zu lernen. Dass man Nachrichten bekommt von wildfremden Leuten oder dass man sieht, dass unten auf der Seite Leute sind, die deine Seite angesehen haben, komische Leute, über die auch über fünf Ecken nicht bekannt bin, dass die meine Seite angucken. Fand ich am Ende nicht mehr so toll."
"Ich find es jedes mal unangenehm, mich haben irgendwelche Leute, meist männliche angesprochen und ich ignorier sie, oder wenn's extrem wird, dann melde ich es auch."
Vom einfachen Flirtversuch bis zur sexuellen Belästigung, bei manchem Mann scheint die Hemmschwelle relativ niedrig - zumindest, wenn er alleine vorm Computer sitzt. Auch aus solchen Gründen schränken viele die Einsicht auf ihre Profilseite ein.
"Die Nutzer können die Profile auch sperren für Fremde, das Profilfoto ist immer sichtbar, aber die genauen Angaben können halt je nach Fall ausgeblendet werden. Es geht größtenteils halt über das Bild. Obwohl Männer ihr Profil auch größtenteils offen zugänglich haben für die meisten Nutzer."
Führen die Kontaktversuche bei studiVZ denn zu Treffen im realen Leben? Die ausgefüllten Fragebögen des Forschungsprojekts liefern da eine eindeutige Antwort:
"Üblicherweise werden die sozialen Netzwerke ja als Dating-Maschinen, Kontaktmaschinen betrachtet, und dass können wir so in unserer Studie eben nicht feststellen, sondern wir können feststellen, dass nur sehr, sehr selten Kontakte im wirklichen Leben stattfinden."
StudiVZ ist also in erster Linie Netzwerk für Interessensgemeinschaften und Freunde. Eher wuseliges Studentencafé denn verruchtes Nachtlokal. Und genutzt wird es anscheinend mehr von Studienbeginnern. Fortgeschrittene Studenten oder Absolventen sehen das Online-Netzwerk oft kritischer:
"Ich hab mich gelöscht. Weil's mich genervt hat. Am Anfang war's ja noch ganz witzig und innovativ, das ist jetzt nur noch langweilig, und das ist absolut der Zeiträuber. Und außerdem: Ich versteh gar nicht, wie da Leute da noch mit ihrem richtigen Namen reingehen können. Was man so hört, dass die Arbeitgeber da rein schauen, und deswegen: Mir bringt es nichts mehr."
Bei studiVZ kann der Nutzer die eigene Profilseite gestalten, die Seiten anderer Nutzer anschauen und Kontakte suchen und finden, zum Beispiel über eine der zu jedem erdenklichen Thema existierenden Gruppen.
Mit diesen Netzwerk-Möglichkeiten fangen Frauen und Männer Unterschiedliches an, wie Elizabeth Prommer, Dozentin für Medienforschung, mit ihren Studenten im Rahmen eines Forschungsprojekts herausgefunden hat. Über einen Online-Fragebogen wurden Studenten in Potsdam befragt, wie sie studiVZ nutzen und sich dort verhalten:
"Das Auffälligste war, dass 70 Prozent der Antworten, die zurückkamen, von Frauen waren. Und das hat uns erstmal überrascht, weil das Geschlechterverhältnis der Unis ziemlich ausgewogen ist. Und wir wissen ja eigentlich auch, dass das Internet noch immer ein bisschen häufiger von Männern genutzt wird. Und das war schon mal das erste überraschende Ergebnis, dass studiVZ überhaupt ein weibliches Medium zu sein scheint.
Und dann haben sich auch noch ganz klar Unterschiede gezeigt, dass wenn Frauen und Männer in studiVZ unterwegs sind, dass sie auch da Unterschiedliches wollen. Also Frauen wollen kommunizieren, mit Leuten, die sie schon kennen."
Und Männer? Dazu Arne Brück, einer der Studenten, die bei der Konzeption, Umsetzung und Auswertung des Projekts mitgewirkt haben:
"Männer sind dann eher auf der Suche nach neuen Kontakten. Sie nutzen dieses Netzwerk schon, um Personen kennenzulernen, die sie vorher noch nicht kannten, durch gemeinsame Interessensfindung zum Beispiel oder durch ein interessantes Profilbild."
