Von Bits und Bytes, Künstlern und Piraten
Meins oder deins? Nie war es einfacher Werke von Künstlern zu kopieren. Das Internet macht's möglich. Aber was ist überhaupt ein Künstler? Kann heute nicht jeder produzieren - kreativ sein? Das schon, aber bitte keine fremden Inhalte verwenden. Das ist Piraterie - sagt das Urheberrecht. Der "Wizards of OS"-Kongress in Berlin meint: Information muss frei sein - damit Kreativität auch im Jahrhundert der Bytes überlebt.
"Freies Wissen heißt, dass alle möglichen Ausdrucksformen - also nicht nur Software, mit der das angefangen hat - sondern auch Musik, Filme, Text frei zur Verfügung stehen. Mit freiem Wissen darf ich einfach selber weiter arbeiten. Ich darf Texte umschreiben, darf Musik sampeln, ich darf Filme auf mein eigenes Weblog stellen. Und das darf ich alles mit unfreien Inhalten nicht."
Matthias Spielkamp, Mit-Organistor des Kongresses "Wizards of OS", was so viel heißt wie "Meister der Betriebssysteme". Wissenschaftler, Künstler und Netzaktivisten aus 23 Ländern wollen drei Tage ausloten, was freien Wissens leisten kann, wo es in Gefahr ist und wie Künstler Geld verdienen können, wenn sie erlauben, dass ihre Werke kopiert, kompiliert und collagiert werden. Denn dazu gibt es keine Alternative, sagt Matthias Spielkamp.
"Es gibt einen schön Satz von einer großen Ikone dieser Bewegung, und der heißt Lawrence Lessig und der hat gesagt: 'Wir leben in einer Remix-Culture. Das bedeutet: Dadurch, dass immer mehr dieser Ausdrucksformen digitalisiert vorliegen, ist es einfach möglich, damit umzugehen - das heißt, immer wieder damit kreativ zu werden, dass in seine eigenen Werke, in seine eigene Schöpfung einzubauen. Das ist nicht möglich, wenn es nicht frei vorliegt. Das heißt, diese ganze große Explosion von Kreativität, die wir im Internet sehen - die ist nur deshalb möglich, weil Wissen frei zur Verfügung gestellt wird."
Doch die Freiheit des Wissens ist nach Auffassung der Kongress-Macher in Gefahr. Der Feind der Info-Freiheit hat einen Namen: Copyright. Das Urheberrecht wird heute international sehr restriktiv gehandhabt und sorgt dafür, dass Informationen nur auf eine bestimmte Weise genutzt werden dürfen. Wer ein Musikstück, einen Film oder ein Buch kauft, darf damit längst nicht machen, was er möchte ohne um Erlaubnis zu fragen. Gefordert wird auf dem Kongress nicht, das Copyright abzuschaffen. Beklagt wird jedoch ein Copyright-Extremismus, der Kreativität behindert und kulturellen Fortschritt verhindert.
Ein Beispiel: Noch vor wenigen Jahren war es Musikern erlaubt Samples - also kurze Ausschnitte aus Musikstücken, wie hier von Herbie Hancock - kreativ zu verwenden. Heute ist das Genre beinahe vom Aussterben bedroht, weil inzwischen für jedes noch so kurze Zitat eine Erlaubnis eingeholt werden muss, sagt Spielkamp.
"Ein anderes Beispiel ist die Rechte-Klärung bei Filmen. Ich mache einen Dokumentarfilm und da hängt da ein Plakat - sagen wir mal von einem anderen Film - im Hintergrund. Dann muss ich als Dokumentarfilmer - wenn ich dieses Plakat ins Bild bekomme - anschließend die Rechte dafür klären, dass ich dieses Plakat in dem Film verwenden darf. Und das sind Dinge, bei denen man sagen muss, da ist das Urheberrecht einfach ins Extrem umgeschlagen."
Ziel dieses so empfundenen "Copyright-Extremismus" ist es, dass nur derjenige ein Musikstück oder ein Film konsumiert, der dafür bezahlt hat. Im Internetzeitalter ist das aber ein nahezu aussichtlosloses Unterfangen. Und so greifen Musikverlage mitunter tief in die Privatsphäre der Konsumenten ein. Wer beispielsweise Musikstücke legal online kauft, kann sie längst nicht auf allen Geräten abspielen. Auch darf er diese Musikstücke nur ein, zwei Mal kopieren oder auf CD brennen. Das kontrolliert mitunter virenartige Software, die installiert wird, ohne dass der Konsument es merkt.
Diese weitgehende Überwachung geht selbst manchen Künstlern zu weit. Doch wenn sie ihre Werke von den etablierten Konzernen vermarkten lassen und Geld verdienen wollen, haben sie keine Wahl. Die Künstler müssen alle Rechte an ihrem Werk abgeben und dürfen ihre Kreationen nicht einmal auf ihrer eigenen Website veröffentlichen.
