Von Arno Orzessek

12.05.2011
Der "Tagesspiegel" untersucht den Stromverbrauch von Internet und Computern. Die "Süddeutsche" betrachtet zwei divergierende Altersbilder. Ansonsten sind alle Feuilletons bestürzt über den Tod des Filmkritikers Michael Althen.
"Eine Lanze fürs Geknatter" - dem Geknatter der Motorräder im Frühling nämlich - bricht Arno Frank. Und zwar ausgerechnet in der TAGESZEITUNG, die - wie Frank vollkommen erwartungsgemäß mitteilt - "im Grunde genommen nichts anderes ist als eine Verwahranstalt für fanatische Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer."

Als unwiderruflicher Motorradfahrer - nur so unter uns Benzinblütigen: wir bewegen eine weiße 1000er Honda und haben sie zu Ehren des Hengstes, den Nietzsche beim Militär ritt, Balduin genannt - als Motorradfahrer also stellt man sich die Hölle so ähnlich vor, wie Arno Frank das Rad-Dorado TAZ beschreibt.

Und er selbst, wie fühlt er sich an diesem trüben Ort, an dem man vom Freudentanz auf der letzten Rille nichts wissen will?

"Als Motorradfahrer ist man in diesem ökologisch-jakobinischen taz-Milieu automatisch eine groteske Gestalt. Ebenso gut könnte ich mit einem Kohlekraftwerk im Rucksack herumlaufen, auf dem ein 'Atomkraft? Hey, warum eigentlich nicht?'-Sticker prangt, mit Pumpgun und einer Darth-Vader-Maske auf dem Kopf, zwei gekreuzten Patronengürteln über der nackten Brust, in kurzen Combat-Hosen und mit Springerstiefeln mit weißen Schnürsenkeln."

Eine Lanze fürs Fahrradfahren - nur so unter uns Radlern: wir selbst lieben Rennräder mit italienischer Schaltgruppe - eine Lanze fürs Rad also bricht Johan Schloemann in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.

Er tut es allerdings indirekt, indem er sich hellauf empört zeigt über Neben der Spur. Das Fahrradhasserbuch von Annette Zoch.

"Eine erbärmliche Attacke auf den durchschnittlichen Radfahrer", wettert Schloemann, macht allerdings Einschränkungen:

"Ganz richtig liegt die Fahrradhasserin mit ihren Einwänden gegen bestimmte, problematische Fahrradnutzer. Als das wären: rabiate Mountainbiker auf idyllischen Wanderwegen; anarchische Kuriere oder, noch schlimmer, Pseudo-Kuriere; Fahrradgruppen in Wochenend-Regionalzügen; Touristen-Rikschas; Liegeradfahrer; und Radfahrer, die sich herrlich unspießig fühlen, weil sie im Dunkeln ohne Licht fahren", "

listet Johann Schloemann am Beispiel Münchens sündhafte Radlercharaktere auf.

Immerhin, viele fahren Fahrrad, um der Umwelt Gutes zu tun. Und tatsächlich wäre es ökologisch bedenklicher, wenn sie zuhause am PC sitzen blieben und surften.

Im Berliner TAGESSPIEGEL untersucht Astrid Herbold unter der Überschrift "Digitale Dreckschleudern" das Internet als Stromfresser.

""Dabei ist die entscheidende Frage: Wie groß ist der CO2-Verbrauch, den die Weltbevölkerung beim E-Mailen, Onlineshoppen, Videogucken oder Fotoverwalten hinterlässt? In den USA verbrauchen die Serverparks drei Prozent des nationalen Stroms, schätzt Greenpeace, nicht eingerechnet die Energie, die für die Telekommunikation und an den Endgeräten selbst aufgewendet wird."

So Astrid Herbold im Berliner TAGESSPIEGEL. Sie zitiert Schätzungen, nach denen sich der Energieverbrauch von Rechenzentren schon im Jahr 2020 vervierfacht haben könnte.

Auch der Computer wird also zu dem, was die Kuh als Methangas-Emittent längst ist: Ein überall heimischer Umweltsünder. Offenbar ist alles Seiende auf dem Planeten Erde auf Ressourcenverbrauch angelegt. Womit wir zum Lebensende kommen.

"Zwei Altersbilder prallen derzeit aufeinander: Der dunkle Reigen der Alzheimer-Kranken und die Vitalitätsrekorde des immer längeren Lebens", " schreibt Lothar Müller in der SZ und gibt zu bedenken:

""Je zahlreicher die Achtzigjährigen werden, die von Welterkundigungen und Schlauchboot-Abenteuern berichten, desto misslicher wird es, schon mit knapp sechzig kaum noch aus den eigenen Wänden herauszukommen."

Alle Feuilletons betrauern den frühen Tod von Michael Althen, dem Filmkritiker der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, vormals SZ. Warte, bis es dunkel wird nannte Althen seine Hommage auf das Kino - und mit dem TAGESSPIEGEL zitieren wir daraus zum Schluss und zum letzten Gruß Althens eigene Worte:

"Und es ist mit all diesen Bildern, als sei ein großer Regen über uns niedergegangen, und wir waten durch die Pfützen der Erinnerung, ehe sie versickern."