Von Arno Orzessek
Über den Parteiausschluss Wolfgang Clements schreiben die überregionalen Blätter. Die "Süddeutsche Zeitung" gratuliert der fotostarken Zeitschrift "Stern" zum 60. Jubiläum. Und die "Frankfurter Rundschau" vermeldet: "Junge Leute verbringen mehr Zeit im Internet als mit Fernsehen oder Radio."
80 Jahre alt wird an diesem Samstag der Star-Designer Luigi Colani, und die Feuilletons drucken flächendeckend Gratulationsartikel.
Wir setzen das begnadete Großmaul Colani, das sich stets als Nummer eins stilisiert, hier auf Platz 2 und kommen zunächst zu dem kaum weniger hoffärtigen Wolfgang Clement, dem Ex-Superminister für Wirtschaft und Arbeit, den eine SPD-Schiedskommission nur aus der Partei geworfen hat.
Patrick Bahners spendet in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG lauten Beifall:
"Clement hätte die Meinung, dass Andrea Ypsilantis Energiepolitik die Wählbarkeit der SPD gefährdet, unbeanstandet äußern können. Stattdessen hat er zur Nichtwahl der SPD aufgerufen. Dass das ein sanktionswürdiges Fehlverhalten ist, bestreitet niemand - außer dem Delinquenten."
Auffällig ist Patrick Bahners kriminologische Wortwahl. Er nennt Clement nicht nur Delinquent, er sieht in dessen Unrechtsbewusstsein auch eine "Androhung der Wiederholung des inkriminierten Handelns "und kommt zu einem Schluss, den wir sachlich-semantisch nicht restlos schlüssig finden: "Gegen Geiselnehmer muss sich die Partei zur Wehr setzen."
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG verfolgt Heribert Prantl unter der Überschrift "Die heilige Inquisition der SPD" die bewegende Geschichte der sozialdemokratischen Partei-Ausschlüsse, die unter dem Vorsitzenden Herbert Wehner ihren Höhepunkt erreichte.
" Der Zuchtmeister der Partei hat die Disziplinarverfahren in den sechziger und siebziger Jahren ebenso virtuos wie rigoros betrieben, um die Abgrenzung der SPD zu den Kommunisten immer wieder plakativ zu demonstrieren."
Heute muss sich die SPD von der Linken abgrenzen, um die Mitte zu halten, will sich aber gleichzeitig von der Agenda-Politik des Neue-Mitte-Kanzlers Gerhard Schröder distanzieren, um linke Wähler nicht zu verlieren - ein komplizierter Spagat mit verknoteten Beinen. Auch Heribert Prantl weiß nicht so recht weiter.
"Jüngst hat Detlev von Larcher, der einst Sprecher der SPD-Linken gewesen war, zur Wahl der Linkspartei aufgefordert. Und Wolfgang Clement hat dazu aufgerufen, die hessische SPD nicht zu wählen. Natürlich war das parteischädigend, natürlich ist das ein Ausschlussgrund. Ein Ausdruck von Weisheit, Gelassenheit und Großzügigkeit ist ein Parteiausschluss allerdings nicht."
Damit zu unserer heutigen Nummer 2, Luigi Colani. "Der geschmirgelte Schwan "nennt ihn die FRANKFURTER RUNDSCHAU in ihrem Geburtstagsartikel.
"Colanis ungeheueres Talent als Entwerfer wird nur noch durch seinen Hang zur exaltierten Show getoppt. Der wohl populärste deutsche Designer verbindet Fidel Castros Redegabe mit der Inszenierungssucht eines Salvador Dali. Colani ist eine Welt für sich."
Dem putzmunteren Achtzigjährigen wird das sicher runter gehen wie Honig. Aber es kommt noch besser. Unter der Titelzeile "Die Form Gottes "geht Gerhard Matzig in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG bis an die Grenzen der Sprache:
"In Asien, soll Colani einmal über Colani gesagt haben, werde Colani als "Gottheit" verehrt. Ganz offenbar mangelt es der Welt an Worten, um die Größe dieses Groß- und Größermeisters der allergrößten und superlativsten Formen zu beschreiben."
Wer gern auch mal bei Ikea einkauft, wird Gerhard Matzigs Ausführungen vielleicht eher albern als ironisch finden - und überhaupt reicht uns für heute das Design-Getue.
Hertie, das Kaufhaus für den simpleren Geschmack, hat Insolvenz angemeldet! Eckhard Fuhr, Feuilleton-Chef der WELT, sieht darin den Untergang einer ganzen Klasse gespiegelt:
"Die Hertie-Krankheit heißt Verlust der Mitte. Sie rafft das Kleinbürgertum und damit das Massenpublikum des guten alten Kaufhauses dahin."
Als Hertie noch eine Institution war, war es auch die fotostarke Zeitschrift "Stern", die neben dem göttlichen Colani zweiter Jubilar des aktuellen Feuilletons ist - und zwar aus Anlass ihres 60. Geburtstags.
"Ein Bild, so wird es in der Schule des Sehens gelehrt, sagt mehr als tausend Worte. Der "Stern" war einmal diese Schule."
erklärt Willi Winkler in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Ja, es war einmal! Aber warum ist es nicht mehr so?
