Vom Traum zum Terror
Es sollten heitere und beschwingte Spiele werden. Deutschland wollte sich als weltoffen und tolerant präsentieren. Statt in Uniformen mischten sich modisch gekleidete und unbewaffnete Sicherheitskräfte unter Sportler und Publikum. Doch ein Terroranschlag zerstörte den Traum.
"Ich erkläre die Olympischen Spiele München 1972 zur Feier der 20. Olympiade der Neuzeit für eröffnet."
Bundespräsident Gustav Heinemann am 26. August 1972 im neu erbauten Münchner Olympiastadion. 36 Jahre nachdem Hitler die Berliner Olympiade für seine Nazi-Ideologie missbraucht hatte, wollte sich die westdeutsche Bundesrepublik als friedliche und offene Demokratie präsentieren.
7000 Athleten aus 122 Ländern nahmen an 195 Wettbewerben teil. Zwei Milliarden Mark waren für moderne Infrastruktur und neue Sportanlagen investiert worden. Der Olympiapark mit Stadion und markantem Zeltdach wurde schnell zu einem modernen, weltweit bekannten Wahrzeichen. Alles war perfekt geplant. Es sollten fröhliche Spiele werden:
"In bunten farbenprächtigen Röcken die Mädchen. Die Männer mit großen Sombreros. Vorneweg ein Lassoschwinger, von der rechten, von der anderen Seite, da kommt eine gestandene bayerische Blaskapelle herein …"
Nach zehn Tagen aber, in denen der US-Schwimmer Mark Spitz zum Superstar mit sieben Goldmedaillen avancierte, die DDR und die Bundesrepublik erstmals getrennt Medaillen einsammelten, schlug die heitere Stimmung in jähes Entsetzen um. Obwohl es Warnungen vor Anschlägen gegeben hatte, wurden sie ignoriert. Die Sicherheitsvorkehrungen waren entsprechend dürftig. Nichts sollte das Bild der heiteren Spiele stören. Am Morgen des 5. September 1972 überfielen acht Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" ein Appartement im Olympischen Dorf und nahmen elf israelische Sportler als Geiseln. Zwei von ihnen wurden nach Gegenwehr erschossen. Einer der Ersten, der informiert wurde, war der Bürgermeister des Olympischen Dorfes, Walther Tröger:
"Wir sind angerufen worden. Ich habe mit meiner Familie zusammen eine kleine Wohnung gehabt im Olympischen Dorf. Meine Frau war am Telefon, es war kurz nach fünf Uhr, soweit ich mich erinnere. Und ihr wurde nur gesagt, ich möge runterkommen, es sei etwas passiert."
Andere wie die Sportler aus dem DDR-Appartement, das in der direkten Nachbarschaft zu den Israelis lag, wurden nur zufällig Zeugen. Ruder-Olympiasieger Wolfgang Gunkel:
"Ich war mit der Erste, der unten aus dem Fahrstuhl kam, und auf der anderen Straßenseite, also zehn, zwölf Meter entfernt, stand ein Terrorist mit einer Strumpfmaske und hat die Knarre durchgeladen und gebrüllt, wir sollten wieder in den Fahrstuhl reingehen. In dem Moment denkt man, das ist ein Joke und weil man ja mit Terroristen nichts zu tun hatte."
Die mit Sturmgewehren und Handgranaten bewaffneten Terroristen verlangten die Freilassung von 236 in Israel inhaftierten Palästinensern. Inzwischen hatte sich ein Krisenstab um Innenminister Hans-Dietrich Genscher und Walther Tröger formiert. Die israelische Regierung lehnte eine Freilassung kategorisch ab. Die deutsche Seite musste auf Zeit spielen. Schließlich boten sich Genscher und auch andere als Tausch für die Geiseln an, was aber abgelehnt wurde. Genscher versuchte auf der anschließenden Pressekonferenz, die Ausweglosigkeit der Lage zu beschreiben.
"In dem Raum befanden sich zwei mit einer Maschinenpistole bewaffnete Araber, zu denen sich dann noch andere hinzugesellten. Das zeigte aber, dass bei dem Versuch einer gewaltsamen Befreiung das Risiko, dass diese neun Geiseln, die sich nicht bewegen und wehren konnten, erschossen worden wären, praktisch einhundertprozentig war."
Was sich dann im Laufe des Tages aber entwickelte, gehört zu dem bis dahin schlimmsten Versagen deutscher Sicherheitsbehörden. In einem letzten Ultimatum verlangten die Terroristen, mit ihren Geiseln in ein arabisches Land ausgeflogen zu werden. Zwei Hubschrauber brachten sie zum Flughafen Fürstenfeldbruck, auf dem eine Boeing mit laufendem Triebwerk stand. Dort sollten die Terroristen überwältigt werden. Doch die Polizei handelte planlos. Nur fünf Scharfschützen statt der erforderlichen acht waren anwesend. Statt vorhandener Präzisionswaffen gab es nur einfache Sturmgewehre. Als ein Polizist ohne Absprache das Feuer eröffnete, begann eine zweistündige Schießerei, an deren Ende alle Geiseln tot waren sowie ein Polizist und fünf der acht Terroristen. Nach einer zweitägigen Unterbrechung mit Trauerfeier wurde die Olympiade schließlich weitergeführt.
