Virtuelles Spiel - realer Verlust

Von Jörg Schieb |
Glücksspiel im Internet boomt. Spielbanken im Web locken mit Gewinnen in Millionenhöhe - mit Erfolg. Rund 15 Millionen Menschen sollen im vergangen Jahr regelmäßig in Online-Casinos ihr Glück versuch haben. Doch seriöse Anbieter gibt es nur wenige.
Das Golden Palace. Eins der größten Onlinecasinos im Internet. Es klingt fast so wie in den endlosen Spielhallen von Las Vegas. Wer ein virtuelles Casino wie das Golden Palace betrifft, wird mit bunten Lichtern, farbigen Webseiten, lautem Getöse – und jeder Menge Versprechungen begrüßt. Hier ist rund um die Uhr was los. Das Golden Palace hat 24 Stunden am Tag geöffnet, 365 Tage im Jahr.

Glücksspiel hat viele Gesichter. Darum gibt es in den großen Online-Casinos alles, was Spielernaturen auch aus der richtigen Welt kennen. Neben einarmigen Banditen auch jede andere Form von Glücksspiel, etwa Poker, Black Jack, Keno, Würfelspiele oder auch Roulette. Alles bequem von zu Hause aus, per Mausklick.

Das Prinzip ist stets dasselbe: Der Spieler setzt einen beliebigen Betrag – und starrt dann gebannt auf den Bildschirm.

Ob nur wenige Cent verzockt werden oder hunderte von Euro – der Spuk ist meist schon nach wenigen Sekunden vorbei. Irgendwann entscheidet ein Computer in Übersee über Gewinn oder Verlust.

Um die Schwellenangst abzubauen – wer traut sich schon, in einem völlig fremden Online-Casino mit echten Einsätzen zu spielen? –, bieten alle großen Casinos eine Schnüffeltour an. Am Anfang kann jeder Spielgeld einsetzen. Gewinn oder Verlust – eigentlich egal. Während der Schnupperphase gewinnen die Besucher allerdings auffällig oft. "Anfixen", nennen das die Experten. Denn so entsteht der Eindruck, als hätte man tatsächlich eine Gewinnchance.

Später, wenn die Spieler dann richtiges Geld einsetzen, bezahlt wird bequem per Kreditkarte, sieht es in der Regel gleich viel schlechter aus. Denn kaum einer kontrolliert die Glücksspiele im Internet, zumindest nicht bei solchen Online-Casinos, die auf karibischen Inseln ihr Domizil haben.
Online-Spielcasinos mit Sitz in Deutschland gibt es keine. Denn nach deutschem Recht müssen Casinos staatlich zugelassen sein und auch überwacht werden. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Die Spielbank in Wiesbaden. Sie bietet Internetusern die Möglichkeit, online Roulette zu spielen. Allerdings wird hier nicht am Computer gezockt. Wer sich übers Internet bei der Spielbank Wiesbaden einklinkt, spielt an echten Tischen – die Croupiers machen für den Internetgast am echten Tisch die Einsätze.
Das deutsche Beispiel ist zweifellos ein besonders positives, denn für alle anderen Online-Casinos gilt: Niemand kann sagen, wie hoch die Gewinnchancen wirklich sind. Und selbst wenn man gewinnt: Wer will schon garantieren, dass die Gewinne auch tatsächlich ausgezahlt werden? Den Rechtsweg zu beschreiten, das sagen alle Verbraucherschützer, ist ungemein schwierig. Zum eigentlichen Glücksspiel kommt also das Glücksspiel des Betrogenwerdens noch dazu.

Auf der Homepage internetfallen.de wird deshalb auch eindringlich vor Online-Casinos gewarnt. Über 1700 soll es laut internetfallen.de geben, und nur die wenigsten werden hier als seriös eingestuft.
Online-Casinos haben Tradition. Bereits Ende der 90er Jahre haben die ersten aufgemacht. Da Glücksspiel in den meisten Ländern verboten oder zumindest strengen Einschränkungen unterworfen ist, sitzen die Betreiber solcher Casinos meist in Ländern ohne lästige Hürden, etwa in der Karibik oder im Libanon.

Vielen Besuchern ist das egal – sie merken es gar nicht, werden geschickt in der jeweiligen Landessprache angesprochen. Zu erreichen sind die virtuellen Casinos von überall, übers Netz.

Gewinnt der Spieler tatsächlich mal etwas, muss er den Gewinn oft mindestens 48 Stunden liegen lassen, bevor das Casino ihn tatsächlich auszahlt. Ein echter Spieler, vor allem ein Spielsüchtiger übersteht diese Wartezeit nicht – und verdaddelt den Gewinn in der Zwischenzeit.

Es gibt also nur einen echten Gewinner: Die Spielbank.
Glücksspiel übt auf viele einen magischen Reiz aus und kann süchtig machen.
Verlässliche Zahlen darüber gibt es kaum. Das Marktforschungsinstitut Datamonitor schätzt, dass 2005 weltweit rund 15 Millionen Menschen regelmäßig in Online-Casinos spielen. Wie viele davon süchtig sind oder werden, ist unbekannt.

Laut Jahrbuch Sucht 2005 gibt es in Deutschland aber rund 140.000 Spielsucht gefährdete Menschen, allerdings bezogen auf alle Formen des Glücksspiels. Durch die bequeme Form des Glücksspiels im Internet sind gerade diese Menschen besonders gefährdet.