Virtueller Rundgang durchs Museum

Von Jürgen König |
Kunstschätze aus Berlin, Dresden und Düsseldorf können ab sofort im Internet betrachtet werden. Mit Kunstsammlungen in Dresden, Berlin und Düsseldorf hat der Internetkonzern Google jetzt sein vor einem Jahr gestartetes Kunstportal im Internet erweitert - ein faszinierendes Projekt.
Noch fehlen einige der großen Häuser, der Louvre etwa oder der Prado, aber der Druck, sich dem Google Art Project anzuschließen, wächst; ein Weltprojekt soll es werden, und 151 Museen aus 40 Ländern sind schon zu finden auf jener Internetseite von Google, die virtuelle Museumsbesuche ermöglicht: im Museum of Modern Art in New York ebenso wie im Museum für Islamische Kunst in Qatar, im Tate Britain in London ebenso wie in der National Gallery of Modern Art in New Delhi.

In Deutschland waren bisher nur zwei Häuser der Staatlichen Museen Berlin beteiligt: Neben der Alten Nationalgalerie und der Gemäldegalerie beteiligen sich nun auch das Pergamonmuseum, das Alte Museum und das Kupferstichkabinett. Generaldirektor Michael Eissenhauer:

"Wir fühlen uns einfach in der Verpflichtung stehend, unsere Objekte so breit wie möglich dem Publikum zugänglich zu machen, aber auch zugänglich zu machen für Menschen, die nicht unbedingt die Gelegenheit haben, im Handumdrehen nach Berlin zu reisen oder als Wissenschaftler oder forscher einen Aufenthalt in Berlin finanzieren zu können."

Ähnlich argumentiert man in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, die sich gleich mit zwölf Häusern beteiligen, darunter die Gemäldegalerie Alte Meister und das Grüne Gewölbe - sowie im Museum Kunstpalast Düsseldorf, das mit fünf Sammlungsbereichen Teil des Google Art Projects wird. Bis auf das Berliner Kupferstichkabinett kann man in allen deutschen Einrichtungen virtuell spazieren gehen: auf der Grundlage der Street-view-Technologie von Google, mit der 360-Grad-Bilder ganzer Museumsräume aufgenommen wurden.

Zu vielen Kunstwerken sind Beschreibungen und Künstlerbiografien, Audios und Videos abrufbar; manche Werke können mit hochauflösender Technologie so vergrößert werden, dass die Pinselführung noch im feinsten studiert werden kann; eine integrierte Suchfunktion erlaubt es, Kunstwerke in den Sammlungen aller 151 Museen zu finden, das eröffnet beeindruckende Vergleichsmöglichkeiten. Die Arbeitsteilung sei eindeutig: Die Museen bringen die Inhalte, Google die Technologien. Die Urheberrechte bleiben gewahrt, alle Rechte bleiben bei den Museen.

Ein faszinierendes Projekt - ohne Zweifel - wenn auch die Tatsache, dass Google ein privates, gewinnorientiertes Unternehmen ist, bei manchen der Beteiligten zunächst einiges an Bauchschmerzen auslöste. Barbara Til, von Museum Kunstpalast Düsseldorf:

"Die Bedenken, als wir angesprochen wurden, das zu machen, kamen unseren eigenen Reihen, gerade die Akademie am Anfang war sie strikt dagegen, dass wir das machen, weil man eben unterstellt hat, das ist ein Profitprojekt von Google; als das klar war, dass dem nicht so ist, war man eigentlich allerorts begeistert, und ich glaube, andersrum hätten wir es aber nicht machen können."

Dirk Burghardt, kaufmännischer Direktor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden:

"Ein Grund mit für uns, zu sagen: 'Ja, wir sind dabei!', war, dass das ja ein Google-Projekt ist, das im Nonprofit-Bereich läuft."

Wieland Holfelder, Leiter des Google-Entwicklungszentrums in München findet große Worte, um die Bedenken zu entkräften:

"Googles Mission, ist es, Informationen universell zugänglich und nutzbar zu machen, und das kulturelle Erbe der Menschheit gehört natürlich ganz klar auch zu diesen Informationen, die allen Menschen gleichermaßen zugänglich sein sollten. Das Artprojekt macht genau dies möglich, und insofern ist das Artprojekt auch für Google fast schon eine Art Herzensangelegenheit."

Dass Google mit seiner "Mission, Informationen universell zugänglich und nutzbar zu machen", auch Geld und zwar sehr viel Geld verdient, erwähnt Wieland Holfelder nicht. Das Google Art Project ist werbefrei, ja - aber genutzt werden kann es nur mithilfe des Internetzugangsprogramms Google Chrome. Wer sich seine ganz persönliche Kunstgalerie zusammenstellt, wird dezent auf die Möglichkeit verwiesen, seine Kunsteindrücke mit Freunden und Bekannten teilen - mit dem Netzwerk Google+, das in die Website integriert wurde.

Google-Chef Larry Page sagte einmal, man habe "eine enorme Erfahrung darin, Produkte über eine gewisse Zeit in Geld umzuwandeln". Das könnte auch hier die Strategie sein: Schritt für Schritt macht Google sich zur zentralen Anlaufstelle für jeden, der Kunst im Netz sucht. Mit öffentlichen Mitteln finanzierte Digitalisierungsvorhaben wie die Deutsche Digitale Bibliothek oder das Portal "Europeana" können da nicht mithalten.
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