Von Arno Orzessek
Die "Süddeutsche" erläutert die Gründe für "500 Jahre Krise" in Spanien. Die "FAZ" bespricht eine Ausstellung über britisches Design im Londoner Victoria&Albert Museum. Und Kolumnist David Denk zieht in der "TAZ" über TV-Moderatorin Judith Rakers her.
Vorab eine Warnung an alle Freunde des Schlüpfrigen: Die Überschrift
"Das seltsame Sexleben koreanischer Kommissare"
in der Tageszeitung DIE WELT mag verheißungsvoll klingen, überschreibt aber nur einen sittsamen Bericht von der Münchener Biennale für neues Musiktheater.
Statt mit Sex in Korea müssen wir darum mit den Sorgen von Spanien beginnen.
"1492 entdeckte Spanien Amerika, fand Gold und Silber, wusste es nicht zu nutzen, und verfiel in bittere Armut. 1986 entdeckte Spanien Europa, bekam den Euro, wusste ihn nicht zu nutzen, und verfiel in bittere Armut. Was ist los mit Spanien?"
will die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG wissen. Sebastian Schoepp erläutert die Gründe für
"500 Jahre Krise"."
""Mit Juden und Mauren vertrieb Spanien 1492 auch das ökonomische Denken - das rächt sich noch heute","
lautet die knackige These, zu deren Absicherung Schoepp jene Zeugen aufruft, die eigentlich immer gerufen werden, wenn es um Spanien als solches geht: den Philosophen Miguel Unamuno, den Historiker Americo Castro und den Schriftsteller Juan Goytisolo.
Gleichwohl beschleicht uns der Verdacht, dass SZ-Autor Schoepp auf erlesenem Niveau mehr raunendes Blendwerk als tieferes Verständnis ausbreitet. Aber lesen Sie selbst!
""Haben Dinge Nationalcharakter?"
und konkreter:
"Gibt es überhaupt noch, jenseits gewisser mahagoni- und harristweedvertäfelter Reservate des Schrullig-Schrillen, eine formprägende Britishness?"
fragt sich die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG anlässlich einer Ausstellung zum "britischen Design" im Londoner Victoria&Albert Museum.
Niklas Maak verneint beide Fragen, interessiert sich dann aber in lässigem Selbstwiderspruch gerade für solche Objekte,
"die offensichtlich nur Engländer interessieren und in anderen Ländern auf irritiertes Amüsement stoßen": "
""Gezeigt wird zum Beispiel auch das Gesamtregister demokratisierter Adelsträume - etwa die industriell gefertigten, erschwinglichen Lilientapeten oder die Blümchenstoffe von Kenneth Truman, die an einen royalen Rosengarten erinnern, der sich soeben in eine Gardine verwandelt hat: wilde Blütenmuster überall, in denen jene Idee von kultivierter Botanik weiterlebt, die Sir Joshua Reynolds meinte, als er einst erklärte, ein Garten sei nichts anderes als ‚vorteilhaft gekleidete Natur.’"
TV-Moderatorin Judith Rakers ist kein Garten, gefällt vielen aber wegen ihrer vorteilhaft gekleideten Natur. Nicht so David Denk. Der Kolumnist der TAGESZEITUNG regt sich darüber auf, dass die ICE-Postille "DB mobil" ein Rakers-Cover mit den Worten "Erfrischend anders" betitelt hat.
"Was bitte ist an Judith Rakers ‚erfrischend’ und/oder gar ‚anders’? Ihre Höhere-Töchter-Attitüde? Ihre Humorfreiheit? Die Art, wie sie alle Namen von ihren Moderationskärtchen abliest - inklusive ihres eigenen?"
Dass Bruce Springsteen so erfrischend ist wie eh und je, das schreiben anlässlich seiner Deutschland-Konzerte die Feuilletons schon seit Wochenbeginn.
In der SZ wurde Springsteen zum
"Gebenedeiten".
Die FAZ nennt ihn nun den
"große[n] amerikanische[n] Mann"
und im Berliner TAGESSPIEGEL heißt er nach seit seinem Auftritt im Olympia-Stadion "der große Tröster".
"Bruce Springsteen ist ein Rock-Gigant, der geliebt werden will und geliebt wird. Ganz anders als sein rund zehn Jahre älterer Kollege Bob Dylan […]. Ihn kann man höchstens verehren, er gibt sich stets distanziert und geheimnisvoll."
Bleibt uns, die Überschrift des Tages zu küren.
Das Problem: Sie entfaltet ihre volle Wirkung nur mit dem Bild darüber, das Raffaels "Sixtinische Madonna" zeigt - von der WELT als
"Himmelskönigin, Männerschwarm […]" [und] "Goldesel der Zuckerbäcker"
vorgestellt. Die liebliche Madonna also hält das Jesus-Kind im Arm … - und darunter steht:
"Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter!"
