Von Anke Schäfer

Harald Jähner kommentiert in der "Berliner Zeitung" die neue Regierungskoalition. Stephan Speicher nimmt sich in der "Süddeutschen Zeitung" noch einmal die Pöbeleien der Herren Sarrazin und Sloterdijk vor. Die "Frankfurter Rundschau" sieht die Bremer Kultur "am Ende der Sackgasse angekommen".
"In Bremen","

lesen wir in der FRANKFURTER RUNDSCHAU,

""kann man sich ansehen, was Kulturpolitik tut, wenn sie am Ende der Sackgasse angekommen ist."

Alexander Schnackenburg zieht eine höchst deprimierende Bilanz der letzten fünfzehn Jahre. Damals nämlich fanden die Bremer, ihnen stehe Hochkultur zu. Aber sie wollten dafür nicht in die Schatulle greifen und den entsprechenden Gegenwert locker machen. Die Braunschweiger geben für ihr Theater viel mehr Geld aus, obwohl es nur halb so viele Braunschweiger wie Bremer gibt. Und wer auch gefragt wird, ob er denn vielleicht das Bremer Theater am Ende der Sackgasse aus dieser herausführen wolle, antwortet:

"Ganz sicher nicht."

In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG schreibt Martin Wittmann über den "Zusammenbruch eines auf Schweinen gebauten Systems." Es handelt sich dabei nicht um das von Anarchos der Studentenrebellion bekämpfte "Schweinesystem", sondern um eine gewachsene Kultur, von der alle profitierten, die daran beteiligt waren: Die Vernichtung des städtischen Mülls in Kairo durch die von armen koptisch-othodoxen Christen gehaltenen Hausschweine:

"Schweine, die mit dem Abfall einer Stadt wie Kairo nicht nur gefüttert werden, sondern gemästet werden konnten."

Das ging so lange gut, bis die sogenannte "Schweinegrippe" in die Welt trat. Plötzlich las man in den ägyptischen Medien, an der Schweinegrippe seien die Schweine Schuld. Seitdem gilt:

"Ägyptische Schweine gibt es heute nur noch in Kühltruhen oder unter meterhohem Wüstensand."

Martin Wittmann beschreibt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG recht drastisch, wie die Tiere dorthin gelangten. Es ist keine Lektüre für nervenschwache Tierfreunde. Seitdem aber wachsen die Müllberge in Kairo. In den Slums der armen Kopten wird er sortiert:

"Plastik, Kartonagen, Glas, Aluminium, Kupfer, Papier, Stoffe."

Aber mit dem Erlös dieser Wertstoffsortierung ist nur die Hälfte oder ein Drittel des Einkommens zu erzielen, das zuvor mit dem Mästen und Schlachten der Schweine zusammenkam. Wittmann berichtet in der FAZ, dass es bald wieder ägyptische Schweine geben könnte, weit draußen vor den Toren der Stadt, und dass dann der organische Müll nicht mehr in den Straßen der feinen Viertel vor sich hin gammeln muss.

Stephan Speicher nimmt sich in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG noch einmal die Pöbeleien der Herren Sarrazin und Sloterdijk vor.

"Die Medien lieben es, wenn Krach ist","

zitiert Speicher Sarrazin. Und Sloterdijks Diagnose, der ""moderne Steuerstaat" sei "per se das Vollzugsmedium des modernen Sozialdemokratismus"," erscheint Stephan Speicher ein ""merkwürdiger Befund."

Also haben sie uns gar nicht verraten, die Sozialdemokraten? Harald Jähner geht in der ERLINER ZEITUNG der Frage nach:

"Wer hat uns das eingebrockt?"

Er meint damit die "Kleine Koalition" beziehungsweise, wie man heutzutage sagt, "Schwarz-Gelb". Schuld ist das "Neue Bürgertum", lernen wir.

"Ein Bürgertum"," schreibt Jähner in der BERLINER ZEITUNG, ""das sich frei wähnt vom alten Muff, das sich zum Essen nicht mehr um den Tisch aus Eiche versammelt, sondern um den aus Olivenholz, um dort Bio-Penne zu verspeisen."

Wenn man es recht betrachtet, sind das Leute, von denen man früher sagte, sie gehörten der "Toskana-Fraktion" an. Aber Jähner konstatiert es bedauernd in der BERLINER ZEITUNG:

"Die klassischen Milieus der Parteien sind inzwischen instabil wie betagte Bretterbuden. Der Zeitgeist zieht hindurch und mischt alles, was in ihnen gut aufgehoben schien."

Was dabei herauskommen wird, wenn einmal der Koalitionsvertrag zur Unterschrift vorgelegt wird? Harald Jähner meint über die Haltung der Koalition:

"Sie will gemocht werden, regieren im klassischen Sinn will sie offenbar nicht."