Vom Comedian zum Kult-Regisseur

Von Sigrid Fischer |
In seinem neuen Dokumentarfilm zeichnet der US-amerikansiche Regisseur Robert B. Weide die über 50 Jahre währende Karriere des Universalkünstlers Woody Allen nach - vom Sketche schreibenden Schüler bis zum gefeierten Autorenfilmer.
Robert B. Weide: "Genau, wie er sagt: 'Wer soll denn einen Film über mich drehen wollen?' Sagt er auch: 'Warum sollte jemand einen Film über mich sehen wollen? Ich bin kein bedeutender Regisseur, kein Bergman, kein Fellini!'"

Typisch Woody Allen, der auch meint, er habe bisher keinen wirklich bedeutenden Film gedreht. Ihm fehle es an Geduld, Konzentration und Hingabe, sagt er, die brauche man aber, um ein großer Künstler zu sein. Er schaue lieber ein Baseballspiel im Fernsehen.

Falsche Bescheidenheit sei das nicht, meint Robert B. Weide im Interview zu seiner Dokumentation über Woody Allen:

"Er beklagt sich ja nicht, er akzeptiert es. Er meint eben, er habe nie etwas Bleibendes wie De Sicas 'Fahrraddiebe' oder Renoirs 'Die große Illusion' geschaffen. Er hat eine psychologische Blockade, wenn es um den Wert seiner Arbeit geht."

Nicht mal "Manhattan" oder "Der Stadtneurotiker" hält seinem strengen Urteil stand. Wie in den meisten Interviews lässt sich Woody auch von Weide nicht wirklich in die Karten schauen. Trotzdem folgt man dem Zwangs-New-Yorker gerne an die Orte seiner Kindheit in Brooklyn, oder in sein Allerheiligstes: das Schlaf- und Arbeitszimmer. Wie ein kleiner Junge hockt er auf dem Bett und lüftet seine Schatzkiste mit Hunderten von Ideenzetteln darin. Oder er sitzt an der alten, deutschen Olympia-Reiseschreibmaschine, die er mit 16 gekauft und auf der er jeden seiner Texte getippt hat.

"Woody ist kein großer Fan von Veränderungen. Er ist sehr altmodisch. Wenn für ihn etwas einmal funktioniert, möchte er es nicht anders machen. Aber er besitzt ein iPhone, benutzt es aber nur als Telefon, zum Musikhören und für den Wetterbericht."

Auch das computertypische "Copy & Paste"-Verfahren beherrscht Woody - allerdings auf seine Art: mit Schere und Heftklammern tackert er handgeschriebene Notizen ins getippte Manuskript. Umständlich sei das schon, gibt er zu.

Immerhin könne er blind tippen, führt er stolz vor. Von diesen kleinen Momenten lebt Weides Dokumentation, die insgesamt wenig Überraschendes bietet, mit einem Best-of von Filmausschnitten aus 46 Regiejahren, mit frühen Auftritten als Stand-up-Comedian, dazu Statements von Weggefährten wie Dick Cavett, Diane Keaton, Sean Penn. Und man erlebt den Medienprofi Woody Allen, der in Pressekonferenzen und Interviewrunden auch heute noch Beispiele seiner Stand-up-Qualitäten zum besten gibt.

"Er sieht da Parallelen. Er sagt: 'Ich weiß, dass ich unterhaltsam und charmant sein muss. Es ist einfach für mich, die Leute mit Witzen zu unterhalten. That's part of it!'"

"Woody Allen - A Documentary" ist eher ein Film für Woody-Einsteiger als für Woody-Kenner. Was sein Genie ausmacht, woraus sich die Substanz seiner Arbeit speist - darüber erfährt man leider nichts. Aber man bekommt Lust, seine Filme noch mal anzuschauen.

Links bei dradio.de:
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