Strippenzieher in der Finanzkrise
Vier Bundesfinanzminister setzten auf seine Kenntnisse und Kontakte: Staatssekretär Jörg Asmussen musste sich in der Finanz- und dann der europäischen Staatsschuldenkrise als Manager bewähren. Später führte er einen Karriereknick herbei und befand sich plötzlich im - vorübergehenden - Ruhestand.
Jörg Asmussen galt viele Jahre als ein Star der deutschen Finanzpolitik: Auf seine Kenntnisse und Kontakte setzten vier deutsche Finanzminister mit unterschiedlichen Parteibüchern. Kaum Staatssekretär geworden, musste er sich als Krisenmanager bewähren: erst in der Finanzkrise 2008 nach der Pleite der amerikanischen Lehman Bank, dann zwei Jahre später, als die europäische Staatsschuldenkrise ausbrach.
"Als Lehman Brothers pleiteging , erreichte uns die Nachricht am frühen Montagmorgen aus den USA. Das hatte niemand von uns bisher gesehen, dass eine so große globale Bank über’s Wochenende verschwand. Man guckte gebannt, was passiert denn da jetzt, und es war eigentlich in den ersten Tagen relativ ruhig. Es hat rund 14Tage gedauert, zwei Wochen, bis man sah, dass die Liquidität im globalen Finanzsystem eingefroren war. (…) Was das Blut im menschlichen Körper ist, ist die Liquidität im Weltfinanzsystem."
Es war der Beginn einer Krise, deren Nachwirkungen noch heute spürbar sind. Rettungsschirme von hunderten Milliarden Euro wurden aufgespannt und Asmussen war für Deutschland wesentlich daran beteiligt. Vor der Krise hatte er sich wiederholt für eine Deregulierung der Finanzmärkte ausgesprochen, nun musste Jörg Asmussen einsehen, dass diese Sicht nicht zu halten war – und musste Kritik einstecken. <h2>"Heban auch Fehler gemacht"</h2> "Ich habe das immer gesagt, dass man selbst auch Fehler gemacht hat. Daraus muss man dann auch Lehren ziehen für sein weiteres berufliches Arbeiten. Es gab damals in der Tat einen Herdentrieb der Deregulierung. Den gab es in der Wissenschaft, in der Wirtschaft und auch in den Medien. Das war der Mainstream, der damals vorherrschte. Und sicher war man auch Teil dieser Herde."
Den ersten Karriereknick führte Jörg Asmussen selbst herbei: Er schied aus dem Direktorium der EZB aus, um Staatssekretär im Arbeitsministerium zu werden – eine Entscheidung, die er traf, um mehr Zeit mit seinen beiden Töchter in Berlin verbringen zu können. Er habe aber keineswegs die Absicht gehabt, mit diesem Schritt zum Vorzeigemodell des modernen Vaters zu werden, der seine Karriere der Familie unterordnet, sagt der 50-Jährige:
"Ich habe das mit Mario Draghi und anderen Freunden besprochen, dass, wenn ich die EZB verlasse, klar sein muss, ich tue das aus privaten Gründen und nicht, weil ich inhaltlich Kritik an der EZB-Politik übe. (…) Das hat dann eine Eigendynamik gewonnen, die mich auch selbst überrascht hat. Was man da an Mails und Post bekam, das reichte von: ‚Sie sind ein Vorbild‘ bis zu ´Sie sind ein Vollidiot.‘ Das war nicht beabsichtigt, es ist mir ehrlich gesagt auch egal. Ich hatte klare Gründe für meine Entscheidung." <h2>"Du merkst, wer deine echten Freunde sind"</h2> Obwohl ihm die Arbeit als Staatssekretär viel Freude gemacht habe, stand er später kurz vor einem Wechsel zur KfW-Bank, der dann allerdings kurzfristig und völlig überraschend doch nicht zustande kam: Seine Vorstellung, wie sich die Arbeit mit seinem Berliner Familienleben vereinbaren ließe, deckte sich offenbar nicht mit der Vorstellung der Verantwortlichen bei der KfW. Der ehemalige Finanzstar befand sich plötzlich im – vorübergehenden – Ruhestand. Solche Niederlagen, sagt Jörg Asmussen, gehörten dazu, auch wenn es für ihn in dieser Größenordnung das erste Mal passiert sei.
