Völkermord der Wehrmacht als Wanderausstellung
Die Ehre der deutschen Soldaten würde beschmutzt, kritisierten rechte Kreise die im März 1995 eröffnete Wanderausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941–1944". Die Ausstellung wurde geschlossen und von einer unabhängigen Kommission überprüft - und dann am 27. November 2001 wiedereröffnet.
Philipp Reemtsma: "Die erste Ausstellung stellte drei Schauplätze vor: Serbien, Weißrussland, der Weg der 6. Armee nach Stalingrad. Die zweite geht anders vor. Sie informiert zunächst über die wichtigsten kriegs- und völkerrechtlichen Bestimmungen und Regeln, sie informiert dann über die verschiedenen Dimensionen, die die Verbrechen angenommen haben anhand der Stichworte Völkermord, Ernährungskrieg, Kriegsgefangene, Partisanenkrieg, Repressalien und Geiselnahme und Deportationen."
Als der Leiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung, Jan Philipp Reemtsma, am 27. November 2001 in Berlin die zweite Wehrmachtsausstellung vorstellte, war das Interesse der Öffentlichkeit groß. Sechs Jahre zuvor, so der Historiker Reinhard Rürup, war dies anders gewesen:
"Die erste Wehrmachtsausstellung ist 1995 in Hamburg eröffnet worden, und sie war auf den ersten Stationen relativ unscheinbar, unspektakulär, aber dann gab es eine öffentliche Diskussion, die sich immer mehr steigerte und der Höhepunkt war dann zunächst in München, als Peter Gauweiler die Öffentlichkeit mobilisierte gegen diese Ausstellung, die das Ansehen der deutschen Soldaten verunglimpfe."
Die Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941–1944" erhitzte aber nicht nur die Gemüter konservativer Politiker oder "ewiggestriger" Rechtsextremer, sondern führte in einer breiten Öffentlichkeit zu heftigen Debatten. Auch im Bundestag kam es zu einer emotionalen Diskussion.
Reinhard Rürup: "Es ging um den Umgang mit der NS-Vergangenheit und insbesondere um den Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg und mit der deutschen Wehrmacht, mit den Kriegsverbrechen, und hier haben fast alle Bundestagsabgeordneten aus allen Parteien so persönlich gesprochen, wie das selten der Fall ist im Bundestag."
Die Emotionalität war zum Teil in der Ausstellung selbst angelegt.
Reinhard Rürup: "Man hat beispielsweise in dieser Ausstellung 89 Fotos gezeigt mit Erhängungen und 75 Fotos mit Erschießungen. Das ist eine geballte Ladung, und für die Menschen, die durch eine solche Ausstellung gehen, wird deutlich, welches Gesicht dieser Krieg auch hatte."
An den Bildern entzündete sich schließlich auch die Kritik der Fachwelt. Historiker wiesen darauf hin, dass manche der Gräueltaten auf den Fotos nicht von Soldaten der Wehrmacht, sondern von Angehörigen der ungarischen Armee oder des sowjetischen Militärs verübt worden seien. Reemtsma zog die Ausstellung darauf vorläufig zurück und ließ sie von einer unabhängigen Historikerkommission überprüfen, zu der auch Reinhard Rürup gehörte:
"Im Nachhinein wird man sagen dürfen, es hat noch nie eine zeitgeschichtliche Ausstellung gegeben, die so genau überprüft worden ist wie diese erste Wehrmachtsausstellung. Dabei hat sich gezeigt, dass es sehr viel Ungenauigkeiten, falsche Zuschreibungen und anderes gab, auch gewisse tendenziöse Aussagen, aber der Hauptvorwurf der Kritiker, dass man Fälschungen vorgenommen habe, um bestimmte Aussagen machen zu können, der war nicht richtig. Das konnte die Kommission eindeutig nachweisen."
An der Hauptthese der Ausstellung, hieß es im Abschlussbericht der Kommission, könne nicht gerüttelt werden.
"Es ist unbestreitbar, dass sich die Wehrmacht in der Sowjetunion in den an den Juden verübten Völkermord, in die Verbrechen an den sowjetischen Kriegsgefangenen und in den Kampf gegen die Zivilbevölkerung nicht nur 'verstrickte', sondern dass sie an diesen Verbrechen teils führend, teils unterstützend beteiligt war. Dabei handelte es sich nicht um vereinzelte 'Übergriffe' oder 'Exzesse'."
Als Ergebnis empfahl die Kommission, die Ausstellung in überarbeiteter Form zu präsentieren: weniger Anklage und mehr Aufklärung. Als ein Jahr später die neue Ausstellung eröffnet wurde, war sie fast doppelt so groß wie die alte: Die meisten Fotos waren neu, die Menge der zu lesenden Texte um ein Vielfaches gewachsen. Doch obwohl die zweite Wehrmachtsausstellung wissenschaftlich besser fundiert war, die gesellschaftlich wichtigere, so der Historiker Rürup, bleibt die erste.
