Frauke Bahle / Julian Waldvogel (Illustrationen): Vogelschiss. Die Graphic Novel gegen Rechts
Guano Project Verlag
120 Seiten
Mit einem Comic über die AfD aufklären
05:34 Minuten
Die Haltung, gegen die AfD könne man ohnehin nichts machen, habe sie zum Comic "Vogelschiss" inspiriert, sagt Autorin Frauke Bahle. Die zahlreichen ernsthaften Publikationen über Rechts wollte sie mit etwas ergänzen, das Spaß macht.
Die Alternative für Deutschland (AfD) ist seit vier Jahren im Bundestag, am Anfang waren es 94 Abgeordnete. Manchen gilt sie als legitime Protestpartei, andere fordern wegen ihrer Nähe zum Rechtsextremismus und der zum Teil verfassungsfeindlichen Gesinnung ein Verbot der Partei.
Auch im Freiburger Stadtrat hat die AfD zwei Sitze. Das weltoffen-liberale Selbstbild der Stadt habe Kratzer bekommen, sagt die freie Texterin und Lektorin Frauke Bahle.
Dubravko Mandic, einer der beiden AfD-Stadträte, kenne man auch außerhalb von Freiburg. "Der hat im Herbst letzten Jahres unfassbare sexistische Dinge von sich gegeben."
Außerdem rief Mandic bei einem Aufmarsch vor dem Freiburger Funkhaus des Südwestrundfunks zum Sturm auf die Redaktionen auf. Das habe hitzige Diskussionen nach sich gezogen – auch in ihrer Bürogemeinschaft, sagt die 52-Jährige mit grauem Kurzhaarschnitt und aufgeweckten blaugrauen Augen.
"Da gab es so eine Haltung: 'Da kann man nichts machen.' Und: 'Die sind ja demokratisch gewählt, also müssen wir sie tolerieren.' Das war der Ausgangspunkt, wo ich gedacht habe: Nee, das ist einfach rechtsextrem, was diese Partei verbreitet. Das dürfen wir nicht tolerieren."
Über die Humorschiene zum Nachdenken bringen
Bahle entschloss sich zum kreativen Widerstand – in Form einer Graphic Novel und trommelte dafür ein fünfköpfiges Team aus den Bereichen Text, Marketing und Grafik zusammen.
"Es gibt wahnsinnig viele Sachbücher, Artikel und Medien, die sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigen – das ist total wichtig. Aber das macht halt kein Spaß." Sie wollten auch die erreichen, "die man vielleicht über die Humorschiene dann doch zum Nachdenken kriegt".
"Vogelschiss" lautet der Titel der Graphic Novel – eine satirische Anspielung auf die Rede von Alexander Gauland, in der der AfD-Ehrenvorsitzende Nationalsozialismus und Holocaust verharmloste.
Hauptfiguren des Comics sind Rudi, ein pensionierter Lehrer und etwas frustrierter Alt-68er, und Eleni, eine alleinerziehende Mutter, die mit ihrem Alltag ausgelastet ist und von Politik lieber nichts wissen will.
Parallelen zu realen Vorkommnissen
Das ändert sich, als ein Nachbar von Eleni aus rassistischen Motiven neun Menschen erschießt. Parallelen zur realen Vorkommnissen sind beabsichtigt, sagt Co-Autor Jochen Schneidmadl:
"Aus Hassrede wird Hass, aus Hetze werden Gewalttaten. Wir haben inzwischen einzelne Gewalttaten: Das ist der Lübcke-Mord, der auf dieser Mechanik basiert. Das ist der Hanau-Anschlag, wo Wochen, Monate vorher die AfD immer wieder gegen Shisha-Bars gehetzt hat, und dann dreht irgendwann einer durch."
Dagegen werden Eleni und Rudi aktiv: im lokalen Fußballverein, im Internet oder mit kreativen Graffiti-Aktionen. Doch die Autoren wollen nicht nur Mut machen, sich gegen Rechts zu engagieren, sondern auch zeigen, wie eng die AfD mit dem Rechtsextremismus verstrickt ist. Dazu führen sie mehr als 100 Originalzitate von AfD-Politikern und ihren Sympathisanten auf, gekennzeichnet als blaue Sprechblasen und versehen mit ausführlichen Quellenangaben.
Da Zitate auch aus dem Zusammenhang gerissen und verfälscht werden, hätten sie sie in wochenlanger Arbeit verifiziert, sagt Frauke Bahle.
Dank dieser intensiven Recherche und dank alltagsnaher Dialoge und Charaktere ist den Autoren eine ebenso originelle wie packende und zudem nachdenklich machende Odyssee durch die jüngste politische Geschichte gelungen. Außerdem lebt der Comic vom Einsatz stimmungsvoller Farbwechsel und von den Zeichnungen von Illustrator Julian Waldvogel mit Anleihen an franko-belgische Klassiker und detailgenauen Darstellungen.
Per Crowdfunding finanziert
Finanziert wurde das Projekt über Crowdfunding: 6500 Euro gingen dabei als Spenden an Organisationen, die sich gegen Rechts engagieren. Mit dem Rest wurde die erste Auflage gedruckt – rechtzeitig zur Bundestagswahl.
"Es geht darum, klar zu machen: Das ist keine normale Partei. Das ist eine rechtsextreme Bewegung, die kann ich nicht aus Protest wählen", sagt Co-Autor Jochen Schneidmadl. "Wir reden hier von einer Partei mit wirklich faschistoiden Zügen, mit einer Philosophie, die uns zurück in die Nazizeit bringt, wenn man sie denn machen lässt."