Von Arno Orzessek
Erleichterung bahnt sich ihren Weg angesichts der Installation von Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier als neue Leiterinnen der Bayreuther Festspiele. Der "Tagesspiegel" schreibt vom Ende eines "Kulturkrimis". "Süddeutsche Zeitung" und "Frankfurter Allgemeine" dagegen widmen sich Themen außerhalb des Wagner-Kosmos - etwa der SZ-Wissenschaftsserie oder dem Erlanger Poetenfest.
"O hehrstes Wagner-Wunder!" - Ausrufezeichen! - titelt DIE WELT auf ihrer ersten Feuilletonseite.
In der geradezu biblischen Anrufung bahnt sich die Erleichterung ihren Weg, dass nach dem Dauerzoff der letzten Monate die neuen Leiterinnen der Bayreuther Festspiele nun gefunden sind. Weil man aber in derartigen O-Wunder!-Deklamationen heute weder schreibt noch spricht, trieft die Überschrift gleichzeitig vor Spott.
Der WELT-Autor Manuel Brug schätzt, dass mit der Installation von Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier "der längste Stellungskrieg der Welttheatergeschichte" beendet worden sei. Mit dem Ausgang der Schlacht kann sich Brug durchaus anfreunden.
"Die Festspielleiterinnen Nummer 6 und 6a werden das so schwer nun auch nicht zu lenkende Wagnerschiff schon schaukeln" [sucht Brug nach der passenden nautischen Metapher]. "[…] Freilich lastet auf ihnen die Drohung, vielleicht die letzten Wagners in Bayreuth zu sein. Denn der in der Vergangenheit oftmals lächerlich gemachte Stiftungsrat wird sich nie wieder so vor- und an der Nase herumführen lassen."
Rhetorisch entspannter kommentiert Hans-Jürgen Linke in der FRANKFURTER RUNDSCHAU:
"Ein Zeitalter ist auf dem grünen Hügel zu Ende gegangen. Das Neue, das jetzt kommt, kennen wir, bis auf ein paar möglicherweise originelle Details, längst von überall. […] Mit Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier […] verknüpft sich weniger die Erwartung von Innovation als die von Kontinuität."
Wiederum aufgewühlt vom Hügel-Streit beginnt Christine Lemke-Matwey im TAGESSPIEGEL: "Wagnerhand aufs Wagnerherz: Gewusst haben wie es seit letzten Donnerstag, spätestens."
Lemke-Matwey spielt auf eine Fotositzung anlässlich des 89. Geburtstags von Wolfgang Wagner an, den sie für den "alten und neuen Herrscher über den Grünen Hügel" hält.
Aber ob so oder so, für die aufgedrehte TAGESSPIEGEL-Autorin ist "einer der spannendsten, peinlichsten, vertracktesten, ermüdensten und symptomatischsten Kulturkrimis des 20. und 21. Jahrhunderts" zu Ende gegangen.
Und was meint die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG? Was meint die FRANKFURTER ALLGEMEINE, die besonders wacker am Wagner-Wunschpunsch mitgemixt hat? Wäh¬rend wir dies schreiben, liegen SZ- und FAZ-Stimmen zu Bayreuth nicht vor – weshalb wir zu Themen außerhalb des Wagner-Kosmos kommen können.
Ausgerechnet der Volkswirt Gert G. Wagner schreibt mit Bernd Weber in der SZ die fünfte Folge der Serie "Was weiß die Wissenschaft vom Ich?".
"Gene bestimmen immer nur zusammen mit der Umwelt individuelle Entwicklung. Deswegen sind frühkindliche Unterstützung und Bildung zentrale gesellschaftliche Aufgaben","
fordern die SZ-Autoren Wagner und Weber.
Überdies ergibt sich in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG eine gewisse Lustfixierung. "Lust und Leiden" überschreibt Johannes Wilms die Rezension von "Jour de Souffrance", dem neuen Buch von Catherine Millet, die mit "Das sexuelle Leben der Catherine M." weltberühmt wurde.
"Jenseits der Lustreisenmentalität" steht über Oliver Müllers Doppelbesprechung neuer Bücher von Walter Hollstein und Christoph Kucklick, die sich beide mit der sogenannten "Männerdämmerung" befassen.
Arnd Wesemanns Bericht über das Berliner Festival "Tanz im August" schließlich wird von einem schönen Foto schöner nackter Frauen geschmückt. Im Text heißt es: ""Tabus gibt es mit zwanzig nicht mehr. Nur das Begehren zählt."
Wer nach Sprache begehrt, die anmacht, sei auf FAZ-Autor Oliver Jungen verwiesen. Er beginnt seinen Bericht über das Erlanger Poetenfest:
"Vorgestülpt die Lippen, ein regelrechter Rüssel, durch den sich ein Ü-Laut quengelt und als akustischer Rauchkringel im Raum schwebt. Angerollt wird er: ein O-Laut, groß wie Sodom und Gomorrha […]. Jetzt schmeichelt es, kreischt, säuselt, ein Deklamationsgewitter […]. Plötzlich explodiert das Wort 'Skandal' in den Saal. Was war hier los?"
fragt in der FAZ Oliver Jungen. Wir schätzen Überschwang - aber worauf der Autor hinaus will, haben wir nicht verstanden.