"Ob man jetzt die erste Wehrmachtsausstellung wirklich nachträglich aufs ganz große Podest stellen kann, das halte ich für fraglich. Dafür war doch vieles zu ungenau und eben auch geschlampt. Aber es hat eine Wirkung gehabt, und die Wirkung hat natürlich ihren eigenen Wert, und der Beitrag zur historisch-politischen Kultur in der Bundesrepublik ist beträchtlich."
Als der Leiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung, Jan Philipp Reemtsma, am 27. November 2001 in Berlin die zweite Wehrmachtsausstellung vorstellte, war das Interesse der Öffentlichkeit groß. Sechs Jahre zuvor, so der Historiker Reinhard Rürup, war dies anders gewesen:
"Die erste Wehrmachtsausstellung ist 1995 in Hamburg eröffnet worden, und sie war auf den ersten Stationen relativ unscheinbar, unspektakulär, aber dann gab es eine öffentliche Diskussion, die sich immer mehr steigerte und der Höhepunkt war dann zunächst in München, als Peter Gauweiler die Öffentlichkeit mobilisierte gegen diese Ausstellung, die das Ansehen der deutschen Soldaten verunglimpfe."
Die Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941–1944" erhitzte aber nicht nur die Gemüter konservativer Politiker oder "ewiggestriger" Rechtsextremer, sondern führte in einer breiten Öffentlichkeit zu heftigen Debatten. Auch im Bundestag kam es zu einer emotionalen Diskussion.
Reinhard Rürup: "Es ging um den Umgang mit der NS-Vergangenheit und insbesondere um den Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg und mit der deutschen Wehrmacht, mit den Kriegsverbrechen, und hier haben fast alle Bundestagsabgeordneten aus allen Parteien so persönlich gesprochen, wie das selten der Fall ist im Bundestag."
Die Emotionalität war zum Teil in der Ausstellung selbst angelegt.
Reinhard Rürup: "Man hat beispielsweise in dieser Ausstellung 89 Fotos gezeigt mit Erhängungen und 75 Fotos mit Erschießungen. Das ist eine geballte Ladung, und für die Menschen, die durch eine solche Ausstellung gehen, wird deutlich, welches Gesicht dieser Krieg auch hatte."
An den Bildern entzündete sich schließlich auch die Kritik der Fachwelt. Historiker wiesen darauf hin, dass manche der Gräueltaten auf den Fotos nicht von Soldaten der Wehrmacht, sondern von Angehörigen der ungarischen Armee oder des sowjetischen Militärs verübt worden seien. Reemtsma zog die Ausstellung darauf vorläufig zurück und ließ sie von einer unabhängigen Historikerkommission überprüfen, zu der auch Reinhard Rürup gehörte:
"Im Nachhinein wird man sagen dürfen, es hat noch nie eine zeitgeschichtliche Ausstellung gegeben, die so genau überprüft worden ist wie diese erste Wehrmachtsausstellung. Dabei hat sich gezeigt, dass es sehr viel Ungenauigkeiten, falsche Zuschreibungen und anderes gab, auch gewisse tendenziöse Aussagen, aber der Hauptvorwurf der Kritiker, dass man Fälschungen vorgenommen habe, um bestimmte Aussagen machen zu können, der war nicht richtig. Das konnte die Kommission eindeutig nachweisen."
An der Hauptthese der Ausstellung, hieß es im Abschlussbericht der Kommission, könne nicht gerüttelt werden.
"Es ist unbestreitbar, dass sich die Wehrmacht in der Sowjetunion in den an den Juden verübten Völkermord, in die Verbrechen an den sowjetischen Kriegsgefangenen und in den Kampf gegen die Zivilbevölkerung nicht nur 'verstrickte', sondern dass sie an diesen Verbrechen teils führend, teils unterstützend beteiligt war. Dabei handelte es sich nicht um vereinzelte 'Übergriffe' oder 'Exzesse'."
Als Ergebnis empfahl die Kommission, die Ausstellung in überarbeiteter Form zu präsentieren: weniger Anklage und mehr Aufklärung. Als ein Jahr später die neue Ausstellung eröffnet wurde, war sie fast doppelt so groß wie die alte: Die meisten Fotos waren neu, die Menge der zu lesenden Texte um ein Vielfaches gewachsen. Doch obwohl die zweite Wehrmachtsausstellung wissenschaftlich besser fundiert war, die gesellschaftlich wichtigere, so der Historiker Rürup, bleibt die erste.
"Ob man jetzt die erste Wehrmachtsausstellung wirklich nachträglich aufs ganz große Podest stellen kann, das halte ich für fraglich. Dafür war doch vieles zu ungenau und eben auch geschlampt. Aber es hat eine Wirkung gehabt, und die Wirkung hat natürlich ihren eigenen Wert, und der Beitrag zur historisch-politischen Kultur in der Bundesrepublik ist beträchtlich."