Virtuelle Chronik einer 1000-jährigen Geschichte
Das Mittelalter ist eine Zeit, an die in Filmen und auf sommerlichen Jahrmärkten immer wieder erinnert wird. Aber was wissen wir heute noch von dieser angeblich so finsteren Ära? Die DVD "Das Mittelalter" kennt auf viele dieser Fragen eine Antwort. In 14 Kapiteln bietet sie mit Texten, Bildern und Animationen einen interessanten Einblick in Bauwerke und Alltag einer längst vergangenen Epoche.
Alemannen, Sueben, Slawen, Vandalen, Goten, Franken, Langobarden - die großen Wanderungen der Völker des 5. und 6. Jahrhunderts bilden den zeitlichen Ausgangspunkt der DVD "Das Mittelalter", die bis zur Entdeckung Amerikas 1492 reicht. Damit überspannt sie 1000 Jahre europäischer Geschichte als Chronik über Architektur, Alltag und geistiges Leben. Der Architektur sind auch gleich die ersten drei der insgesamt 14 Themenbereiche auf der DVD gewidmet. Das Christentum setzte sich in bis heute bestehenden Bauwerken unvergessene Denkmäler.
Die steinernen sakralen Bauten haben dem Zahn der Zeit besser widerstanden als einfache Wohnhäuser, die meist aus Holz gebaut waren. Vor allem Kirchen und Burgen geben auf der interaktiven DVD deshalb Zeugnis der romanischen und gotischen Architektur. Was den Zeitgenossen von damals nicht vergönnt war, offenbart sich heute in der Rückschau dem Betrachter: Er kann in beeindruckenden Animationen die Veränderungen eines Gebäudes miterleben, zum Beispiel die Um- und Anbauten der Hagia Sophia in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, oder auch die Entwicklung eines einfachen hölzernen Wachturmes zum Ausbau einer großen Feste im Laufe der Jahrhunderte.
"Verteidigung und Angriff führten zu einer ständigen Entwicklung neuer Bautechniken. Der Eingang war der schwächste und gefährlichste Teil einer Burg. Die Tore waren mit besonderen Schutzmaßnahmen versehen: Zugbrücken, Fallgittern, Falltüren über dem Eingang. Wände und Türme wurden mit zinnenbesetzten Brustwehren gekrönt, in den Mauern öffneten sich Schießscharten.
Sie waren geschützte Orte, die im Gefahrenfall auch der umliegenden Bevölkerung Unterschlupf geboten haben. Um sie herum konnte sich ein Dorf oder eine kleine Stadt ansiedeln. So wurden die Burgen zum Zentrum des wirtschaftlichen und sozialen Lebens."
Auch wenn viele Menschen den Schutz der Burgen suchten, das eigentliche Leben spielte sich nicht in ihren Innenhöfen ab, sondern auf dem Marktplatz. Hier erfuhr man alle Neuigkeiten zuerst, hier boten die Händler, Bauern und Handwerker ihre Waren und Dienste feil, hier gruppierten sich die wichtigsten Gebäude der Stadt: das Rathaus und die Vertretungen der Gilden und Zünfte. Grundrisskarten zu Beispielstädten und Verweise im Text, die spezielle Begriffe erklären, laden zum Stöbern ein.
Besonders schön auch die dreidimensionalen Modelle, die sich rundherum betrachten lassen. Etliche Bauwerke finden sich darunter, aber auch Belagerungsmaschinen und Schiffe. Denn die Erfindung des Kompasses im 13. Jahrhundert belebte den Seehandel und die Schifffahrt, der ein eigenes Kapitel gewidmet ist.
"Die Wahl zwischen dem Landweg und dem Weg zur See wurde oft von Aspekten der Sicherheit bestimmt. Wenn die Piraterie zunahm, griff man mehr auf den Landweg zurück, doch grundsätzlich blieben beide Routen riskant, finanziell wie persönlich. Um die Risiken zu senken und auf Überfälle von Piraten besser vorbereitet zu sein, wurden gemeinsame Expeditionen organisiert, bei denen sich acht bis zehn Schiffe zusammenschlossen."
