Von André Hatting

Der Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele, Thomas Oberender, reagiert in der "Frankfurter Rundschau" auf die Eröffnungsrede von Daniel Kehlmann. Die Feuilletons mehrerer deutscher Tageszeitungen befassen sich mit der bevorstehenden Bundestagswahl. Und die "Neue Zürcher Zeitung" beschäftigt sich mit dem gesellschaftlichen Rechtsruck in den Niederlanden.
"Alles ist Regiertheater" – mit dieser Generalisierung entkräftet Thomas Oberender die flammende Kritik von Daniel Kehlmann. Das ist elegant, denn Oberender hat als Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele den jungen Schriftsteller eingeladen, die Eröffnungsrede zu halten, deren Echo seit Tagen durch die Feuilletons hallt. Oberender versucht im Gespräch mit der FRANKFURTER RUNDSCHAU einige Gedanken von der ungestümen Polemik des 31-Jährigen zu befreien und damit zu retten:

"Bei genauerer Betrachtung ist die Rede Daniel Kehlmanns ja weniger eine Abrechnung mit dem Regietheater als eine Warnung vor einem repressiven kulturellen Klima. […] Die Rede ist, das verliert man leicht aus den Augen, ein Plädoyer für Offenheit, eine Ermahnung, sich jenseits ideologischer Lager den Blick frei zu halten und nicht zum Gesinnungsrichter zu werden."

Irgendwas Gesinnungsrichterliches haftet auch den Grillabenden von und mit Karl Lauterbach an. Das liegt wohl daran, dass selbst des Deutschen liebste Sommerspeise bei dem Gesundheitsexperten der SPD durch den Rost zu fallen droht. Jedenfalls lud Lauterbach, der nichts von Plakatwahlkampf, dafür aber viel von Straßenwahlkampf hält, diesmal zu einem Grillabend in seinem Bezirk Köln-Mühlheim ein, berichtet die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. Wo es dann richtig schön gesund zuging:

"Karl Lauterbach, der seit 1987 kein Fleisch mehr isst, isst seit 1989 auch kein Salz mehr, deshalb steht auf dem Tisch ungesalzenes Brot, das in etwa so viel Geschmack hat wie Tofu","

berichtet die FAZ mit mäßigem Appetit. Weniger gesund geht es beim Interview mit Katharina Wagner zu, das die TAGESZEITUNG geführt hat, die sich den Hinweis nicht verkneift, dass Wagner Kette raucht. Interessanter ist, wie kompromisslos sich die Leiterin der Bayreuther Festspiele gibt, wenn man sie auf den Tarifvertrag für die Techniker anspricht:

""Viele fragen: Ist das mit der Lohnerhöhung nicht gemein, gerade jetzt zu eurem Start? Nö, ist es nicht. Nach jahrelangen Nullrunden war das überreif. Nur aus wahnsinniger Rücksicht gegenüber meinem Vater und dieser ganzen unsäglichen Nachfolgedebatte ist das noch nicht früher auf den Tisch gekommen."

Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG blickt in die Niederlande, wo sie einen "rasanten Verlust politischer Kultur" ausmacht. Gemeint ist der Rechtsruck in der Gesellschaft, der die liberale Tradition des Landes links liegen gelassen hat. Geert Wilders von der rechtspopulistischen "Partei für die Freiheit" will, beflügelt vom sensationellen Europawahlergebnis, in zwei Jahren Ministerpräsident werden. Nicht nur die Wirtschaftskrise und die damit verbundenen Ängste vieler Niederländer spielten ihm dabei in die Karten. Auch die "dramatische Schwächung religiöser Identitäten":

"Jetzt ist es gerade dieser durch die Folgen von Modernisierungs- und Säkularisierungswellen hervorgerufene Phantomschmerz, den Wilders sehr geschickt zu nutzen weiss, wenn er seine Projektion eines drohenden Islamofaschismus unter Wähler bringt","

meint die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. Der Schauspieler Ralf Richter meint: "Man muss ja nicht die Bekloppten wählen", was an sich ein schönes Schlusswort wäre. Noch schöner ist die Geschichte dazu: Der Journalist Friedrich Küppersbusch hat eine Art Anti-Wahlspot ins Netz gestellt. In dem 70-sekündigen Video fordern Prominente wie Detlev Buck, Anne-Sophie Mutter oder Sandra Maischberger dazu auf, die Bundestagswahl am 27. September zu boykottieren. Das sollte ironisch gemeint sein. Da aber auch "Tagesschau"-Sprecher Jan Hofer, Inbegriff der Seriosität, mitgemacht hat, ging einigen das Ironische verloren, der Aufruf wurde wörtlich genommen, berichtet der TAGESSPIEGEL. Am Dienstag sah sich Küppersbusch deshalb genötigt, in einer Pressekonferenz die Öffentlichkeit aufzuklären:

""Alle fragen immer: Was ist mit dem Wähler? Wir fragen: Was ist los mit der Wahl?"