"Als Konsequenz aus dem Desaster kündigte Innenminister Genscher wenige Tage später die Gründung der GSG 9 an, der Spezialeinheit zur Terrorbekämpfung. Die heiteren Spiele aber waren beendet."
Bundespräsident Gustav Heinemann am 26. August 1972 im neu erbauten Münchner Olympiastadion. 36 Jahre nachdem Hitler die Berliner Olympiade für seine Nazi-Ideologie missbraucht hatte, wollte sich die westdeutsche Bundesrepublik als friedliche und offene Demokratie präsentieren.
7000 Athleten aus 122 Ländern nahmen an 195 Wettbewerben teil. Zwei Milliarden Mark waren für moderne Infrastruktur und neue Sportanlagen investiert worden. Der Olympiapark mit Stadion und markantem Zeltdach wurde schnell zu einem modernen, weltweit bekannten Wahrzeichen. Alles war perfekt geplant. Es sollten fröhliche Spiele werden:
"In bunten farbenprächtigen Röcken die Mädchen. Die Männer mit großen Sombreros. Vorneweg ein Lassoschwinger, von der rechten, von der anderen Seite, da kommt eine gestandene bayerische Blaskapelle herein …"
Nach zehn Tagen aber, in denen der US-Schwimmer Mark Spitz zum Superstar mit sieben Goldmedaillen avancierte, die DDR und die Bundesrepublik erstmals getrennt Medaillen einsammelten, schlug die heitere Stimmung in jähes Entsetzen um. Obwohl es Warnungen vor Anschlägen gegeben hatte, wurden sie ignoriert. Die Sicherheitsvorkehrungen waren entsprechend dürftig. Nichts sollte das Bild der heiteren Spiele stören. Am Morgen des 5. September 1972 überfielen acht Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation "Schwarzer September" ein Appartement im Olympischen Dorf und nahmen elf israelische Sportler als Geiseln. Zwei von ihnen wurden nach Gegenwehr erschossen. Einer der Ersten, der informiert wurde, war der Bürgermeister des Olympischen Dorfes, Walther Tröger:
"Wir sind angerufen worden. Ich habe mit meiner Familie zusammen eine kleine Wohnung gehabt im Olympischen Dorf. Meine Frau war am Telefon, es war kurz nach fünf Uhr, soweit ich mich erinnere. Und ihr wurde nur gesagt, ich möge runterkommen, es sei etwas passiert."
Andere wie die Sportler aus dem DDR-Appartement, das in der direkten Nachbarschaft zu den Israelis lag, wurden nur zufällig Zeugen. Ruder-Olympiasieger Wolfgang Gunkel:
"Ich war mit der Erste, der unten aus dem Fahrstuhl kam, und auf der anderen Straßenseite, also zehn, zwölf Meter entfernt, stand ein Terrorist mit einer Strumpfmaske und hat die Knarre durchgeladen und gebrüllt, wir sollten wieder in den Fahrstuhl reingehen. In dem Moment denkt man, das ist ein Joke und weil man ja mit Terroristen nichts zu tun hatte."
Die mit Sturmgewehren und Handgranaten bewaffneten Terroristen verlangten die Freilassung von 236 in Israel inhaftierten Palästinensern. Inzwischen hatte sich ein Krisenstab um Innenminister Hans-Dietrich Genscher und Walther Tröger formiert. Die israelische Regierung lehnte eine Freilassung kategorisch ab. Die deutsche Seite musste auf Zeit spielen. Schließlich boten sich Genscher und auch andere als Tausch für die Geiseln an, was aber abgelehnt wurde. Genscher versuchte auf der anschließenden Pressekonferenz, die Ausweglosigkeit der Lage zu beschreiben.
"In dem Raum befanden sich zwei mit einer Maschinenpistole bewaffnete Araber, zu denen sich dann noch andere hinzugesellten. Das zeigte aber, dass bei dem Versuch einer gewaltsamen Befreiung das Risiko, dass diese neun Geiseln, die sich nicht bewegen und wehren konnten, erschossen worden wären, praktisch einhundertprozentig war."
Was sich dann im Laufe des Tages aber entwickelte, gehört zu dem bis dahin schlimmsten Versagen deutscher Sicherheitsbehörden. In einem letzten Ultimatum verlangten die Terroristen, mit ihren Geiseln in ein arabisches Land ausgeflogen zu werden. Zwei Hubschrauber brachten sie zum Flughafen Fürstenfeldbruck, auf dem eine Boeing mit laufendem Triebwerk stand. Dort sollten die Terroristen überwältigt werden. Doch die Polizei handelte planlos. Nur fünf Scharfschützen statt der erforderlichen acht waren anwesend. Statt vorhandener Präzisionswaffen gab es nur einfache Sturmgewehre. Als ein Polizist ohne Absprache das Feuer eröffnete, begann eine zweistündige Schießerei, an deren Ende alle Geiseln tot waren sowie ein Polizist und fünf der acht Terroristen. Nach einer zweitägigen Unterbrechung mit Trauerfeier wurde die Olympiade schließlich weitergeführt.
"Als Konsequenz aus dem Desaster kündigte Innenminister Genscher wenige Tage später die Gründung der GSG 9 an, der Spezialeinheit zur Terrorbekämpfung. Die heiteren Spiele aber waren beendet."