Ein Spruch, der auch zu Ades Zabels "Linie 8" passen würde. Die BERLINER ZEITUNG nennt das Kiez-Musical - und das wäre dann das Wort des Tages:
""Trendbezirksneuköllnical"."
"Das seltsame Sexleben koreanischer Kommissare"
in der Tageszeitung DIE WELT mag verheißungsvoll klingen, überschreibt aber nur einen sittsamen Bericht von der Münchener Biennale für neues Musiktheater.
Statt mit Sex in Korea müssen wir darum mit den Sorgen von Spanien beginnen.
"1492 entdeckte Spanien Amerika, fand Gold und Silber, wusste es nicht zu nutzen, und verfiel in bittere Armut. 1986 entdeckte Spanien Europa, bekam den Euro, wusste ihn nicht zu nutzen, und verfiel in bittere Armut. Was ist los mit Spanien?"
will die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG wissen. Sebastian Schoepp erläutert die Gründe für
"500 Jahre Krise"."
""Mit Juden und Mauren vertrieb Spanien 1492 auch das ökonomische Denken - das rächt sich noch heute","
lautet die knackige These, zu deren Absicherung Schoepp jene Zeugen aufruft, die eigentlich immer gerufen werden, wenn es um Spanien als solches geht: den Philosophen Miguel Unamuno, den Historiker Americo Castro und den Schriftsteller Juan Goytisolo.
Gleichwohl beschleicht uns der Verdacht, dass SZ-Autor Schoepp auf erlesenem Niveau mehr raunendes Blendwerk als tieferes Verständnis ausbreitet. Aber lesen Sie selbst!
""Haben Dinge Nationalcharakter?"
und konkreter:
"Gibt es überhaupt noch, jenseits gewisser mahagoni- und harristweedvertäfelter Reservate des Schrullig-Schrillen, eine formprägende Britishness?"
fragt sich die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG anlässlich einer Ausstellung zum "britischen Design" im Londoner Victoria&Albert Museum.
Niklas Maak verneint beide Fragen, interessiert sich dann aber in lässigem Selbstwiderspruch gerade für solche Objekte,
"die offensichtlich nur Engländer interessieren und in anderen Ländern auf irritiertes Amüsement stoßen": "
""Gezeigt wird zum Beispiel auch das Gesamtregister demokratisierter Adelsträume - etwa die industriell gefertigten, erschwinglichen Lilientapeten oder die Blümchenstoffe von Kenneth Truman, die an einen royalen Rosengarten erinnern, der sich soeben in eine Gardine verwandelt hat: wilde Blütenmuster überall, in denen jene Idee von kultivierter Botanik weiterlebt, die Sir Joshua Reynolds meinte, als er einst erklärte, ein Garten sei nichts anderes als ‚vorteilhaft gekleidete Natur.’"
TV-Moderatorin Judith Rakers ist kein Garten, gefällt vielen aber wegen ihrer vorteilhaft gekleideten Natur. Nicht so David Denk. Der Kolumnist der TAGESZEITUNG regt sich darüber auf, dass die ICE-Postille "DB mobil" ein Rakers-Cover mit den Worten "Erfrischend anders" betitelt hat.
"Was bitte ist an Judith Rakers ‚erfrischend’ und/oder gar ‚anders’? Ihre Höhere-Töchter-Attitüde? Ihre Humorfreiheit? Die Art, wie sie alle Namen von ihren Moderationskärtchen abliest - inklusive ihres eigenen?"
Dass Bruce Springsteen so erfrischend ist wie eh und je, das schreiben anlässlich seiner Deutschland-Konzerte die Feuilletons schon seit Wochenbeginn.
In der SZ wurde Springsteen zum
"Gebenedeiten".
Die FAZ nennt ihn nun den
"große[n] amerikanische[n] Mann"
und im Berliner TAGESSPIEGEL heißt er nach seit seinem Auftritt im Olympia-Stadion "der große Tröster".
"Bruce Springsteen ist ein Rock-Gigant, der geliebt werden will und geliebt wird. Ganz anders als sein rund zehn Jahre älterer Kollege Bob Dylan […]. Ihn kann man höchstens verehren, er gibt sich stets distanziert und geheimnisvoll."
Bleibt uns, die Überschrift des Tages zu küren.
Das Problem: Sie entfaltet ihre volle Wirkung nur mit dem Bild darüber, das Raffaels "Sixtinische Madonna" zeigt - von der WELT als
"Himmelskönigin, Männerschwarm […]" [und] "Goldesel der Zuckerbäcker"
vorgestellt. Die liebliche Madonna also hält das Jesus-Kind im Arm … - und darunter steht:
"Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter!"
Ein Spruch, der auch zu Ades Zabels "Linie 8" passen würde. Die BERLINER ZEITUNG nennt das Kiez-Musical - und das wäre dann das Wort des Tages:
""Trendbezirksneuköllnical"."