"Das war eine große Enttäuschung. Ich hätte das gerne gemacht. Und du merkst dann eben auch, gerade wenn du ohne Job bist, wer dir noch hilft, wer sich mit dir trifft – da zeigt sich, wer deine echten Freunde sind."
Inzwischen arbeitet Jörg Asmussen in der Privatwirtschaft und berät im Auftrag der US-Investmentbank Lazard Regierungen und Firmen.
"Als Lehman Brothers pleiteging , erreichte uns die Nachricht am frühen Montagmorgen aus den USA. Das hatte niemand von uns bisher gesehen, dass eine so große globale Bank über’s Wochenende verschwand. Man guckte gebannt, was passiert denn da jetzt, und es war eigentlich in den ersten Tagen relativ ruhig. Es hat rund 14Tage gedauert, zwei Wochen, bis man sah, dass die Liquidität im globalen Finanzsystem eingefroren war. (…) Was das Blut im menschlichen Körper ist, ist die Liquidität im Weltfinanzsystem."
Es war der Beginn einer Krise, deren Nachwirkungen noch heute spürbar sind. Rettungsschirme von hunderten Milliarden Euro wurden aufgespannt und Asmussen war für Deutschland wesentlich daran beteiligt. Vor der Krise hatte er sich wiederholt für eine Deregulierung der Finanzmärkte ausgesprochen, nun musste Jörg Asmussen einsehen, dass diese Sicht nicht zu halten war – und musste Kritik einstecken. <h2>"Heban auch Fehler gemacht"</h2> "Ich habe das immer gesagt, dass man selbst auch Fehler gemacht hat. Daraus muss man dann auch Lehren ziehen für sein weiteres berufliches Arbeiten. Es gab damals in der Tat einen Herdentrieb der Deregulierung. Den gab es in der Wissenschaft, in der Wirtschaft und auch in den Medien. Das war der Mainstream, der damals vorherrschte. Und sicher war man auch Teil dieser Herde."
Den ersten Karriereknick führte Jörg Asmussen selbst herbei: Er schied aus dem Direktorium der EZB aus, um Staatssekretär im Arbeitsministerium zu werden – eine Entscheidung, die er traf, um mehr Zeit mit seinen beiden Töchter in Berlin verbringen zu können. Er habe aber keineswegs die Absicht gehabt, mit diesem Schritt zum Vorzeigemodell des modernen Vaters zu werden, der seine Karriere der Familie unterordnet, sagt der 50-Jährige:
"Ich habe das mit Mario Draghi und anderen Freunden besprochen, dass, wenn ich die EZB verlasse, klar sein muss, ich tue das aus privaten Gründen und nicht, weil ich inhaltlich Kritik an der EZB-Politik übe. (…) Das hat dann eine Eigendynamik gewonnen, die mich auch selbst überrascht hat. Was man da an Mails und Post bekam, das reichte von: ‚Sie sind ein Vorbild‘ bis zu ´Sie sind ein Vollidiot.‘ Das war nicht beabsichtigt, es ist mir ehrlich gesagt auch egal. Ich hatte klare Gründe für meine Entscheidung." <h2>"Du merkst, wer deine echten Freunde sind"</h2> Obwohl ihm die Arbeit als Staatssekretär viel Freude gemacht habe, stand er später kurz vor einem Wechsel zur KfW-Bank, der dann allerdings kurzfristig und völlig überraschend doch nicht zustande kam: Seine Vorstellung, wie sich die Arbeit mit seinem Berliner Familienleben vereinbaren ließe, deckte sich offenbar nicht mit der Vorstellung der Verantwortlichen bei der KfW. Der ehemalige Finanzstar befand sich plötzlich im – vorübergehenden – Ruhestand. Solche Niederlagen, sagt Jörg Asmussen, gehörten dazu, auch wenn es für ihn in dieser Größenordnung das erste Mal passiert sei.
"Das war eine große Enttäuschung. Ich hätte das gerne gemacht. Und du merkst dann eben auch, gerade wenn du ohne Job bist, wer dir noch hilft, wer sich mit dir trifft – da zeigt sich, wer deine echten Freunde sind."
Inzwischen arbeitet Jörg Asmussen in der Privatwirtschaft und berät im Auftrag der US-Investmentbank Lazard Regierungen und Firmen.