Von Aschenbach bis Zeitblom (6)

Von Joachim Scholl · 10.08.2005
Zu seinem 50. Todestag stellen wir das Werk des Schriftstellers Thomas Mann von A bis Z vor. Diesmal geht es um Imma Spoelmann aus "Königliche Hoheit", das in einem erfundenen Fürstentum spielt. Gänzlich verwirrt blickt darin Prinz Heinrich auf den lässigen Charme, den das forsche Fräulein Imma versprüht.
Film "Königliche Hoheit":
" Das ist mein Land, das Land, in dem ich geboren bin, es ist schön, still und ein wenig verträumt. Und die Menschen, die hier wohnen, sind bescheiden und liebenswert, obwohl sie mancherlei Sorgen haben, denn das Land ist arm ..."

... und da trifft es sich nicht schlecht, dass der amerikanische Multimillionär Samuel Spoelmann zur Kur anreist, mitsamt Personal und seinem geliebten Töchterlein Imma. – In diesem frei erfundenen Fürstentum spielt Thomas Manns Roman "Königliche Hoheit" spielt. Diese Hoheit heißt Prinz Heinrich, ist ein adretter, junger Mann, der von Kindesbeinen an für das Amt des Regenten ausgebildet wird: Würde, Zucht, Etikette lautet das Diktat, dem sich Prinz Heinrich willig fügt. Und gänzlich verwirrt blicken er und sein Hofstaat auf den lässigen Charme, den das forsche Fräulein Imma versprüht. Sie und ihr Vater wirbeln das schläfrige Städtchen tüchtig durcheinander, sie kaufen das alte heruntergekommene Schloss und bitten die königliche Hoheit zum Tee ...
Film "Königliche Hoheit":

"Ich bin allerdings der Meinung, dass es unter allen Umständen geboten ist, Haltung zu bewahren." – "Und ich bin der Meinung, dass es unter allen Umständen geboten ist, Mitleid zu üben... Nehmen Sie zwei Stückchen Zucker oder drei, Prinz?" "Zwei, bitte." "Ich würde Ihnen empfehlen, sich beim Teetrinken Ihrer Waffen zu entledigen. Falls nicht Gründe dagegen sprechen, die sich meiner Einsicht entziehen ..."

Ruth Leuwerik spielt in der Verfilmung von 1953 eine überaus reizende Imma, Dieter Borsche den entwaffneten Fürsten. Er verliebt sich Hals über Kopf, wird zunehmend lockerer, nach einigem Hin und Her finden sich die beiden. Als "Roman eines jungen Ehemannes" bezeichnete Thomas Mann sein Buch, womit er sich selbst meinte. "Königliche Hoheit" entstand zu der Zeit, als der Erfolgsautor der "Buddenbrooks" seine eigene Prinzessin traf, Katia Pringsheim aus sehr wohlhabendem Hause. "Ich bin Künstler genug, um mich vom Reichtum bezaubern zu lassen", schrieb der Bräutigam in einem Brief, 1905 wurde geheiratet.
Film "Königliche Hoheit":

"Mir scheint, man erwartet viel von uns, Hoheit." – "Ja, das wird unsere Sache sein: Hoheit und Liebe, ein strenges Glück ..."

Ein solch "strenges Glück" soll auch Thomas seiner Katia versprochen haben, heute weiß man warum, zeitlebens waren es ja die schönen Männer, die des Schriftstellers Herz bewegten.
Den Film übrigens fand Thomas Mann so lala, Ruth Leuwerik wenig überzeugend. Dem strahlenden Dieter Borsche allerdings zollte er überschwängliches Lob. Die freche Imma hätte dazu wohl nur
"Phh" gesagt ...

Rückblick Folge (1) bis (5):

Gustav von Aschenbach aus "Der Tod in Venedig" (1)
Hanno Buddenbrook aus "Buddenbrooks" (2)
Clawdia Chauchat aus "Der Zauberberg" (3)
Johannes Friedemann aus "Der kleine Herr Friedemann" (4)
Gregorius aus "Der Erwählte" (5)