Vom Bilderpacker zum Kunstmillionär

Von Katja Bigalke |
Der Markt für zeitgenössische Kunst dreht gerade durch. Die Preise haben ein unverschämt hohes Niveau erreicht, das Ende des derzeitigen Booms ist nicht absehbar. Leo Königs Karriere verlief parallel zu diesem Aufschwung der Kunst- er ist quasi die Symbolfigur des Hypes. Der junge deutsche Galerist mit Firmensitz in New York inszeniert sich als trinkfester Draufgänger und beherrscht das knallharte Geschäft in dieser Branche wie kaum ein anderer.
"Ich war in der letzten Woche in Paris mit Frühstück, Mittagessen, Abendessen, Mittwoch, Donnerstag war ich in Stockholm zu 'ner Ausstellungseröffnung. Freitag nach New York, da hatte ich ein Abendessen bis vier Uhr, am nächsten Morgen um zwei aufgewacht, danach ein Essen mit Baselitz und dann nachmittags mit dem Flieger nach Europa."

Leo König, Überflieger des internationalen Kunstbetriebs, ist etwas außer Atem - wie immer. Der 29-Jährige ist für einen Tag nach Schloss Derneburg bei Hildesheim gekommen, um zu kontrollieren, wie die Umbauarbeiten vorangehen. Es ist der frühere Wohnsitz des deutschen Malerfürsten Georg Baselitz. König hat es vor einem Jahr zusammen mit Baselitz' Kunstsammlung an den englischen Milliardär Andrew Hall verkauft. Sein bislang größter Coup, der ihn endgültig in die erste Galeristenreihe weltweit katapultierte.

Zehn Jahre zuvor war der hoch gewachsene, kräftige Mann, der vor der Bundeswehr nach New York geflüchtet war, noch ein namenloser Bilderpacker in Big Apple.
"Meinen Verdienst hab ich mir in Kunstwerken auszahlen lasen. Und dann hatte ich das Gefühl, ich kann das besser, muss eigene Ideen umsetzen und Künstler, die ich interessant fand, die haben immer gesagt: Leo du bist der Richtige, warum machst du das nicht und dann hab ich mir gesagt, mit 21, jetzt machen wir das. Ich hab dann ein paar Zeichnungen verkauft und dann 'ne alte Garage gemietet, eineinhalb Stunden von New York weg. Und da hatte ich meinen ersten Ausstellungsraum."

König legte unglaubliches Tempo vor, organisierte eine Schau nach der anderen. Eine neue Variante des amerikanischen Mythos: Vom Bilderpacker zum Galeristen-Millionär. Kürzlich bezog er neue riesige Räume und der "New Yorker" widmete ihm ein zwanzigseitiges Porträt.

"In Amerika lieben die den jungen Shootingstar. Wenn man selbstbewusst auftritt, das kommt immer gut an. Ich hab dieses Tempo und brauch das auch, sonst wird mir langweilig. Das hätte ich in Deutschland nicht gehabt."

Königs Erfolgsrezept ist - neben dem sicheren Gespür für gute Bilder - der Umgang mit seinen Künstlern. Leben und Geschäft bilden bei ihm eine Einheit, seine Künstler sind seine Freunde, auch jetzt hat er wieder ein paar von ihnen im Schlepptau.

"Ich umgebe mich mit Künstlern, mit denen ich durch die Weltgeschichte reise oder hier, wenn man dann in die Dorfkneipe geht, dann kann man wunderbar da sitzen und sich ohne Unterbrechung drei, vier Stunden unterhalten. Das gehört auch dazu - man muss das ja auch erst mal verstehen, um das vermitteln zu können. Das ist das Wasser und Brot."

König ist bekannt dafür, mit seiner Künstler-Clique um die Häuser zu ziehen, tolle Partys zu geben und auch schon mal in eine Prügelei zu geraten. Das Rüpel-Image hat er sorgsam gepflegt, dabei ist er im persönlichen Umgang durchaus nett. Und auch seinen großen Erfolg trägt er nicht übermäßig zur Schau - einziges Indiz ist die silberne Rolex am Arm. Er hat zwar Spaß am Geschäft, aber Geld interessiert ihn deutlich weniger als gute Bilder. Die sind für ihn wie Rock 'n' Roll: Ganz echt.

"Ich hab kein Interesse an Leuten, die meine Arbeit benutzen, um reicher zu werden. Für mich ist es interessanter mit Sammlern zu arbeiten, die das aus 'nem philanthropischen Antrieb machen. Wenn ich Geldberater wäre, würde ich bei 'ner Bank arbeiten und wahrscheinlich mehr Geld verdienen."

Die Beschäftigung mit der Kunst ist bei König durch die Familie geprägt. Sein Vater Kasper König ist als Leiter des Museums Ludwig in Köln einer der einflussreichsten deutschen Kuratoren, seine Mutter war als Kunstbuchhändlerin mit vielen berühmten Malern befreundet. Aber der Sohn pocht auf seinen eigenen Weg zur Kunst.

"Die Welt hat sich verändert, die Werte, ist 'ne andere Einstellung. Ich hab 'nen wesentlich zeitgenössischeren Bezug. Ich bin anders aufgewachsen und ich denke anders. Ich habe eine manische Haltung, mein Vater ist kalkulierter und intellektueller. Er hat auch nichts mit Handel zu tun - mich interessiert aber auch das Kommerzielle."

Leo König hat noch viel vor. Auf die Rüpel-Phase soll nun die seriöse folgen, seinen Jugendbonus bezeichnet er als verbraucht. Eine Galeristen-Legende wie Larry Gagosian will er einmal werden. Aber ein Spaziergang wird das nicht - selbst für ein Energiebündel wie ihn.
"Ich weiß auch nicht, wie lange ich das durchhalte: Das ist irrsinnig anstrengend - allein das Soziale, jeden Abend auf 'nen Essen oder Trinken - das ist ein knallharter Job."