Von Arno Orzessek
Die "NZZ" bezweifelt, dass die fünffache Mutter Sarah Palin, die republikanische Kandidatin für das Amt des US-Vizepräsidenten, Wählerinnern quer durch alle politischen Parteien anzusprechen vermag. Die "Süddeutsche" stellt das demnächst erscheinende "Schwarzbuch Waldorf" vor. Dessen Kernaussage: Die Schulen verstoßen gegen das Grundgesetz. Und in der "FAZ" fordert Bernhard Bueb: "Alle Macht den Schulleitern!"
Dass die Leute seit "König Ödipus" an grellen Familiengeschichten interessiert sind, macht sich die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG gleich doppelt und dreifach zunutze.
Die erste Feuilletonseite zeigt ein Familienfoto mit Wolfgang, Katharina und Eva Wagner. Es bebildert die Reflexion "Die Bayreuther Festspiele und das Erbe Wolfgang Wagners" von Marianne Zelger-Vogt.
Aber hat nach dem ganzen Sommertheater noch jemand Lust auf Hügel-Themen? Wir nicht, weshalb wir auch den Informationskasten "Ende eines Familienunternehmens" überlesen.
Nicht so jedoch den Artikel "Familien-Parteitag" von Andrea Köhler. Er beginnt konventionell mit dem ersten Satz aus Tolstois "Anna Karenina" – "Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche ist auf ihre eigene Weise unglücklich" –, nimmt dann aber munter Fahrt auf.
Köhlers Vorstellung der republikanischen Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin der USA, Sarah Palin, klingt wie eine laute Warnung:
"Palin ist eine strikte Befürworterin von Bushs 'Kein Sex vor der Ehe'-Doktrin; sexuelle Aufklärung in der Schule lehnt sie ausdrücklich ab. Sie befürwortet, dass der Kreationismus – sprich: die Lehre, dass Gott die Welt in sieben Tagen geschaffen hat – als Unterrichtsfach eingeführt wird, und ihre erste Amtshandlung als Bürgermeisterin […] bestand darin, die städtische Bibliothek von *anstößigen' Büchern säubern zu lassen."
Auch was die von Republikanern beschworene Vorbildfunktion der Familie Palin angeht, ist NZZ-Autorin Köhler skeptisch:
"Man muss es […] nicht unbedingt als Ausweis moralischer Integrität ansehen, wenn Sarah Palin ihrer 17-jährigen Tochter nebst Kind und Ehe noch die Rolle der unfreiwilligen Pro-LifeAktivistin aufbürdet. Dass sie selbst sich der Diagnose zum Trotz dafür entschied, ein behindertes Kind auszutragen, ist von Abtreibungsgegnern enthusiastisch begrüßt worden – auch wenn das Problem, wie sich die Sorge für ein Baby mit Down-Syndrom mit dem zweitwichtigsten Amt der Vereinigten Staaten vereinbaren lässt, nicht nur den Verfechtern der konservativen Familienwerte Kopfschmerzen machen dürfte."
Weil dieses überlange Zitieren nun ohnehin der Parteinahme im US-Wahlkampf verdächtig ist, hier noch eine letzte Einschätzung der NZZ-Autorin Köhler:
"Tatsächlich beschäftigt die Frage, wie 'typisch' eine fünffache Mutter, die drei Tage nach der Geburt ihres behinderten Sohnes schon wieder im Amtssessel sitzt, [… wirklich] ist, die Wählerinnern quer durch alle politischen Parteien."
Wir bleiben beim Nachwuchs und kommen zur deutschen Schule. In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG fasst Alexander Kissler die Kernaussage des demnächst erscheinenden "Schwarzbuch Waldorf" gleich im ersten Satz zusammen:
"Die bundesweit über 200 Waldorfschulen sind ein Verstoß gegen das Grundgesetz und Pflanzstätte bedenklicher Esoterik, weshalb man ihnen die Subventionen entziehen sollte."
Im Weiteren geht es um die Seltsamkeiten, die der Schwarzbuch-Autor Michael Grandt an den Waldorfschulen und deren Personal aufgefallen sind – zum Beispiel diese:
"Die unter Waldorflehrern verbreiteten Flensburger Hefte dekretieren: Kobolde, Dämonen, Luft- und Feuerwesen seien 'keine Fabelwesen, sondern reale Gestalten'. Ein Heft bietet 'Naturgeister, im Interview direkt befragt'."
Mit Blick auf Sarah Palin und den Kreationismus muss man einwenden: Wenn die Erde am 23. Oktober 4004 vor Christus in sieben Tagen erschaffen worden ist, wird es ja wohl auch Kobolde und Naturgeister geben dürfen!
Aber zurück zum schulischen Alltag. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG fordert Bernhard Bueb – Verfasser von Büchern wie "Lob der Disziplin" und "Von der Pflicht": "Alle Macht den Schulleitern!" Buebs Begründung:
"Politisch erfolgreich handelt, wer etwas von Führung versteht. Aber gute Führung fällt nicht vom Himmel. Sie wächst aus einer Atmosphäre entschlossenen Handelns, die an Schulen weitgehend fehlt. Dafür muss zuerst eine Führungskultur an Schulen aufgebaut werden, die diesen Namen verdient. Die Rolle eines Schulleiters, sein Selbstverständnis, […], seine Führungsinstrumente, seine institutionell gesicherte Macht – all das muss modernen Führungstheorien entsprechen."
