Von der Quelle bis zur Mündung
Bis in die Neuzeit war die Elbe einer der wichtigsten Verkehrswege zwischen Prag und Hamburg. Mit einer Mischung aus Fakten zu Geologie, Ökologie, Sozial-, Politik- und Wirtschaftsgeschichte sowie Legenden und Anekdoten entführt das kurzweilige Buch "Die Elbe - Landschaft und Geschichte" in die wechselvolle Geschichte der Flusslandschaft.
Sie ist nie so gebändigt, eingezwängt, ihrer Natur beraubt worden wie die anderen deutschen Flüsse: die rund 1165 Kilometer lange Elbe. Zwar hat man sie schiffbar gemacht, entlang des Flusses Buhnen gebaut, damit die Strömung die Flussmitte vertieft und den Fluss so möglichst ganzjährig befahrbar macht, aber ihr Bett wurde nie in Steine gefasst wie der Rhein, Staustufen gibt es nur auf dem Elbeabschnitt vor der deutschen Grenze, und erstaunlich viele Auenlandschaften sind erhalten geblieben, weil die Deiche weite Strecken nicht direkt bis ans Flussbett reichen.
So bietet die Elbe Deutschlands natürlichste Flusslandschaft mit einer faszinierenden Pflanzen- und Tierwelt, deren Reiz der Autor Hansjörg Küster, Professor für Pflanzenökologie an der Leibniz Universität Hannover, schon früh erlegen ist. "Die Elbe" heißt sein neu erschienenes Buch und Küster entführt darin mit einer bunten Mischung aus harten Fakten zu Geologie, Ökologie, Sozial-, Politik- und Wirtschaftsgeschichte sowie Legenden und Anekdoten in die Geschichte dieser Landschaft.
Das Buch erzählt, wie der Fluss in der letzten Eiszeit im Riesengebirge entstand, sich seinen Weg in einer riesigen Schleife durch die Hochebene brach, tiefe Klüfte in die Felsen riss. Die stürmische Jagd zu Tale ist nach rund 300 Kilometern beendet. Wenn sich bei Melnik die Moldau in der Elbe verliert, hat diese bereits rund 90 Prozent ihres Gefälles hinter sich. Jetzt kommt der Fluss allmählich zur Ruhe, wird zum träge dahin fließenden Band und damit zum bis in die Neuzeit wichtigsten Verkehrsweg zwischen Prag und Hamburg.
Geschickt verknüpft Hansjörg Küster in seinem Buch die Geschichte der Elbgeologie mit der Besiedlungs- und Nutzungsgeschichte des Flusses, der seinen Anwohnern Wohlstand bescherte, prächtige Städte hervorbrachte. Im Mittelalter waren es das Silber und dann die Erze des Erzgebirges, die reich machten. Das Holz der Wälder, auf der Elbe bis Hamburg geflößt, war allseits begehrt als Brennstoff, Werkstoff, Baustoff.
Das Elbsandsteingebirge lieferte Jahrhunderte lang das Baumaterial nicht nur für die meisten Brücken des Stroms und natürlich Dresdens prächtige Renaissancebauten, sondern auch die gotischen Dome in Meißen, Wittenberg oder Magdeburg sowie die Schlösser in Potsdam Sanssouci oder Schwerin und die Ratshäuser in Hamburg und Bremen, selbst das Brandenburger Tor.
Übel mitgespielt wurde dem Fluss mit dem Aufkommen der Chemie und der Großindustrie nach Ende des 2. Weltkrieges. Deren Schmutzfluten vernichteten jahrzehntelang fast alles Leben im Wasser. Erst seit der Wende haben umfangreiche Sanierungsmaßnahmen begonnen. Die Elbe hat sich verblüffend rasch wieder erholt.
Immer wieder kommt der Autor auf die große Elbeflut 2002 zurück, zeigt sich darin doch, wie fahrlässig man in jüngerer Zeit mit den Gefahren des Stroms umgegangen ist. Durch Deiche bis an den Fluss hat die Elbe vielerorts ehemalige Überflutungsflächen verloren. So stieg der Pegel rasch auf Rekordhöhen und die steigenden Fluten überspülten die Deiche. Flüsse, das macht Hansjörg Küster mehr als deutlich, lassen sich nicht endgültig bändigen.
Schön an dem Buch ist, dass die Geschichtsschreibung dem Flusslauf von der Quelle bis zur Mündung folgt. Dabei schweift der Autor auch in die Umgebung des Stroms ab, berichtet, was an seinen wichtigsten Nebenflüssen passierte, an Eger, Mulde, Saale oder Havel, gelangt so auch nach Prag und Berlin, nach Karlsbad und Wolfsburg. Das erlaubt es dem Leser zwischen den Kapiteln zu springen, sich die Gegenden auszusuchen, die ihn am ehesten interessieren.