In der geradezu biblischen Anrufung bahnt sich die Erleichterung ihren Weg, dass nach dem Dauerzoff der letzten Monate die neuen Leiterinnen der Bayreuther Festspiele nun gefunden sind. Weil man aber in derartigen O-Wunder!-Deklamationen heute weder schreibt noch spricht, trieft die Überschrift gleichzeitig vor Spott.
Der WELT-Autor Manuel Brug schätzt, dass mit der Installation von Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier "der längste Stellungskrieg der Welttheatergeschichte" beendet worden sei. Mit dem Ausgang der Schlacht kann sich Brug durchaus anfreunden.
"Die Festspielleiterinnen Nummer 6 und 6a werden das so schwer nun auch nicht zu lenkende Wagnerschiff schon schaukeln" [sucht Brug nach der passenden nautischen Metapher]. "[…] Freilich lastet auf ihnen die Drohung, vielleicht die letzten Wagners in Bayreuth zu sein. Denn der in der Vergangenheit oftmals lächerlich gemachte Stiftungsrat wird sich nie wieder so vor- und an der Nase herumführen lassen."
Rhetorisch entspannter kommentiert Hans-Jürgen Linke in der FRANKFURTER RUNDSCHAU:
"Ein Zeitalter ist auf dem grünen Hügel zu Ende gegangen. Das Neue, das jetzt kommt, kennen wir, bis auf ein paar möglicherweise originelle Details, längst von überall. […] Mit Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier […] verknüpft sich weniger die Erwartung von Innovation als die von Kontinuität."
Wiederum aufgewühlt vom Hügel-Streit beginnt Christine Lemke-Matwey im TAGESSPIEGEL: "Wagnerhand aufs Wagnerherz: Gewusst haben wie es seit letzten Donnerstag, spätestens."
Lemke-Matwey spielt auf eine Fotositzung anlässlich des 89. Geburtstags von Wolfgang Wagner an, den sie für den "alten und neuen Herrscher über den Grünen Hügel" hält.
Aber ob so oder so, für die aufgedrehte TAGESSPIEGEL-Autorin ist "einer der spannendsten, peinlichsten, vertracktesten, ermüdensten und symptomatischsten Kulturkrimis des 20. und 21. Jahrhunderts" zu Ende gegangen.
Und was meint die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG? Was meint die FRANKFURTER ALLGEMEINE, die besonders wacker am Wagner-Wunschpunsch mitgemixt hat? Wäh¬rend wir dies schreiben, liegen SZ- und FAZ-Stimmen zu Bayreuth nicht vor – weshalb wir zu Themen außerhalb des Wagner-Kosmos kommen können.
Ausgerechnet der Volkswirt Gert G. Wagner schreibt mit Bernd Weber in der SZ die fünfte Folge der Serie "Was weiß die Wissenschaft vom Ich?".
"Gene bestimmen immer nur zusammen mit der Umwelt individuelle Entwicklung. Deswegen sind frühkindliche Unterstützung und Bildung zentrale gesellschaftliche Aufgaben","
fordern die SZ-Autoren Wagner und Weber.
Überdies ergibt sich in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG eine gewisse Lustfixierung. "Lust und Leiden" überschreibt Johannes Wilms die Rezension von "Jour de Souffrance", dem neuen Buch von Catherine Millet, die mit "Das sexuelle Leben der Catherine M." weltberühmt wurde.
"Jenseits der Lustreisenmentalität" steht über Oliver Müllers Doppelbesprechung neuer Bücher von Walter Hollstein und Christoph Kucklick, die sich beide mit der sogenannten "Männerdämmerung" befassen.
Arnd Wesemanns Bericht über das Berliner Festival "Tanz im August" schließlich wird von einem schönen Foto schöner nackter Frauen geschmückt. Im Text heißt es: ""Tabus gibt es mit zwanzig nicht mehr. Nur das Begehren zählt."
Wer nach Sprache begehrt, die anmacht, sei auf FAZ-Autor Oliver Jungen verwiesen. Er beginnt seinen Bericht über das Erlanger Poetenfest:
"Vorgestülpt die Lippen, ein regelrechter Rüssel, durch den sich ein Ü-Laut quengelt und als akustischer Rauchkringel im Raum schwebt. Angerollt wird er: ein O-Laut, groß wie Sodom und Gomorrha […]. Jetzt schmeichelt es, kreischt, säuselt, ein Deklamationsgewitter […]. Plötzlich explodiert das Wort 'Skandal' in den Saal. Was war hier los?"
fragt in der FAZ Oliver Jungen. Wir schätzen Überschwang - aber worauf der Autor hinaus will, haben wir nicht verstanden.