"Er war im Kopf radikal"
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Bernado Bertolucci ist gestorben. Sein Freund Volker Schlöndorff würdigt den Italiener als einen Regisseur, der das Dichterische und Politische auf wunderbare Weise miteinander verband. Als Filmemacher sei er radikal gewesen, als Mensch aber sanft.
Der italienische Regisseur Bernardo Bertolucci ist tot. Er starb im Alter von 77 Jahren in seiner Wohnung in Rom. Bertolucci hatte viele Jahre an Krebs gelitten und saß seit längerem im Rollstuhl.
Gewalt und Sex kompromisslos dargestellt
Der deutsche Filmemacher Volker Schlöndorff würdigte Bertolucci im Deutschlandfunk Kultur als einen Regisseur, der das Dichterische und Politische auf wunderbare Weise miteinander verbunden habe. Schlöndorff, der mit Bertolucci befreundet war, sagte, der Italiener sei "im Kopf radikal", als Mensch und Charakter aber sanft und "bezaubernd" gewesen. Der Kommunist Bertolucci, der Gewalt und Sexualität auf kompromisslose Art und Weise auf der Leinwand zeigte, war zugleich ein "charmanter Gastgeber".
"Man konnte Anfang der 60er-Jahre durchaus Kommunist sein und trotzdem zum Bildungsbürgertum gehören", sagte Schlöndorff. Bertoluccis Vater sei Schriftsteller und der Sohn sich seiner Herkunft bewusst gewesen. "Er hatte durchaus auch die Nostalgie und die Wehmut für eine andere Lebensart, aber – und das kam dann mit '1900' – die Revolution war fällig und die war nötig." In dem Monumentalfilm "1900" erzählt Bertolucci von der Freundschaft des Sohnes eines Landarbeiters zu dem Sohn eines Großgrundbesitzers.
Zuletzt besuchte Schlöndorff den italienischen Regisseur in diesem Sommer – da hatte Bertolucci gerade eine längere Chemotherapie hinter sich. Er selbst und der Schauspieler Jeremy Irons hätten versucht, ihn zu bedauern, berichtete Schlöndorff – aber Bertolucci habe nur mit einer "unglaublichen Heiterkeit" reagiert.
"Warum waren unsere ersten Filme die besten?"
In einem sehr persönlichen Rückblick erzählte Schlöndorff auch von Gesprächen mit Bertolucci in den vergangenen Jahren in Florenz, die sich um eine Frage gedreht hätten: "Wie kommt das eigentlich, dass unsere ersten Filme die besten waren, wo wir doch damals noch keine Ahnung von irgendwas hatten? Und nachher hatten wir die Erfahrung und das Können, aber die Filme waren nicht mehr so dringend."
Bertolucci und seine Filme wurden vielfach ausgezeichnet. 2011 wurde er auf dem Filmfestival in Cannes für sein Lebenswerk geehrt.
Sein größter Erfolg war "Der letzte Kaiser", in dem er das Leben des letzten chinesischen Regenten nachzeichnete – erstmals hatte ein westliches Filmteam die Erlaubnis bekommen, in der Verbotenen Stadt zu drehen. Das Werk bekam 1988 neun Oscars, darunter diejenigen für den besten Film und den besten Regisseur.
Bertolucci war 1941 in Parma zur Welt gekommen, später zog die Familie nach Rom um. Er wollte eigentlich wie sein Vater Schriftsteller werden, wandte sich dann aber dem Film zu. Verheiratet war er mit einer britischen Drehbuchautorin.
(ahe)