Digitale Anarchie oder totale Kontrolle der Nutzer - die Teilnehmer des "Wizards of OS-Kongress" suchen nach Mittelwegen, um digitale Informationen rechtlich geregelt, aber vielseitiger nutzen zu können: Die Künstler sollen selber sehr differenziert festlegen können, wer was mit ihren Werken machen darf. Sehr beliebt ist hierfür die so genannte "Creative Commons"-Lizenz. Mit ein paar Mausklicken im Internet kann sich jeder speziell für sein Werk eine solche Lizenz zusammenstellen, die auch vor Gericht einklagbar ist, sagt Matthias Spielkamp.
"Man kann sagen: Ich möchte, dass dieser Text, den ich geschrieben habe, dieses Musikstück, dass ich komponiert habe, anderen zur Verfügung steht, damit sie damit kreativ werden können - solange zum Beispiel, wie das nicht kommerziell ist. Wenn die jetzt aber damit viel Geld verdienen, dann möchte ich daran beteiligt werden und dann müssen sie mich fragen."
Beispiel: Die Beastie Boys. Eine der erfolgreichsten HipHop-Bands stellt Rap-Passagen unter einer "Creative Commons"-Lizenz ins Netz, damit jeder sie weiterverarbeiten kann. Aber mit ihrem Rap Geld verdienen - das allerdings verbieten die Beastie Boys in ihrer Lizenz.
Doch für freie Musik gilt das Gleiche wie für ein "Star Wars"-Video: Einmal im Internet ist seine Verwendung kaum mehr zu steuern. Millionenfach kopiert, verteilt, verarbeitet.
Aber natürlich müssen Künstler auch Geld verdienen, wenn sie Anderen erlauben, ihre Werke zu kopieren, zu samplen, zu senden - kurz: freie Informationen liefern. Die Suche nach neuen Geschäftsmodellen für den Cyberspace beschäftigt daher gleich mehrere "Panels" auf dem "Wizards of OS".
Neben klassischen Methoden wie Werbung und Spenden werden auf dem Kongress auch neuartige Modelle diskutiert. Zum Beispiel die Kultur-Flatrate. Danach würde für jeden Internetanschluss eine monatliche Kultur-Gebühr fällig. Wer immer etwas ins Netz stellt, bekommt am Jahresende Geld aus diesem Pool - umso mehr, je öfter der Film oder der Song runter geladen wurde. Doch auch ohne derart komplexe Mechanismen hat sich eine lebendige Szene aus "Net-Labels" gebildet, die Musik gratis über das Internet vertreiben.
Dass Künstler trotzdem von ihrer Arbeit leben können, zeigt "Disrupt". Übers Internet wurde sein eigenwilliger Dub-Reggae so berühmt, dass der Leipziger Musiker auf große Festivals eingeladen - und: gut bezahlt wurde.
Matthias Spielkamp, Mit-Organistor des Kongresses "Wizards of OS", was so viel heißt wie "Meister der Betriebssysteme". Wissenschaftler, Künstler und Netzaktivisten aus 23 Ländern wollen drei Tage ausloten, was freien Wissens leisten kann, wo es in Gefahr ist und wie Künstler Geld verdienen können, wenn sie erlauben, dass ihre Werke kopiert, kompiliert und collagiert werden. Denn dazu gibt es keine Alternative, sagt Matthias Spielkamp.
"Es gibt einen schön Satz von einer großen Ikone dieser Bewegung, und der heißt Lawrence Lessig und der hat gesagt: 'Wir leben in einer Remix-Culture. Das bedeutet: Dadurch, dass immer mehr dieser Ausdrucksformen digitalisiert vorliegen, ist es einfach möglich, damit umzugehen - das heißt, immer wieder damit kreativ zu werden, dass in seine eigenen Werke, in seine eigene Schöpfung einzubauen. Das ist nicht möglich, wenn es nicht frei vorliegt. Das heißt, diese ganze große Explosion von Kreativität, die wir im Internet sehen - die ist nur deshalb möglich, weil Wissen frei zur Verfügung gestellt wird."
Doch die Freiheit des Wissens ist nach Auffassung der Kongress-Macher in Gefahr. Der Feind der Info-Freiheit hat einen Namen: Copyright. Das Urheberrecht wird heute international sehr restriktiv gehandhabt und sorgt dafür, dass Informationen nur auf eine bestimmte Weise genutzt werden dürfen. Wer ein Musikstück, einen Film oder ein Buch kauft, darf damit längst nicht machen, was er möchte ohne um Erlaubnis zu fragen. Gefordert wird auf dem Kongress nicht, das Copyright abzuschaffen. Beklagt wird jedoch ein Copyright-Extremismus, der Kreativität behindert und kulturellen Fortschritt verhindert.
