Von Adelheid Wedel

Die "Süddeutsche" interviewt den neuen Hamburger Tatort-Kommissar Mehmet Kurtulus. Der "Tagesspiegel" fragt nach dem richtigen Maß an Bundesbeteiligung in der Berliner Kultur. Die FAZ durchleuchtet die englische Gesellschaft hinsichtlich ihrer sozialen Durchlässigkeit. Und die "Welt" freut die Euphorie bei Christoph Schlingensiefs Wagner-Inszenierung in Brasilien.
Es ist kein allzu großer Artikel in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, aber er kündigt etwas Neues an: Die Universität Göttingen eröffnete am Wochenende feierlich das literaturwissenschaftliche Promotionskolleg "Wertung und Kanon". Als neu hebt die FAZ dabei hervor:

"Hier geht es nicht um die universitätsübliche reine Wissenschaft, sondern um ein Kolleg, das junge Menschen zugleich bei der Doktorarbeit und auf dem Weg in die außeruniversitäre Arbeit begleiten soll."

Angestrebt wird die enge Verbindung zwischen Theorie und Praxis, Literatur und Öffentlichkeit. Praktika gehören zur Ausbildung und werden koordiniert, die Volkswagen Stiftung unterstützt das Vorhaben mit einer passablen Summe. Hoffnungsvoll schreibt die FAZ:

"Wenn dieses Kolleg nicht als schräges folgenloses Experiment endet, sondern mit seiner Hinwendung zur Praxis in den Geisteswissenschaften Schule - Hochschule - machte, wäre einiges gewonnen."

Den neuen Tatort-Kommissar, der demnächst im Hamburger Milieu ermitteln wird, Nachfolger also von Manfred Krug und Robert Atzorn, stellt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG im Interview vor. Der Deutsch-Türke Mehmet Kurtulus, der bereits in mehreren Filmen von Fatih Akin mitgespielt hat, unter anderem in "Gegen die Wand", freut sich auf die Rolle:.

"Mich reizt die Aufgabe schauspielerisch. Ich leiste Tatort-Pionierarbeit, dessen bin ich mir bewusst, als deutscher Schauspieler mit Migrationshintergrund. Das hat sicher auch eine gesellschaftspolitische Tragweite. Allein durch meine Präsenz trägt der NDR zur Integrationspolitik in Deutschland bei."

Er werde versuchen, auf die Entwicklung der Rolle Einfluss zu nehmen, dazu wurde er vom NDR ausdrücklich eingeladen. Das werde sich aber nicht allein in Migrationsthemen manifestieren, sagt Kurtulus. Und in seinen Worten:

"Es wird keine Multikulti-Soße ausgegossen.""

Angeregt durch die Entscheidung zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses/Humboldt-Forums stellt der TAGESSPIEGEL die Frage:

"Wie viel Bund braucht die Berliner Kultur?"

Rüdiger Schaper meint:

"Der Bund ist tapfer, er hat Berlin seit der Vereinigung schon viel geholfen."

Erfreulicherweise nicht, um sich zum obersten Kulturherren aufzuschwingen, sondern vor allem, um den Berliner Kulturhaushalt zu entlasten. Und deswegen wird immer wieder neu darüber nachgedacht, welche Einrichtungen der Bund in Berlin finanzieren soll. Welche sollten folgen? Im Gespräch ist seit langem die Staatsoper Unter den Linden. Der TAGESSPIEGEL beurteilt sechs große Kultureinrichtungen in Berlin und findet zum Beispiel heraus: Der Gropiusbau sollte an Berlin zurückgehen, die Stadt sollte ihn selbst nutzen. Zu wenig Impulse für die Republik gingen von der Akademie der Künste aus und:

"Niemand würde es den Berliner Philharmonikern verdenken, wenn sie sich in die Obhut des Bundes sehnten."

Reichlich Diskussionsstoff also für die kulturelle Zukunft der Hauptstadt.

Aus den Klatschspalten der Zeitungen zieht die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG die Trennungsgeschichte von Kate Middleton und Prinz William heraus und fragt:

"Wie offen ist die britische Gesellschaft wirklich?"

Gina Thomas negiert die Ansicht von Englands versteinerter Klassengesellschaft und betont stattdessen die Durchlässigkeit der britischen Gesellschaft. Es seien eher die Möchtegerne, die Wert auf diese Unterschiede zwischen Ober- und Unterschicht legten.

"Die Königin mit ihren Tupperwarebehältern auf dem Frühstücktisch scheint jedenfalls über diesen Dingen zu stehen."

Christoph Schlingensiefs Opernpremiere am Wochenende von Richard Wagners "Fliegender Holländer" im brasilianischen Manaus findet verwundert-verständnisvolle Aufnahme in den Feuilletons. Der TAGESSPIEGEL schreibt:

"Der Aufführung ist weder Musik noch Story heilig. Knallbunt prunken die klassischen Kostüme der rituellen Feste und ungezählte Einwohner einer Favela hat Schlingensiefs Team zum Mitmachen bewegen können."

Obwohl teilweise schauderhaft gesungen wird, fasst die WELT ihr Urteil über den "Latino-Holländer" so zusammen:

"Statisten, Chor, Sänger, Orchester und Publikum in kollektiver Beglückung: der totale Wagner-Wahnsinn."