Vom Malen und vom Leben

22.09.2005
Er selbst sieht die Ausstellung als eine große Herzmaschine, in der die Besucher die roten und weißen Blutkörperchen bilden. Jörg Immendorff hat die große Retrospektive in der Neuen Nationalgalerie selbst gestaltet und setzt damit auch ein Zeichen gegen seine schwere Krankheit. Deutschlandradio Kultur sprach mit dem Künstler über die Ausstellung, seine Arbeit und seine Krankheit.
Auszüge aus dem Gespräch:

Im Deutschlandradio Kultur sagte Jörg Immendorff zur dominierenden Farbe Rot in der Ausstellung: "Es erinnert etwas an Arterie, es hat etwas Organisches, große Herzmaschine, und dieser Vergleich gefällt mir sehr gut, weil dann die Betrachter rote und weiße Blutkörperchen spielen und durch diese Bahnen gehen und diese Bahnen ausfüllen. Und das ist ein sehr interessanter Vergleich in meinen Augen, weil wir uns über dieses Symbol der Frage wieder etwas frischer nähern, was soll der Betrachter eigentlich, was will der Künstler eigentlich mit seiner Kunst, wo platzieren wir heute Kunst. (…) Sie kennen doch die Frage, was ist ein politischer Künstler. Die letzte Katze von Picasso oder die letzte Blumenvase von Gauguin, das war alles politisch. (…) Aber doch nicht propaganda-politisch und nicht partei-politisch, sondern menschen-politisch. "

Deutschlandradio Kultur: 1998 wurde bei Ihnen ALS diagnostiziert, eine schwere Nervenkrankheit. Ist diese Ausstellung auch ein Zeichen, ganz offensiv mit dieser Krankheit umzugehen, anstatt mit ihr zu hadern?

Immendorff: " Heute geht es mir sehr gut und ich nehme nur unfreiwillig Rücksicht auf meine Krankheit. Wenn ich betreut werden muss, ist das eher zum Leidwesen meiner Mitarbeiter. (…) Ich muss mich aufrüsten, ich muss einfach daran glauben, dass alles möglich ist."

Deutschlandradio Kultur: Inwieweit beeinflusst die Krankheit auch inhaltlich Ihre Arbeit?

Immendorff: "Was die neuen Dinge angeht, so sehe ich das eher als Komposer und Dirigent. Das ist meine Linie und ich erstelle Partituren, also früher waren die Vorgaben vielleicht eindeutiger, heute bürde ich den Leuten noch mehr auf, weil ich gelernt habe, gerade die härteste Prüfung ist auch ein Zeichen dafür, wie hoch mein Respekt dem Gegenüber ist. Und ich traue eben allen das Schwerste zu."

Den Link zum vollständigen Gespräch finden Sie in der rechten Spalte.
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