Vom Übersetzer bis zum Helfer für alles

Flüchtlinge im Bundesfreiwilligendienst

Infotag zu Deutschsprachkursen für Flüchtlinge in der Generatorenhalle auf dem alten Straßenbahndepotgelände in Augsburg (Bayern) am 20.10.2015.
Flüchtlinge, die im Bundesfreiwilligendienst arbeiten möchten, brauchen eine Arbeitserlaubnis. © imago/epd
Von Kemal Hür |
Seit Dezember 2015 können auch Flüchtlinge den Bundesfreiwillendienst leisten, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Familien- und Sozialministerin Manuela Schwesig stellte jetzt die ersten davon vor. Ihr Einsatzort: eine Berliner Grundschule oder auch eine Kindereinrichtung in Brandenburg.
Die Willkommensklasse der Leo-Lionni-Grundschule in Berlin-Wedding singt ein Lied in mehr als zehn Sprachen. Die zwölf Flüchtlingskinder sind zwischen zehn und zwölf Jahren und lernen in dieser Klasse Deutsch. Sie kommen aus zehn verschiedenen Ländern und sind erst seit einigen Monaten in Deutschland. Heute besucht die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig ihre Klasse.
"Ich bin Manuela Schwesig. Ich bin eure Kinderministerin; das heißt ich bin in Deutschland verantwortlich für die Kinder."
Schwesigs Besuch gilt aber nicht nur den Kindern, sondern vor allem einem jungen Mann in der Klasse, der hier seinen Bundesfreiwilligendienst leistet: Mohammed Rahal. Der 22-Jährige ist als Kind einer palästinensischen Flüchtlingsfamilie in Berlin geboren. Er unterstützt die Klassenlehrerin im Unterricht und die Erzieherinnen im Hort. Im Rahmen seines Freiwilligendienstes möchte er seine Fachhochschulreife absolvieren und später Lehrer werden. Rahal hilft den Kindern nicht nur als Sprachmittler, er ist für sie auch ein Vorbild und ein Wertevermittler, sagt er.
"Was für Werte ich ihnen vermittle, ist, dass ich da bin, dass ich für sie eine Brücke zwischen Herkunft und Zukunft habe und selbst den Weg geebnet habe, den sie noch vor sich haben; sozusagen, dass ich selbst ein Flüchtlingskind war und den Weg gemacht habe, den sie noch vor sich haben."
Damit bringt Mohammed Rahal kulturelle Erfahrungen mit, die der Klassenlehrerin Ina Orbitz die Arbeit erleichtern, sagt sie.
"Gerade in sozialen Konflikten auch; er nimmt sich dann einen Jungen zur Seite und spricht mit ihm auf Arabisch. Dann ist er natürlich wichtig bei den Elterngesprächen."
10.000 Bufdi-Plätze für die Flüchtlingsarbeit
Zurzeit gibt es bundesweit 35.000 Stellen für Bundesfreiwilligendienst-Leistende, kurz Bufdis. Am 1. Dezember des vergangenen Jahres wurden diese Plätze um 10.000 Stellen für die Flüchtlingsarbeit aufgestockt. Mohammed Rahal gehört zu den ersten 900 Personen, die neu eingestellt wurden - darunter gut 140 Asylberechtigte. Die meisten stammen aus Syrien, Iran, Afghanistan und dem Irak. Familienministerin Schwesig ist mit dem Auftakt zufrieden.
"Ziel ist es, die Flüchtlingsarbeit vor Ort zu unterstützen, die Kräfte zu entlasten, aber auch den Flüchtlingen die Möglichkeit zu geben, mitzumachen. Sie zeigen damit, dass sie nicht nur Unterstützung brauchen, sondern dass sie auch selber Unterstützung geben können. Viele Flüchtlinge, die zu uns kommen, können etwas. Wir sollten auch ihre Potenziale nutzen. Und der Bundesfreiwilligendienst ist eine Möglichkeit für Flüchtlinge, mitzumachen und der Gesellschaft zu zeigen: Wir beteiligen uns an dieser Aufgabe."
Flüchtlinge, die als Bufdis arbeiten möchten, brauchen eine Arbeitserlaubnis. Diese können sie nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland bekommen, wenn sie Aussicht auf eine Anerkennung ihres Asylgesuchs haben. Zwei junge syrische Frauen, die Arbeitserlaubnisse bekommen konnten, arbeiten als Bufdis in einer Kindereinrichtung in Schwedt. Auch sie sind heute in die Berliner Grundschule gekommen und berichten der Familienministerin von ihrer Arbeit. Da die beiden erst noch Deutsch lernen, hilft ihnen eine Dolmetscherin.
"Wir freuen uns sehr, dass wir diese Gelegenheit haben, nicht zu Hause zu sitzen, sondern rauszugehen, was machen zu können. Der Umgang der Menschen mit uns ist unglaublich freundlich. Wir stoßen auf sehr viel Resonanz."
Schwesig: "Sehr schön. Vielen Dank."