Mit dem Aufschwung der Städte bildete sich auch ein neuer Stand zwischen Bauern, Klerus und Adel heraus, der sich aus Kaufleuten und Handwerkern zusammensetzte: Das Bürgertum. Die Entwicklung ihrer Wohnhäuser und Wohntürme, die Erfindung neuer Ackergeräte und Maschinen wie Wasser- und Windmühlen, dieser Alltag des Stadt- und Landlebens ist in jeweils eigenen Themenbereichen dargestellt. Bebildert sind die Kapitel mit originalen Gemälden und Buchminiaturen. Diese Kunstwerke entstammten oft der Feder von Mönchen aus den Klöstern und Skriptorien.
"Die Klöster waren nicht nur spirituelle und politische Zentren, sondern auch von großer wirtschaftlicher Bedeutung, da sie es mit ihrem großen Grundbesitz ermöglichten, mit neuen landwirtschaftlichen und präindustriellen Techniken zu experimentieren. Auch kulturell waren sie wichtig aufgrund ihrer regen Bautätigkeit und künstlerischen Fähigkeiten wie zum Beispiel bei der Anfertigung von Glasfenstern, während man in den Bibliotheken und Skriptorien Handschriften des Altertums aufbewahrte und kopierte."
Die abseits der 14 Themenbereiche ebenfalls auf der DVD enthaltene Chronologie ist vor allem eine Liste von Herrschern und Päpsten, eine Reihung von Machtansprüchen und Kriegen, die zu zahlreichen Eroberungen und Niederlagen führten. Darin verstreut finden sich markante Daten wie der Gang nach Canossa von Heinrich IV., die Einführung der arabischen Zahlen oder das Wüten der Pest im 14. Jahrhundert.
"Die Seuche fordert etwa 20 bis 25 Millionen Tote, das heißt rund ein Drittel der Bevölkerung Europas, und entvölkert ganze Landstriche und Städte. Insgesamt wirft die Pest die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Europas um Jahrzehnte zurück."
Trotz ihres Umfangs scheinen die 14 Themenbereiche der DVD jedoch etwas knapp bemessen. Über wissenschaftliche oder medizinische Entdeckungen erfährt man nur wenig, über die Musik, Literatur und Dichtung dieser Zeit fast nichts.
Die Scheibe ist daher weniger ein Nachschlagewerk für das Mittelalter als vielmehr ein virtuelles Museum ausgesuchter Bauten und gesellschaftlicher Entwicklungen. Aber ebenso wie in einem realen Museum, lohnt sich der Besuch auch hier wegen einiger außergewöhnlicher Exponate.
Service:
Die Computer-DVD "Das Mittelalter" ist erschienen bei United Soft Media und kostet 49,90 Euro.
Die steinernen sakralen Bauten haben dem Zahn der Zeit besser widerstanden als einfache Wohnhäuser, die meist aus Holz gebaut waren. Vor allem Kirchen und Burgen geben auf der interaktiven DVD deshalb Zeugnis der romanischen und gotischen Architektur. Was den Zeitgenossen von damals nicht vergönnt war, offenbart sich heute in der Rückschau dem Betrachter: Er kann in beeindruckenden Animationen die Veränderungen eines Gebäudes miterleben, zum Beispiel die Um- und Anbauten der Hagia Sophia in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, oder auch die Entwicklung eines einfachen hölzernen Wachturmes zum Ausbau einer großen Feste im Laufe der Jahrhunderte.
"Verteidigung und Angriff führten zu einer ständigen Entwicklung neuer Bautechniken. Der Eingang war der schwächste und gefährlichste Teil einer Burg. Die Tore waren mit besonderen Schutzmaßnahmen versehen: Zugbrücken, Fallgittern, Falltüren über dem Eingang. Wände und Türme wurden mit zinnenbesetzten Brustwehren gekrönt, in den Mauern öffneten sich Schießscharten.
Sie waren geschützte Orte, die im Gefahrenfall auch der umliegenden Bevölkerung Unterschlupf geboten haben. Um sie herum konnte sich ein Dorf oder eine kleine Stadt ansiedeln. So wurden die Burgen zum Zentrum des wirtschaftlichen und sozialen Lebens."
