Volkszählung für Mücken
Seit dem Verschwinden der Malaria aus Deutschland ist das Interesse an Mückenforschung hierzulande nicht mehr besonders groß. Doch durch den Klimawandel sind von Stechmücken übertragene Krankheiten wieder auf dem Vormarsch. Das Projekt "Mückenatlas" soll nun genaue Zahlen über die Plagegeister liefern.
Eine ganz normale Sommernacht – im Norden von Deutschland. Culex pipiens, die gemeine Stechmücke, bringt den Ruhe suchenden Menschen um den Schlaf.
Gewonnen! Wer mit der nächtlichen Mückenjagd allerdings auch der Wissenschaft einen Dienst erweisen will, der muss dem natürlichen Impuls widerstehen und darf auf gar keinen Fall zuschlagen. Dann heißt es ganz vorsichtig fangen, um bloß den fragilen Mückenkörper nicht zu zerstören, einfrieren, Einsendezettel ausdrucken und ausfüllen mit Namen, Fundort und Fundzeit, einpacken – am besten in eine Streichholzschachtel und ab geht's nach Müncheberg, bei Berlin, zu Doreen Werner. Die Entomologin am Zalf, dem Zentrum für Agarlandforschung, ist so etwas wie Deutschlands Mückenpäpstin, auch wenn sie das nicht gerne hört. Zusammen mit Forschern am Friedrich-Löffler-Institut auf der Halbinsel Riems in Vorpommern arbeitet sie an einer Art Zensus von Stechmücken. Die Ergebnisse sind dann nachzulesen auf www.mueckenatlas.de.
"Also wir wissen schon, dass es in Deutschland 49 Arten gibt die sich hier auch entwickeln und die bisher nachgewiesen sind für Deutschland"
49 Arten, von 3500 weltweit. Aber:
"Wir wissen nicht, wo welche Arten vorkommen es kann natürlich sein, dass tropische Arten eingewandert sind, ohne dass wir es wissen, es kann aber auch sein, dass Mücken verschwunden sind aufgrund der Umweltbelastung es kann aber auch sein, dass wir Mückenarten haben, die für die Wissenschaft noch gar nicht als neue Arten erkannt wurden."
Das Interesse an Mückenforschung war in den letzten Jahrzehnten nicht besonders groß.
"Mit dem Verschwinden der Malaria, viele wissen ja nicht, dass wir früher Malaria in Deutschland hatten, aber mit dem Verschwinden der Malaria nach dem Zweiten Weltkrieg ließ das Interesse natürlich nach, weil wir keine Krankheit mehr hatten in Deutschland, die von Stechmücken übertragen wurde."
Bis 2006 die Blauzungenkrankheit, eine Virenerkrankung bei Rindern, Schafen und Ziegen, in Deutschland auftrat. Schnell war klar – das Virus wurde durch einheimische Mücken übertragen, die irgendwie den Erreger aufgenommen haben mussten. Bislang waren Mücken eher lästig, aber weitgehend ungefährlich. Das hat sich geändert, seit immer mehr tropische Mückenarten in Westeuropa heimisch werden. Und gleichzeitig werden heimische Arten zum Wirtstier für exotische Erreger wie das Sindbis-, das Batai- oder das Usutu-Virus. Deshalb arbeiten die Forscher nun an einer Stechmückendatenbank, um einerseits Verbreitung und jahreszeitliches Aufkommen zu dokumentieren und
"Um dann eben zu schauen, was ist in Deutschland an Krankheitserregern unterwegs worauf müssen wir uns gefasst machen aber dann eben auch die Sache zu klären, welche gefährlichen Krankheitserreger könnten denn kommen, und wie ist das Zusammenspiel mit unseren einheimischen Mücken dann."
Für die Risikoabschätzung verlassen sich Doreen Werner und ihre Kollegen aber nicht nur auf den Enthusiasmus der Laienfänger – obwohl der sehr groß ist. Bis jetzt sind rund 1000 Einsendungen aus allen Teilen Deutschlands nach Müncheberg gekommen. Kistenweise Umschläge kommen täglich dazu. Auch wenn sich manche exotische Mücke bei genauerem Hinsehen als Blattlaus oder Fliege entpuppt. Um ein vollständiges Bild zu bekommen setzen die Forscher zusätzlich auch auf Fallen. Eine hängt in einem kleinen Wäldchen in der Nähe von Doreen Werners Büro. Die Mückenfalle enthält einen Duftlockstoff und Kohlendioxid, das die menschliche Atemluft simulieren soll. Folgen die Insekten dem Duft, hindert sie ein kleiner Ventilator in der Falle an der Flucht und sie fallen in ein Netz. Später endet auch das Leben dieser Insekten im Gefrierschrank des Friedrich-Löffler-Instituts. Dort werden sie auf gefährliche Viren untersucht. Danach sind Infektionsversuche geplant, um dem Weg der Viren auf die Spur zu kommen. Doch zurück im Büro setzt sich die Mückenexpertin vors Mikroskop
"Nun haben Sie mir ja ein interessantes Tierchen mitgebracht, also man sieht schon, wie schön das geringelt ist - ich nehm das einfach mal aus dem Becherchen raus und schaue mir das unter dem Mikroskop an. Dazu lege ich das in so eine Petrischale, und dann gucken wir mal, was wir da für interessante Merkmale haben, die braucht man nämlich, um die Mücke bestimmen zu können. Das ist ein ganz aggressiver Blutsauger, den sie da mitgebracht haben - die Mücke hat keinen deutschen Namen .. Ochlorotatus geniculatus."