So Bernhard Bueb in der FAZ. Wir wollen seinen Ton den Sarah-Palin-Ton nennen. Und falls es mit der Erhebung der Schulleiter zu Führern nicht klappt, trösten wir ihn mit der neuen Maxime der Republikaner drüben: Life happens!
Die erste Feuilletonseite zeigt ein Familienfoto mit Wolfgang, Katharina und Eva Wagner. Es bebildert die Reflexion "Die Bayreuther Festspiele und das Erbe Wolfgang Wagners" von Marianne Zelger-Vogt.
Aber hat nach dem ganzen Sommertheater noch jemand Lust auf Hügel-Themen? Wir nicht, weshalb wir auch den Informationskasten "Ende eines Familienunternehmens" überlesen.
Nicht so jedoch den Artikel "Familien-Parteitag" von Andrea Köhler. Er beginnt konventionell mit dem ersten Satz aus Tolstois "Anna Karenina" – "Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche ist auf ihre eigene Weise unglücklich" –, nimmt dann aber munter Fahrt auf.
Köhlers Vorstellung der republikanischen Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin der USA, Sarah Palin, klingt wie eine laute Warnung:
"Palin ist eine strikte Befürworterin von Bushs 'Kein Sex vor der Ehe'-Doktrin; sexuelle Aufklärung in der Schule lehnt sie ausdrücklich ab. Sie befürwortet, dass der Kreationismus – sprich: die Lehre, dass Gott die Welt in sieben Tagen geschaffen hat – als Unterrichtsfach eingeführt wird, und ihre erste Amtshandlung als Bürgermeisterin […] bestand darin, die städtische Bibliothek von *anstößigen' Büchern säubern zu lassen."
Auch was die von Republikanern beschworene Vorbildfunktion der Familie Palin angeht, ist NZZ-Autorin Köhler skeptisch:
"Man muss es […] nicht unbedingt als Ausweis moralischer Integrität ansehen, wenn Sarah Palin ihrer 17-jährigen Tochter nebst Kind und Ehe noch die Rolle der unfreiwilligen Pro-LifeAktivistin aufbürdet. Dass sie selbst sich der Diagnose zum Trotz dafür entschied, ein behindertes Kind auszutragen, ist von Abtreibungsgegnern enthusiastisch begrüßt worden – auch wenn das Problem, wie sich die Sorge für ein Baby mit Down-Syndrom mit dem zweitwichtigsten Amt der Vereinigten Staaten vereinbaren lässt, nicht nur den Verfechtern der konservativen Familienwerte Kopfschmerzen machen dürfte."
Weil dieses überlange Zitieren nun ohnehin der Parteinahme im US-Wahlkampf verdächtig ist, hier noch eine letzte Einschätzung der NZZ-Autorin Köhler:
"Tatsächlich beschäftigt die Frage, wie 'typisch' eine fünffache Mutter, die drei Tage nach der Geburt ihres behinderten Sohnes schon wieder im Amtssessel sitzt, [… wirklich] ist, die Wählerinnern quer durch alle politischen Parteien."
Wir bleiben beim Nachwuchs und kommen zur deutschen Schule. In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG fasst Alexander Kissler die Kernaussage des demnächst erscheinenden "Schwarzbuch Waldorf" gleich im ersten Satz zusammen:
"Die bundesweit über 200 Waldorfschulen sind ein Verstoß gegen das Grundgesetz und Pflanzstätte bedenklicher Esoterik, weshalb man ihnen die Subventionen entziehen sollte."
Im Weiteren geht es um die Seltsamkeiten, die der Schwarzbuch-Autor Michael Grandt an den Waldorfschulen und deren Personal aufgefallen sind – zum Beispiel diese:
"Die unter Waldorflehrern verbreiteten Flensburger Hefte dekretieren: Kobolde, Dämonen, Luft- und Feuerwesen seien 'keine Fabelwesen, sondern reale Gestalten'. Ein Heft bietet 'Naturgeister, im Interview direkt befragt'."
Mit Blick auf Sarah Palin und den Kreationismus muss man einwenden: Wenn die Erde am 23. Oktober 4004 vor Christus in sieben Tagen erschaffen worden ist, wird es ja wohl auch Kobolde und Naturgeister geben dürfen!
Aber zurück zum schulischen Alltag. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG fordert Bernhard Bueb – Verfasser von Büchern wie "Lob der Disziplin" und "Von der Pflicht": "Alle Macht den Schulleitern!" Buebs Begründung:
"Politisch erfolgreich handelt, wer etwas von Führung versteht. Aber gute Führung fällt nicht vom Himmel. Sie wächst aus einer Atmosphäre entschlossenen Handelns, die an Schulen weitgehend fehlt. Dafür muss zuerst eine Führungskultur an Schulen aufgebaut werden, die diesen Namen verdient. Die Rolle eines Schulleiters, sein Selbstverständnis, […], seine Führungsinstrumente, seine institutionell gesicherte Macht – all das muss modernen Führungstheorien entsprechen."
So Bernhard Bueb in der FAZ. Wir wollen seinen Ton den Sarah-Palin-Ton nennen. Und falls es mit der Erhebung der Schulleiter zu Führern nicht klappt, trösten wir ihn mit der neuen Maxime der Republikaner drüben: Life happens!