Völkermord an Herero und Nama

Weitgehende Einigkeit bei Verhandlungen mit Namibia

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Michelle Müntefering (rechts), Staatsministerin im Auswärtigen Amt, und Katrina Hanse-Himarwa, Kulturministerin von Namibia, bei einer Pressekonferenz zur Rückgabe sterblicher Überreste von Herero und Nama an Namibia.
Diffizile Verhandlungen über unser koloniales Erbe: Staatsministerin Michelle Müntefering (re.) und Namibias Kulturministerin Katrina Hanse-Himarwa. © picture alliance / dpa / Bernd von Jutrczenka
Christiane Habermalz im Gespräch mit Marietta Schwarz |
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Über den Genozid deutscher Kolonialtruppen an den Herero und Nama verhandeln Deutschland und Namibia seit 2015. Beide Staaten bemühen sich um eine Aussöhnung. Aber nicht alle Nachfahren der Opfer fühlen sich gut vertreten.
Seit fünf Jahren verhandeln Deutschland und Namibia mit dem Ziel, eine Aussöhnung zwischen beiden Ländern zu erreichen, nachdem deutsche Truppen Anfang des letzten Jahrhunderts einen Völkermord an den Volksgruppen der Herero und Nama begangen haben.
Nicht alle Nachfahren der Opfer fühlen sich dabei ausreichend vertreten. In den USA reichten einzelne Gruppen der Herero und Nama Klage gegen Deutschland ein, um Reparationszahlungen in Milliardenhöhe zu erstreiten und zusätzlich zu bereits beteiligten Vertretern der beiden Volksgruppen in die Verhandlungen der beiden Staaten einbezogen zu werden. Ein Berufungsgericht hat die Klage nun abgewiesen.

Zerstrittene Nachfahren der Opfergruppen

Die Nachfahren der Opfer stellten keine homogene Gruppe dar, sagt unsere kultur- und bildungspolitische Korrespondentin Christiane Habermalz:
"Die Nama und die Herero sind untereinander hoch zerstritten. Das ist eine komplexe Geschichte, die weit in die Kolonialgeschichte und die Zeit des Apartheidsregimes in Namibia zurückreicht. Es gibt verschiedene Gruppen um die traditionellen Chiefs, von denen einige sich ganz aktiv an den Verhandlungen beteiligen. Und es gibt den Paramount-Chief Vekuii Rukoro, der die Verhandlungen nicht anerkennt und vor allem kritisiert, dass er selbst nicht mit am Verhandlungstisch sitzt."
In den meisten Punkten aber seien sich Namibia und Deutschland nach offiziellem Stand einig, sagt Habermalz. Auch der Begriff "Genozid" werde im Wortlaut der Entschuldigung enthalten sein. Außerdem sei klar, dass es keine direkten Geldzahlungen geben soll, sondern dass viele Projekte in den Communities der Herero und Nama, die zum Teil in sehr großer Armut lebten, finanziert werden sollen.
Strittig sei immer noch die Frage, wie man das Engagement der Bundesregierung benennen werde. Die namibische Seite bestehe auf dem Begriff "Reparationen", während die deutsche Seite das Wort strikt ablehne und nur von "Versöhnung" sprechen wolle.

Hoffnung auf nachhaltige Lösung

Die Verhandlungen seien nur so viel wert, wie sie in der Gesellschaft angenommen würden, sagt Habermalz. Niemand wisse genau wie groß der Einfluß Rukoros sei. "Wenn am Ende die Ergebnisse der Verhandlungen nicht anerkannt werden, dann hat die deutsche Regierung ein großes Problem."
Die Abweisung der Klage sei erstmal gut, weil sie Klarheit schaffe. Nun liege der Fokus darauf, innerhalb der Verhandlungen zu einer nachhaltigen Lösung zu kommen. Dabei könne Deutschland nur mit einem souveränen Staat verhandeln, sagt Habermalz:
"Es ist kaum möglich, dass die deutsche Regierung direkt mit einer ethnischen Gruppe in einem souveränen Staat verhandelt. Aber es gibt dazwischen natürlich noch viele Möglichkeiten, wie die einzelnen Gruppen beteiligt werden können. Da hätte es möglicherweise mehr Spielraum gegeben für die deutsche Regierung, ihren Einfluss geltend zu machen. Diese Kritik wird immer wieder genannt, und da ist sicher auch was dran."
(rja)
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