Von Adelheid Wedel
Die Feuilletons befragen unter anderen Norwegens führenden Dramatiker Jon Fosse nach den erschütternden Ereignissen in seinem Land. Die Kulturseiten erinnern an die verstorbene Soulsängerin Amy Winehouse.
"Mein kleines Land gibt es nicht mehr"
– so lautet der Tenor in der Berichterstattung über das Massaker in Norwegen, auch in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Viele Norweger drücken mit dieser Zeile aus einem populären Lied Trauer und Unfassbarkeit über das Geschehene aus.
Nichts wird mehr sein wie zuvor.
Der brutale Einschnitt, den Nordeuropa erlebte, steht im krassen Widerspruch
"zum Selbstbild eines Landes wie Norwegen, das sich dem politischen, dem finanziellen und dem gesellschaftlichen Glück so nah fühlte wie kaum ein anderes Land in der Welt."
Umso irritierender deswegen die Vorstellung,
"dass das 'Böse' nicht von außen in die Idylle einbrach, sondern im Norden selbst entstehen konnte. Es ist zu früh,"
schreibt Matthias Hannemann in der FAZ, "um den Text", den der selbst ernannte Freiheitskämpfer, der Massenmörder Breivik ins Netz stellte, wirklich
"analysieren zu können. Eines aber wird schnell klar: Jeder Versuch, Breivik als faschistoiden Rechtsextremen oder christlichen Fundamentalisten zu beschreiben, ist nicht mehr als ein hilfloser Reflex."
Auch Jon Fosse, Norwegens führender Dramatiker, ist ratlos.
"Was passiert ist, ist natürlich unmöglich zu verstehen","
sagt er im Interview in der WELT, und:
" "Es liegt weit jenseits der Grenze dessen, was man verstehen kann."
Zur Wirkung seiner Stücke befragt, die regelmäßig auch an deutschen Bühnen aufgeführt werden, antwortet er:
"Ich bin zuversichtlich, dass sie ein Motor der Differenzierung und des Verständnisses sind – eine entgegengesetzte Kraft zu der dummen, brutalen monologisierenden Kraft, die wir jetzt erlebt haben, und zwar in ihrer extremsten und brutalsten Form."
Im TAGESSPIEGEL spüren Rüdiger Schaper und Jörg Wunder, Gründen des Horrors in der norwegischen Literatur und Musik nach. Schaper referiert über die Wirkung des Bestsellerautors Matias Faldbakken. Der 1973 geborene Schriftsteller
"gefällt sich in der Pose des erbarmungslosen intellektuellen Provokateurs, im zweiten Teil seiner Hass-Trilogie 'Macht und Rebell' türmen sich Ressentiments, faschistische Rhetorik, Inkorrektheit um jeden Preis, Splattermovie-Ästhetik, Heavy-Metal-Schreibe."
Jörg Wunder macht, ebenfalls im TAGESSPIEGEL , darauf aufmerksam,
"dass sich in den frühen neunziger Jahren Oslo und Bergen als europaweite Zentren einer extremen Heavy-Metal-Subkultur etablierten, deren Protagonisten sich in der Ablehnung der bestehenden Gesellschaftsordnung einig waren."
Eine Geschichte der Gewalt ziehe sich durch das Genre, beklagt der Autor.
Ausnahmslos alle uns vorliegenden Zeitungen erinnern an die Sängerin Amy Winehouse, die an diesem Sonnabend starb, "lebendig im Soul begraben", wie es die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG formuliert. In seinem Nachruf hebt Edo Reents hervor: Längst hatte sich das Publikum an Kunstfiguren wie Madonna oder Lady Gaga gewöhnt,
"da schlug diese Frau mit ihrem so aufregenden wie geschundenen Körper und ihrer kehligen Stimme ein wie eine Bombe und brachte den romantischen Glauben daran zurück, dass man eine Sängerin mit ihrem Liedmaterial auch ganz persönlich identifizieren könne oder sogar müsse. Sie wusste, wovon sie sang."
Die Sängerin hinterlässt gerade mal zwei Alben,
"die aber im Nachhinein seltsam vollendet wirken,"
schreibt Jens-Christian Rabe in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Er lobt:
"Die Präsenz ihrer Performances und ihre Stimme waren atemberaubend."
Rabe nimmt den Tod von Amy Winehouse zum Anlass, auf die Praxis der Yellow Press zu verweisen. Welche Wirkung haben solche Sätze wie der des britischen Star-PR-Agenten Max Clifford:
"Amy Winehouse mit Drogen ist ein größerer Star als Amy Winehouse ohne Drogen."
Leider, fügt der Autor hinzu. Und empfiehlt die Überlegung:
"Wir Übrigen können ja mal überlegen, was diese so mitfühlend aufgeklärten Zeilen über uns erzählen."
