Von Adelheid Wedel

Die "SZ" berichtet über die Proteste gegen Ungarns Kulturpolitik. Nach Weißrussland blickt die "FAZ" und berichtet über die Folgen der großen Kundgebung in Minsk. Und in Berlin regt sich Widerstand gegen ein Prestigeprojekt des Regierenden Bürgermeisters Wowereit, schreibt die "Berliner Zeitung".
Die Proteste gegen Ungarns Kulturpolitik spitzen sich zu. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG druckt einen Artikel von Michael Frank, in dem beklagt wird, dass

"die nationalistische Regierung die Schlüsselstellen in Museen, Opern, Universitäten oder Archiven mit parteitreuen Leuten besetzt."

Der Autor sieht da "magyarisches Pathos" heraufziehen, das

"mit einer Art Puszta-Lederhosen-Stil das Land zu verheeren beginnt."

Ungarische Intellektuelle warnen vor einer Gleichschaltung des gesamten Kulturbetriebes. Der Schriftsteller György Konrad "redet von einer neuen Art der Diktatur". Andras Schiff, gegen den wegen seiner Kritik am Mediengesetz eine Hetzkampagne läuft, "tritt vorerst nicht mehr in seinem Heimatland auf." Ihm sind Daniel Barenboim und andere in einer Deklaration beigesprungen. Der Philosoph Gáspár Miklós Tamás verurteilt

"in einem dramatischen Appell einen rechten Angriff auf die Freiheit und die Intellektuellen."

Regierungschef Orban hingegen

"propagiert die Machtübernahme seiner FIDESZ als 'Revolution'."

Menschen, die da nicht mitspielen, werden "in die Riege der Landesverräter, Schwuchteln und Juden eingereiht. Kritische Geister werden" auch "als Nestbeschmutzer und als Bande geschmäht."

Die SZ druckt außerdem einen Aufruf von Jürgen Habermas und Julian Nida-Rümelin mit dem Titel" Schützt die Philosophen!" Dort heißt es:

"Wir machen uns Sorgen um das politische und berufliche Schicksal ungarischer Kollegen."

Die beiden Philosophen machen öffentlich, dass die regierungstreue Presse gegen einen um Agnes Heller, Mihály Vajda und Sándor Radnóti unbestimmt erweiterten Kreis liberaler Philosophen hetzt,

"wobei der Ausdruck 'liberal' inzwischen wieder mit der Konnotation der vaterlandslos-kosmopolitischen Gesinnung jüdischer Intellektueller besetzt ist."

Die Unterzeichner des Appells wenden sich an die EU-Kommission, das ungarische Mediengesetz der längst überfälligen rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Die Beschwerde richtet sich gegen das EU Parlament, das "Enthaltung übe", gegen den EU-Rat, der "wie meistens uneinig" sei und gegen die deutsche Bundesregierung, die es "bei schmallippigen Äußerungen belasse".

Von Angst und Paranoia in Weißrussland ist in einem Artikel in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG die Rede. Der Autor beschreibt die Situation des Präsidentschaftskandidaten Wladimir Nekljajew, der Hoffnung der Oppositionellen. Bei der großen Kundgebung der Opposition am 19. Dezember in Minsk wurde Nekljajew wie viele andere zusammengeschlagen, er fiel zu Boden und wurde in ein KGB-Gefängnis gebracht. Einen Monat später ist er immer noch in Arrest.

"Während der Gewaltaktion soll er einen Schädelbruch erlitten haben; über seinen Gesundheitszustand können selbst enge Freunde nichts Genaues sagen."

Lukaschenkos skrupelloses Verhalten würde durch das zaghafte Vorgehen der europäischen Nachbarländer nur noch bestärkt, schreibt Tomasz Kurianowicz in der FAZ und:

"Alle Erwartungen ruhen jetzt auf dem Präsidenten des Europaparlaments, Jerzy Buzek, der eine Delegation nach Minsk zu schicken plant, um die Freilassung Nekljajews zu forcieren."
In der Berliner Kunstszene brodelt es, schreibt die BERLINER ZEITUNG. Es regt sich Widerstand gegen ein Prestigeprojekt des Regierenden Bürgermeisters Wowereit. Er will im Juni am Berliner Hauptbahnhof in einer temporären Architektur rund 80 junge, in Berlin lebende Künstler in einer "Leistungsschau" ausstellen. Ein Gegenentwurf bevorzugt die ständige Nutzung des ehemaligen Vereinsgeländes des Sportvereins Hertha BSC, das für die bildende Kunst Berlins eine Sensation wäre –

"dort könnte eine Kunstlandschaft entstehen, wie man sie noch nie sah. Das Gelände ist ein typischer Berliner Ort, eine Ruine, aus der etwas Großartiges und Einmaliges werden könnte",

etwas, das Berlin wirklich braucht.