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU meldet: "Junge Leute verbringen mehr Zeit im Internet als mit Fernsehen oder Radio."
Von Zeitungen und Zeitschriften ist nicht einmal mehr die Rede.
Wir setzen das begnadete Großmaul Colani, das sich stets als Nummer eins stilisiert, hier auf Platz 2 und kommen zunächst zu dem kaum weniger hoffärtigen Wolfgang Clement, dem Ex-Superminister für Wirtschaft und Arbeit, den eine SPD-Schiedskommission nur aus der Partei geworfen hat.
Patrick Bahners spendet in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG lauten Beifall:
"Clement hätte die Meinung, dass Andrea Ypsilantis Energiepolitik die Wählbarkeit der SPD gefährdet, unbeanstandet äußern können. Stattdessen hat er zur Nichtwahl der SPD aufgerufen. Dass das ein sanktionswürdiges Fehlverhalten ist, bestreitet niemand - außer dem Delinquenten."
Auffällig ist Patrick Bahners kriminologische Wortwahl. Er nennt Clement nicht nur Delinquent, er sieht in dessen Unrechtsbewusstsein auch eine "Androhung der Wiederholung des inkriminierten Handelns "und kommt zu einem Schluss, den wir sachlich-semantisch nicht restlos schlüssig finden: "Gegen Geiselnehmer muss sich die Partei zur Wehr setzen."
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG verfolgt Heribert Prantl unter der Überschrift "Die heilige Inquisition der SPD" die bewegende Geschichte der sozialdemokratischen Partei-Ausschlüsse, die unter dem Vorsitzenden Herbert Wehner ihren Höhepunkt erreichte.
" Der Zuchtmeister der Partei hat die Disziplinarverfahren in den sechziger und siebziger Jahren ebenso virtuos wie rigoros betrieben, um die Abgrenzung der SPD zu den Kommunisten immer wieder plakativ zu demonstrieren."
Heute muss sich die SPD von der Linken abgrenzen, um die Mitte zu halten, will sich aber gleichzeitig von der Agenda-Politik des Neue-Mitte-Kanzlers Gerhard Schröder distanzieren, um linke Wähler nicht zu verlieren - ein komplizierter Spagat mit verknoteten Beinen. Auch Heribert Prantl weiß nicht so recht weiter.
"Jüngst hat Detlev von Larcher, der einst Sprecher der SPD-Linken gewesen war, zur Wahl der Linkspartei aufgefordert. Und Wolfgang Clement hat dazu aufgerufen, die hessische SPD nicht zu wählen. Natürlich war das parteischädigend, natürlich ist das ein Ausschlussgrund. Ein Ausdruck von Weisheit, Gelassenheit und Großzügigkeit ist ein Parteiausschluss allerdings nicht."
Damit zu unserer heutigen Nummer 2, Luigi Colani. "Der geschmirgelte Schwan "nennt ihn die FRANKFURTER RUNDSCHAU in ihrem Geburtstagsartikel.
"Colanis ungeheueres Talent als Entwerfer wird nur noch durch seinen Hang zur exaltierten Show getoppt. Der wohl populärste deutsche Designer verbindet Fidel Castros Redegabe mit der Inszenierungssucht eines Salvador Dali. Colani ist eine Welt für sich."
Dem putzmunteren Achtzigjährigen wird das sicher runter gehen wie Honig. Aber es kommt noch besser. Unter der Titelzeile "Die Form Gottes "geht Gerhard Matzig in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG bis an die Grenzen der Sprache:
"In Asien, soll Colani einmal über Colani gesagt haben, werde Colani als "Gottheit" verehrt. Ganz offenbar mangelt es der Welt an Worten, um die Größe dieses Groß- und Größermeisters der allergrößten und superlativsten Formen zu beschreiben."
Wer gern auch mal bei Ikea einkauft, wird Gerhard Matzigs Ausführungen vielleicht eher albern als ironisch finden - und überhaupt reicht uns für heute das Design-Getue.
Hertie, das Kaufhaus für den simpleren Geschmack, hat Insolvenz angemeldet! Eckhard Fuhr, Feuilleton-Chef der WELT, sieht darin den Untergang einer ganzen Klasse gespiegelt:
"Die Hertie-Krankheit heißt Verlust der Mitte. Sie rafft das Kleinbürgertum und damit das Massenpublikum des guten alten Kaufhauses dahin."
Als Hertie noch eine Institution war, war es auch die fotostarke Zeitschrift "Stern", die neben dem göttlichen Colani zweiter Jubilar des aktuellen Feuilletons ist - und zwar aus Anlass ihres 60. Geburtstags.
"Ein Bild, so wird es in der Schule des Sehens gelehrt, sagt mehr als tausend Worte. Der "Stern" war einmal diese Schule."
erklärt Willi Winkler in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Ja, es war einmal! Aber warum ist es nicht mehr so?
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU meldet: "Junge Leute verbringen mehr Zeit im Internet als mit Fernsehen oder Radio."
Von Zeitungen und Zeitschriften ist nicht einmal mehr die Rede.