Richtig ist:
"27, das ist kein Alter zum Sterben, schon gar nicht für eine Soulsängerin. Mit 27 tanzt man dem Tod noch auf der Nase herum."
– so lautet der Tenor in der Berichterstattung über das Massaker in Norwegen, auch in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Viele Norweger drücken mit dieser Zeile aus einem populären Lied Trauer und Unfassbarkeit über das Geschehene aus.
Nichts wird mehr sein wie zuvor.
Der brutale Einschnitt, den Nordeuropa erlebte, steht im krassen Widerspruch
"zum Selbstbild eines Landes wie Norwegen, das sich dem politischen, dem finanziellen und dem gesellschaftlichen Glück so nah fühlte wie kaum ein anderes Land in der Welt."
Umso irritierender deswegen die Vorstellung,
"dass das 'Böse' nicht von außen in die Idylle einbrach, sondern im Norden selbst entstehen konnte. Es ist zu früh,"
schreibt Matthias Hannemann in der FAZ, "um den Text", den der selbst ernannte Freiheitskämpfer, der Massenmörder Breivik ins Netz stellte, wirklich
"analysieren zu können. Eines aber wird schnell klar: Jeder Versuch, Breivik als faschistoiden Rechtsextremen oder christlichen Fundamentalisten zu beschreiben, ist nicht mehr als ein hilfloser Reflex."
Auch Jon Fosse, Norwegens führender Dramatiker, ist ratlos.
"Was passiert ist, ist natürlich unmöglich zu verstehen","
sagt er im Interview in der WELT, und:
" "Es liegt weit jenseits der Grenze dessen, was man verstehen kann."
Zur Wirkung seiner Stücke befragt, die regelmäßig auch an deutschen Bühnen aufgeführt werden, antwortet er:
"Ich bin zuversichtlich, dass sie ein Motor der Differenzierung und des Verständnisses sind – eine entgegengesetzte Kraft zu der dummen, brutalen monologisierenden Kraft, die wir jetzt erlebt haben, und zwar in ihrer extremsten und brutalsten Form."
Im TAGESSPIEGEL spüren Rüdiger Schaper und Jörg Wunder, Gründen des Horrors in der norwegischen Literatur und Musik nach. Schaper referiert über die Wirkung des Bestsellerautors Matias Faldbakken. Der 1973 geborene Schriftsteller
"gefällt sich in der Pose des erbarmungslosen intellektuellen Provokateurs, im zweiten Teil seiner Hass-Trilogie 'Macht und Rebell' türmen sich Ressentiments, faschistische Rhetorik, Inkorrektheit um jeden Preis, Splattermovie-Ästhetik, Heavy-Metal-Schreibe."
Jörg Wunder macht, ebenfalls im TAGESSPIEGEL , darauf aufmerksam,
"dass sich in den frühen neunziger Jahren Oslo und Bergen als europaweite Zentren einer extremen Heavy-Metal-Subkultur etablierten, deren Protagonisten sich in der Ablehnung der bestehenden Gesellschaftsordnung einig waren."
Eine Geschichte der Gewalt ziehe sich durch das Genre, beklagt der Autor.
Ausnahmslos alle uns vorliegenden Zeitungen erinnern an die Sängerin Amy Winehouse, die an diesem Sonnabend starb, "lebendig im Soul begraben", wie es die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG formuliert. In seinem Nachruf hebt Edo Reents hervor: Längst hatte sich das Publikum an Kunstfiguren wie Madonna oder Lady Gaga gewöhnt,
"da schlug diese Frau mit ihrem so aufregenden wie geschundenen Körper und ihrer kehligen Stimme ein wie eine Bombe und brachte den romantischen Glauben daran zurück, dass man eine Sängerin mit ihrem Liedmaterial auch ganz persönlich identifizieren könne oder sogar müsse. Sie wusste, wovon sie sang."
Die Sängerin hinterlässt gerade mal zwei Alben,
"die aber im Nachhinein seltsam vollendet wirken,"
schreibt Jens-Christian Rabe in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Er lobt:
"Die Präsenz ihrer Performances und ihre Stimme waren atemberaubend."
Rabe nimmt den Tod von Amy Winehouse zum Anlass, auf die Praxis der Yellow Press zu verweisen. Welche Wirkung haben solche Sätze wie der des britischen Star-PR-Agenten Max Clifford:
"Amy Winehouse mit Drogen ist ein größerer Star als Amy Winehouse ohne Drogen."
Leider, fügt der Autor hinzu. Und empfiehlt die Überlegung:
"Wir Übrigen können ja mal überlegen, was diese so mitfühlend aufgeklärten Zeilen über uns erzählen."
Richtig ist:
"27, das ist kein Alter zum Sterben, schon gar nicht für eine Soulsängerin. Mit 27 tanzt man dem Tod noch auf der Nase herum."