Die verschiedenen Interessen - Kommunikation bei den Frauen, Kontaktsuche bei den Männern - führen auch zu unterschiedlichen Selbstdarstellungen auf den studiVZ-Profilseiten:
"Wenn ich studiVZ nutze, um zu kommunizieren mit Menschen, die ich schon kenne, stelle ich mich möglichst authentisch dar - weil die Menschen ja im echten Leben überprüfen können, ob ich wirklich groß, klein, weiblich, männlich, blond, braun bin. Wenn ich aber auf der Suche nach neuen Kontakten bin, stelle ich mich möglichst positiv und möglichst interessant dar."
Die typische Nutzerin hat ein Porträtfoto auf ihrer Profilseite und dazu ehrliche personenbezogene Angaben. Der männliche Gegenpart verbirgt dagegen seine Identität gerne, auf seinem Profil findet sich ein Stellvertreterfoto - ein Nonsensbild oder auch das eines Sportlers oder Schauspielers. Auch die Mitgliedschaft in extravaganten Gruppen ist typisch und soll helfen, auf sich aufmerksam zu machen.
Ein Beispiel ist Wrack-Taucher, oder ein eben witziger Sport. Mehrere 100.000 Gruppen stehen zur Auswahl. Deren Namen sind oft betont originell, sie heißen zum Beispiel: "Wer zuviel lernt, hat zu wenig Talent", eine andere nennt sich "Der frühe Vogel kann mich mal!".
Was dann die Studenten tatsächlich bei studiVZ machen, ist meist weniger spektakulär, wie eine Umfrage auf dem Hamburger Uni-Gelände zeigt:
"Ich kommuniziere mit Bekannten aus der alten Heimat. im Grunde kontaktiere ich Leute, die ich schon kenne. Halte Kontakt mit alten Freunden, die nicht mehr in der Stadt sind; Ich kucke mich schon mal ein bisschen durch, bei Leuten, die auch in den gleichen Gruppen sind. Aber kontaktiert habe ich mir unbekannte Leute noch nicht."
Auch wenn es kein männlicher Student offen ins Mikrofon sagt, die Reaktionen der Studentinnen lassen erahnen, dass bei studiVZ allerhand virtuelle Hallodris unterwegs sind:
"Man wird irgendwie angeschrieben, aber meistens reagiere ich nicht, weil ich kein Interesse hab, die kennen zu lernen. Dass man Nachrichten bekommt von wildfremden Leuten oder dass man sieht, dass unten auf der Seite Leute sind, die deine Seite angesehen haben, komische Leute, über die auch über fünf Ecken nicht bekannt bin, dass die meine Seite angucken. Fand ich am Ende nicht mehr so toll."
"Ich find es jedes mal unangenehm, mich haben irgendwelche Leute, meist männliche angesprochen und ich ignorier sie, oder wenn's extrem wird, dann melde ich es auch."
Vom einfachen Flirtversuch bis zur sexuellen Belästigung, bei manchem Mann scheint die Hemmschwelle relativ niedrig - zumindest, wenn er alleine vorm Computer sitzt. Auch aus solchen Gründen schränken viele die Einsicht auf ihre Profilseite ein.
"Die Nutzer können die Profile auch sperren für Fremde, das Profilfoto ist immer sichtbar, aber die genauen Angaben können halt je nach Fall ausgeblendet werden. Es geht größtenteils halt über das Bild. Obwohl Männer ihr Profil auch größtenteils offen zugänglich haben für die meisten Nutzer."
Führen die Kontaktversuche bei studiVZ denn zu Treffen im realen Leben? Die ausgefüllten Fragebögen des Forschungsprojekts liefern da eine eindeutige Antwort:
"Üblicherweise werden die sozialen Netzwerke ja als Dating-Maschinen, Kontaktmaschinen betrachtet, und dass können wir so in unserer Studie eben nicht feststellen, sondern wir können feststellen, dass nur sehr, sehr selten Kontakte im wirklichen Leben stattfinden."
StudiVZ ist also in erster Linie Netzwerk für Interessensgemeinschaften und Freunde. Eher wuseliges Studentencafé denn verruchtes Nachtlokal. Und genutzt wird es anscheinend mehr von Studienbeginnern. Fortgeschrittene Studenten oder Absolventen sehen das Online-Netzwerk oft kritischer:
"Ich hab mich gelöscht. Weil's mich genervt hat. Am Anfang war's ja noch ganz witzig und innovativ, das ist jetzt nur noch langweilig, und das ist absolut der Zeiträuber. Und außerdem: Ich versteh gar nicht, wie da Leute da noch mit ihrem richtigen Namen reingehen können. Was man so hört, dass die Arbeitgeber da rein schauen, und deswegen: Mir bringt es nichts mehr."