Auch wenn viele Menschen den Schutz der Burgen suchten, das eigentliche Leben spielte sich nicht in ihren Innenhöfen ab, sondern auf dem Marktplatz. Hier erfuhr man alle Neuigkeiten zuerst, hier boten die Händler, Bauern und Handwerker ihre Waren und Dienste feil, hier gruppierten sich die wichtigsten Gebäude der Stadt: das Rathaus und die Vertretungen der Gilden und Zünfte. Grundrisskarten zu Beispielstädten und Verweise im Text, die spezielle Begriffe erklären, laden zum Stöbern ein.
Besonders schön auch die dreidimensionalen Modelle, die sich rundherum betrachten lassen. Etliche Bauwerke finden sich darunter, aber auch Belagerungsmaschinen und Schiffe. Denn die Erfindung des Kompasses im 13. Jahrhundert belebte den Seehandel und die Schifffahrt, der ein eigenes Kapitel gewidmet ist.
"Die Wahl zwischen dem Landweg und dem Weg zur See wurde oft von Aspekten der Sicherheit bestimmt. Wenn die Piraterie zunahm, griff man mehr auf den Landweg zurück, doch grundsätzlich blieben beide Routen riskant, finanziell wie persönlich. Um die Risiken zu senken und auf Überfälle von Piraten besser vorbereitet zu sein, wurden gemeinsame Expeditionen organisiert, bei denen sich acht bis zehn Schiffe zusammenschlossen."
Mit dem Aufschwung der Städte bildete sich auch ein neuer Stand zwischen Bauern, Klerus und Adel heraus, der sich aus Kaufleuten und Handwerkern zusammensetzte: Das Bürgertum. Die Entwicklung ihrer Wohnhäuser und Wohntürme, die Erfindung neuer Ackergeräte und Maschinen wie Wasser- und Windmühlen, dieser Alltag des Stadt- und Landlebens ist in jeweils eigenen Themenbereichen dargestellt. Bebildert sind die Kapitel mit originalen Gemälden und Buchminiaturen. Diese Kunstwerke entstammten oft der Feder von Mönchen aus den Klöstern und Skriptorien.
"Die Klöster waren nicht nur spirituelle und politische Zentren, sondern auch von großer wirtschaftlicher Bedeutung, da sie es mit ihrem großen Grundbesitz ermöglichten, mit neuen landwirtschaftlichen und präindustriellen Techniken zu experimentieren. Auch kulturell waren sie wichtig aufgrund ihrer regen Bautätigkeit und künstlerischen Fähigkeiten wie zum Beispiel bei der Anfertigung von Glasfenstern, während man in den Bibliotheken und Skriptorien Handschriften des Altertums aufbewahrte und kopierte."
Die abseits der 14 Themenbereiche ebenfalls auf der DVD enthaltene Chronologie ist vor allem eine Liste von Herrschern und Päpsten, eine Reihung von Machtansprüchen und Kriegen, die zu zahlreichen Eroberungen und Niederlagen führten. Darin verstreut finden sich markante Daten wie der Gang nach Canossa von Heinrich IV., die Einführung der arabischen Zahlen oder das Wüten der Pest im 14. Jahrhundert.
"Die Seuche fordert etwa 20 bis 25 Millionen Tote, das heißt rund ein Drittel der Bevölkerung Europas, und entvölkert ganze Landstriche und Städte. Insgesamt wirft die Pest die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Europas um Jahrzehnte zurück."
Trotz ihres Umfangs scheinen die 14 Themenbereiche der DVD jedoch etwas knapp bemessen. Über wissenschaftliche oder medizinische Entdeckungen erfährt man nur wenig, über die Musik, Literatur und Dichtung dieser Zeit fast nichts.
Die Scheibe ist daher weniger ein Nachschlagewerk für das Mittelalter als vielmehr ein virtuelles Museum ausgesuchter Bauten und gesellschaftlicher Entwicklungen. Aber ebenso wie in einem realen Museum, lohnt sich der Besuch auch hier wegen einiger außergewöhnlicher Exponate.
Service:
Die Computer-DVD "Das Mittelalter" ist erschienen bei United Soft Media und kostet 49,90 Euro.