Blutrünstig, doch harmlos. Aber vielleicht sind unter den Einsendungen, die die Forscher bislang bekommen haben oder noch bekommen, auch noch wissenschaftlich spannendere Exemplare.
Gewonnen! Wer mit der nächtlichen Mückenjagd allerdings auch der Wissenschaft einen Dienst erweisen will, der muss dem natürlichen Impuls widerstehen und darf auf gar keinen Fall zuschlagen. Dann heißt es ganz vorsichtig fangen, um bloß den fragilen Mückenkörper nicht zu zerstören, einfrieren, Einsendezettel ausdrucken und ausfüllen mit Namen, Fundort und Fundzeit, einpacken – am besten in eine Streichholzschachtel und ab geht's nach Müncheberg, bei Berlin, zu Doreen Werner. Die Entomologin am Zalf, dem Zentrum für Agarlandforschung, ist so etwas wie Deutschlands Mückenpäpstin, auch wenn sie das nicht gerne hört. Zusammen mit Forschern am Friedrich-Löffler-Institut auf der Halbinsel Riems in Vorpommern arbeitet sie an einer Art Zensus von Stechmücken. Die Ergebnisse sind dann nachzulesen auf www.mueckenatlas.de.
"Also wir wissen schon, dass es in Deutschland 49 Arten gibt die sich hier auch entwickeln und die bisher nachgewiesen sind für Deutschland"
49 Arten, von 3500 weltweit. Aber:
"Wir wissen nicht, wo welche Arten vorkommen es kann natürlich sein, dass tropische Arten eingewandert sind, ohne dass wir es wissen, es kann aber auch sein, dass Mücken verschwunden sind aufgrund der Umweltbelastung es kann aber auch sein, dass wir Mückenarten haben, die für die Wissenschaft noch gar nicht als neue Arten erkannt wurden."
Das Interesse an Mückenforschung war in den letzten Jahrzehnten nicht besonders groß.
"Mit dem Verschwinden der Malaria, viele wissen ja nicht, dass wir früher Malaria in Deutschland hatten, aber mit dem Verschwinden der Malaria nach dem Zweiten Weltkrieg ließ das Interesse natürlich nach, weil wir keine Krankheit mehr hatten in Deutschland, die von Stechmücken übertragen wurde."
Bis 2006 die Blauzungenkrankheit, eine Virenerkrankung bei Rindern, Schafen und Ziegen, in Deutschland auftrat. Schnell war klar – das Virus wurde durch einheimische Mücken übertragen, die irgendwie den Erreger aufgenommen haben mussten. Bislang waren Mücken eher lästig, aber weitgehend ungefährlich. Das hat sich geändert, seit immer mehr tropische Mückenarten in Westeuropa heimisch werden. Und gleichzeitig werden heimische Arten zum Wirtstier für exotische Erreger wie das Sindbis-, das Batai- oder das Usutu-Virus. Deshalb arbeiten die Forscher nun an einer Stechmückendatenbank, um einerseits Verbreitung und jahreszeitliches Aufkommen zu dokumentieren und
"Um dann eben zu schauen, was ist in Deutschland an Krankheitserregern unterwegs worauf müssen wir uns gefasst machen aber dann eben auch die Sache zu klären, welche gefährlichen Krankheitserreger könnten denn kommen, und wie ist das Zusammenspiel mit unseren einheimischen Mücken dann."
Für die Risikoabschätzung verlassen sich Doreen Werner und ihre Kollegen aber nicht nur auf den Enthusiasmus der Laienfänger – obwohl der sehr groß ist. Bis jetzt sind rund 1000 Einsendungen aus allen Teilen Deutschlands nach Müncheberg gekommen. Kistenweise Umschläge kommen täglich dazu. Auch wenn sich manche exotische Mücke bei genauerem Hinsehen als Blattlaus oder Fliege entpuppt. Um ein vollständiges Bild zu bekommen setzen die Forscher zusätzlich auch auf Fallen. Eine hängt in einem kleinen Wäldchen in der Nähe von Doreen Werners Büro. Die Mückenfalle enthält einen Duftlockstoff und Kohlendioxid, das die menschliche Atemluft simulieren soll. Folgen die Insekten dem Duft, hindert sie ein kleiner Ventilator in der Falle an der Flucht und sie fallen in ein Netz. Später endet auch das Leben dieser Insekten im Gefrierschrank des Friedrich-Löffler-Instituts. Dort werden sie auf gefährliche Viren untersucht. Danach sind Infektionsversuche geplant, um dem Weg der Viren auf die Spur zu kommen. Doch zurück im Büro setzt sich die Mückenexpertin vors Mikroskop
"Nun haben Sie mir ja ein interessantes Tierchen mitgebracht, also man sieht schon, wie schön das geringelt ist - ich nehm das einfach mal aus dem Becherchen raus und schaue mir das unter dem Mikroskop an. Dazu lege ich das in so eine Petrischale, und dann gucken wir mal, was wir da für interessante Merkmale haben, die braucht man nämlich, um die Mücke bestimmen zu können. Das ist ein ganz aggressiver Blutsauger, den sie da mitgebracht haben - die Mücke hat keinen deutschen Namen .. Ochlorotatus geniculatus."
Blutrünstig, doch harmlos. Aber vielleicht sind unter den Einsendungen, die die Forscher bislang bekommen haben oder noch bekommen, auch noch wissenschaftlich spannendere Exemplare.