Ein Beispiel: Noch vor wenigen Jahren war es Musikern erlaubt Samples - also kurze Ausschnitte aus Musikstücken, wie hier von Herbie Hancock - kreativ zu verwenden. Heute ist das Genre beinahe vom Aussterben bedroht, weil inzwischen für jedes noch so kurze Zitat eine Erlaubnis eingeholt werden muss, sagt Spielkamp.
"Ein anderes Beispiel ist die Rechte-Klärung bei Filmen. Ich mache einen Dokumentarfilm und da hängt da ein Plakat - sagen wir mal von einem anderen Film - im Hintergrund. Dann muss ich als Dokumentarfilmer - wenn ich dieses Plakat ins Bild bekomme - anschließend die Rechte dafür klären, dass ich dieses Plakat in dem Film verwenden darf. Und das sind Dinge, bei denen man sagen muss, da ist das Urheberrecht einfach ins Extrem umgeschlagen."
Ziel dieses so empfundenen "Copyright-Extremismus" ist es, dass nur derjenige ein Musikstück oder ein Film konsumiert, der dafür bezahlt hat. Im Internetzeitalter ist das aber ein nahezu aussichtlosloses Unterfangen. Und so greifen Musikverlage mitunter tief in die Privatsphäre der Konsumenten ein. Wer beispielsweise Musikstücke legal online kauft, kann sie längst nicht auf allen Geräten abspielen. Auch darf er diese Musikstücke nur ein, zwei Mal kopieren oder auf CD brennen. Das kontrolliert mitunter virenartige Software, die installiert wird, ohne dass der Konsument es merkt.
Diese weitgehende Überwachung geht selbst manchen Künstlern zu weit. Doch wenn sie ihre Werke von den etablierten Konzernen vermarkten lassen und Geld verdienen wollen, haben sie keine Wahl. Die Künstler müssen alle Rechte an ihrem Werk abgeben und dürfen ihre Kreationen nicht einmal auf ihrer eigenen Website veröffentlichen.
Digitale Anarchie oder totale Kontrolle der Nutzer - die Teilnehmer des "Wizards of OS-Kongress" suchen nach Mittelwegen, um digitale Informationen rechtlich geregelt, aber vielseitiger nutzen zu können: Die Künstler sollen selber sehr differenziert festlegen können, wer was mit ihren Werken machen darf. Sehr beliebt ist hierfür die so genannte "Creative Commons"-Lizenz. Mit ein paar Mausklicken im Internet kann sich jeder speziell für sein Werk eine solche Lizenz zusammenstellen, die auch vor Gericht einklagbar ist, sagt Matthias Spielkamp.
"Man kann sagen: Ich möchte, dass dieser Text, den ich geschrieben habe, dieses Musikstück, dass ich komponiert habe, anderen zur Verfügung steht, damit sie damit kreativ werden können - solange zum Beispiel, wie das nicht kommerziell ist. Wenn die jetzt aber damit viel Geld verdienen, dann möchte ich daran beteiligt werden und dann müssen sie mich fragen."
Beispiel: Die Beastie Boys. Eine der erfolgreichsten HipHop-Bands stellt Rap-Passagen unter einer "Creative Commons"-Lizenz ins Netz, damit jeder sie weiterverarbeiten kann. Aber mit ihrem Rap Geld verdienen - das allerdings verbieten die Beastie Boys in ihrer Lizenz.
Doch für freie Musik gilt das Gleiche wie für ein "Star Wars"-Video: Einmal im Internet ist seine Verwendung kaum mehr zu steuern. Millionenfach kopiert, verteilt, verarbeitet.
Aber natürlich müssen Künstler auch Geld verdienen, wenn sie Anderen erlauben, ihre Werke zu kopieren, zu samplen, zu senden - kurz: freie Informationen liefern. Die Suche nach neuen Geschäftsmodellen für den Cyberspace beschäftigt daher gleich mehrere "Panels" auf dem "Wizards of OS".
Neben klassischen Methoden wie Werbung und Spenden werden auf dem Kongress auch neuartige Modelle diskutiert. Zum Beispiel die Kultur-Flatrate. Danach würde für jeden Internetanschluss eine monatliche Kultur-Gebühr fällig. Wer immer etwas ins Netz stellt, bekommt am Jahresende Geld aus diesem Pool - umso mehr, je öfter der Film oder der Song runter geladen wurde. Doch auch ohne derart komplexe Mechanismen hat sich eine lebendige Szene aus "Net-Labels" gebildet, die Musik gratis über das Internet vertreiben.
Dass Künstler trotzdem von ihrer Arbeit leben können, zeigt "Disrupt". Übers Internet wurde sein eigenwilliger Dub-Reggae so berühmt, dass der Leipziger Musiker auf große Festivals eingeladen - und: gut bezahlt wurde.