Immer wieder lockern den Text kleine Anekdoten auf: Da die Elbe relativ flach ist, bauten die Bootswerften sehr breite Schiffe mit weit ausgezogenen Spitzen- und Heckpartien. Diese Elbkähne wirkten daher überdurchschnittlich groß. Seitdem nennt man zu große Schuhe spöttisch Elbkähne.
Spätestens Geschichten wie diese machen Hansjörg Küsters "Elbe"-Buch zu einer rundum gelungenen, kurzweiligen Lektüre.
Rezensiert von Johannes Kaiser
Hansjörg Küster: Die Elbe – Landschaft und Geschichte,
C.H.Beck Verlag München 2007, 336 Seiten, 16.90 €
So bietet die Elbe Deutschlands natürlichste Flusslandschaft mit einer faszinierenden Pflanzen- und Tierwelt, deren Reiz der Autor Hansjörg Küster, Professor für Pflanzenökologie an der Leibniz Universität Hannover, schon früh erlegen ist. "Die Elbe" heißt sein neu erschienenes Buch und Küster entführt darin mit einer bunten Mischung aus harten Fakten zu Geologie, Ökologie, Sozial-, Politik- und Wirtschaftsgeschichte sowie Legenden und Anekdoten in die Geschichte dieser Landschaft.
Das Buch erzählt, wie der Fluss in der letzten Eiszeit im Riesengebirge entstand, sich seinen Weg in einer riesigen Schleife durch die Hochebene brach, tiefe Klüfte in die Felsen riss. Die stürmische Jagd zu Tale ist nach rund 300 Kilometern beendet. Wenn sich bei Melnik die Moldau in der Elbe verliert, hat diese bereits rund 90 Prozent ihres Gefälles hinter sich. Jetzt kommt der Fluss allmählich zur Ruhe, wird zum träge dahin fließenden Band und damit zum bis in die Neuzeit wichtigsten Verkehrsweg zwischen Prag und Hamburg.
Geschickt verknüpft Hansjörg Küster in seinem Buch die Geschichte der Elbgeologie mit der Besiedlungs- und Nutzungsgeschichte des Flusses, der seinen Anwohnern Wohlstand bescherte, prächtige Städte hervorbrachte. Im Mittelalter waren es das Silber und dann die Erze des Erzgebirges, die reich machten. Das Holz der Wälder, auf der Elbe bis Hamburg geflößt, war allseits begehrt als Brennstoff, Werkstoff, Baustoff.
Das Elbsandsteingebirge lieferte Jahrhunderte lang das Baumaterial nicht nur für die meisten Brücken des Stroms und natürlich Dresdens prächtige Renaissancebauten, sondern auch die gotischen Dome in Meißen, Wittenberg oder Magdeburg sowie die Schlösser in Potsdam Sanssouci oder Schwerin und die Ratshäuser in Hamburg und Bremen, selbst das Brandenburger Tor.
Übel mitgespielt wurde dem Fluss mit dem Aufkommen der Chemie und der Großindustrie nach Ende des 2. Weltkrieges. Deren Schmutzfluten vernichteten jahrzehntelang fast alles Leben im Wasser. Erst seit der Wende haben umfangreiche Sanierungsmaßnahmen begonnen. Die Elbe hat sich verblüffend rasch wieder erholt.
Immer wieder kommt der Autor auf die große Elbeflut 2002 zurück, zeigt sich darin doch, wie fahrlässig man in jüngerer Zeit mit den Gefahren des Stroms umgegangen ist. Durch Deiche bis an den Fluss hat die Elbe vielerorts ehemalige Überflutungsflächen verloren. So stieg der Pegel rasch auf Rekordhöhen und die steigenden Fluten überspülten die Deiche. Flüsse, das macht Hansjörg Küster mehr als deutlich, lassen sich nicht endgültig bändigen.
Schön an dem Buch ist, dass die Geschichtsschreibung dem Flusslauf von der Quelle bis zur Mündung folgt. Dabei schweift der Autor auch in die Umgebung des Stroms ab, berichtet, was an seinen wichtigsten Nebenflüssen passierte, an Eger, Mulde, Saale oder Havel, gelangt so auch nach Prag und Berlin, nach Karlsbad und Wolfsburg. Das erlaubt es dem Leser zwischen den Kapiteln zu springen, sich die Gegenden auszusuchen, die ihn am ehesten interessieren.
Immer wieder lockern den Text kleine Anekdoten auf: Da die Elbe relativ flach ist, bauten die Bootswerften sehr breite Schiffe mit weit ausgezogenen Spitzen- und Heckpartien. Diese Elbkähne wirkten daher überdurchschnittlich groß. Seitdem nennt man zu große Schuhe spöttisch Elbkähne.
Spätestens Geschichten wie diese machen Hansjörg Küsters "Elbe"-Buch zu einer rundum gelungenen, kurzweiligen Lektüre.
Rezensiert von Johannes Kaiser
Hansjörg Küster: Die Elbe – Landschaft und Geschichte,
C.H.Beck Verlag München 2007, 336 Seiten, 16.90 €