Von Adelheid Wedel

Die "Frankfurter Rundschau" analysiert die Arbeit von Kulturstaatsminister Bernd Neumann, "Die Welt" erinnert an den 150. Todestag von Joseph von Eichendorff, und mehrere Blätter rezensieren Florian Havemanns Autobiografie.
"Kulturstaatsminister Bernd Neumann gibt viel zusätzliches Geld aus. Ist es auch richtig eingesetzt?"

Fragt Harry Nutt in der FRANKFURTER RUNDSCHAU. Ein wenig mokiert er sich über die Siegerpose des Staatsministers, der sich in der Rolle des Erfolgreichen gefalle.

"Die Zeit der Bescheidenheit ist vorbei."

Dennoch, Neumanns Auftritte seien zwar selten glamourös, aber nie peinlich.

"Er gibt sich als jemand, der Vorschläge macht. Und er versteht, den unverhofften Reichtum seines Hauses erfolgssichernd einzusetzen",

bescheinigt ihm der Autor und goutiert offensichtlich, dass überwiegend ins kulturelle Erbe investiert wird. Die Beschenkten sind bekannt, die Lindenoper in Berlin, die Stiftung Weimarer Klassik, die Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten, der Denkmalschutz, das Festspielhaus Bonn. Mit einer kleinen Kurskorrektur zitiert er die Direktorin der Kulturstiftung des Bundes, Hortensia Völckers:

"Erhaltung sei wichtig, aber sie dürfe nicht zu einer Musealisierung führen. Es müssen neue Projekte und auch mehr Ideen entwickelt werden, wie wir das kulturelle Erbe an die nachwachsende Generation vermitteln. Das kulturelle Erbe" aber, kommentiert Nutt, "ist im Amtsverständnis von Bernd Neumann eine Art gut verzinstes Festgeld."

Vor allem runde Jubiläen holen uns das Erbe in die Gegenwart. Ein solches Datum ist an diesem Montag der 150. Todestag von Joseph von Eichendorff. In der Tageszeitung DIE WELT hebt Wolf Lepenies zum Lobgesang an:

"Zu den Wundern, die er dem Alltag abzauberte, gehört neben vielen Gedichten der 'Taugenichts'. Diese Erzählung ist - mehr als der Faust und gewiss mehr als die Nibelungen - unsere sympathischste Nationaldichtung."

Und seltsam modern klingt ein von Lepenies ausgewähltes Zitat Eichendorffs:

"Ein Philister ist, wer mit nichts geheimnisvoll und wichtig tut, wer die hohen Dinge materialistisch und also gemein ansieht, wer sich selbst als goldenes Kalb in die Mitte der Welt setzt und es ehrfurchtsvoll anbetend umtanzt."

Die BERLINER ZEITUNG preist Eichendorffs Werk als

"bedeutsam, jung und schön. Eichendorff ist der Unheimliche, der Dichter des Irrewerdens an sich selbst und an der Welt. Generationen lang führten die Deutschen den Dichter im Munde, oft ohne seinen Namen zu kennen."

Und noch einmal Dichtung: Der TAGESSPIEGEL druckt, leicht gekürzt, die Dankesrede von Wilhelm Genazino, der am Sonntag im Berliner Ensemble den Kleist-Preis erhielt. Die drehte sich um "Kleists Begriff von Tapferkeit" und "seinen schleichenden Tod im frühbürgerlichen Überlebenskampf." Der Schauspieler Ulrich Matthes lobte bei der Preisverleihung das "Unideologische" an Genazinos Werk und seinen "Humor, der nicht ironisch, sondern pure Empathie" sei.

Am Montag erscheint Florian Havemanns Autobiografie als "Drachenkampf mit dem Vater", wie die BERLINER ZEITUNG schreibt. In seiner Rezension arbeitet Volker Müller heraus, dass es "seine", Florian Havemanns, "Wahrheiten sind", die da ausgebreitet werden.

Bemängelt wird die "Weitschweifigkeit", in der die Hassliebe zwischen ihm und seinem Vater, dem führenden Dissidenten der DDR Robert Havemann, erzählt wird:

"Man muss sich durch Textmasse hindurchschlagen, um dann aber konfrontiert zu werden mit manchem Problemstoff."

Distanziert auch der Blick von Yaak Karsunke in der FRANKFURTER RUNDSCHAU auf das 1100 Seiten starke Buch aus dem Suhrkamp Verlag. Es enthalte "allerlei Ehrenrühriges und Abstoßendes über 'Papi'", sei "eine monströs aufgeschwemmte Klatschkolumne" voller "verbaler Wichtigtuerei, völlig humorfrei. Diese Geschwätzigkeit mag Florian Havemann für Produktivität halten", schreibt Karsunke.

""Der tatsächliche Ertrag bleibt gering. Erst auf Seite 1026 findet sich die Erkenntnis: 'Ich leide offensichtlich unter Wiederholungszwang'"."

Das wird der Leser bis dahin längst gemerkt haben.