Von der Wolle zum Weben
Das beschauliche Städtchen Neumünster in Schleswig-Holstein hat eine umtriebige Vergangenheit. Schon vor 3000 Jahren wurden dort Garne gesponnen und Tuche gewebt. Nachdem in England die Dampfmaschinen erfunden wurden, betrieben die Neumünsteraner das Tuchgewerbe im ganz großen Stil. Im Oktober hat nun dort das Textilmuseum "Tuch und Technik" eröffnet und gibt der kleinen Stadt die Erinnerungen zurück.
Eine gigantische Vitrine aus Glas, festgehalten von kantigem Beton mit Stahl. Futuristisch und transparent wirkt das neu gebaute Museum mitten im Herzen Neumünsters, wie ein überdimensionaler, lang gestreckter Guckkasten über die Geschichte der Stadt.
Innen dann zunächst eine offene Galerie, die den Blick freigibt auf die darunter liegende Ausstellungsfläche - ein weiter, offener Raum, dessen 2000 Quadratmeter nicht über Architektur, sondern allein durch die Exponate eine Struktur bekommen.
"Also hier ist A wie Anfang, Frühzeit und frühes Mittelalter, und deswegen gehen wir hier mal rein."
Dr. Sabine Vogel geht zwischen zwei hohen Betonwänden hindurch und zeigt auf einen gläsernen Schaukasten, eingelassen in den Boden.
"Und hier rechts in dieser großen Bodenvitrine sieht man... huch, ich hab die nie gezählt... 25 Klumpen, die sehen ein bisschen aus wie Donuts. Haben auch ungefähr die Größe, vielleicht ein bisschen größer. Und die liegen hier in zwei Reihen. Und da kann man sich natürlich fragen, warum die denn da so liegen und was das eigentlich überhaupt ist..."
Die Direktorin des Hauses lächelt verschmitzt und freut sich über Achselzucken und ratlose Blicke. Sie weist auf den Nachbau eines hölzernen Webstuhls hinten an der Wand. An den vertikalen Kettfäden hängen genau solche "Donuts" und halten die Fäden stramm.
"Was nämlich passiert ist, ist, dass das Haus abgebrannt ist, in dem der Webstuhl drinstand. Und durch den Brand des Hauses, das brennt ja ein Weilchen, ist aus diesem ungebrannten Ton, diesen Lehmklumpen, ist gebrannter Ton geworden."
"Und dadurch konnte das von um 1000 herum ungefähr bis 1956, als nämlich an dieser Stelle ein neues Haus gebaut wurde, für Flüchtlinge, die nach Neumünster gekommen waren, konnten die da im Boden liegen bleiben."
Obwohl doch erst bei A sind wir doch schon mittendrin.
"Eins, zwei drei. Und jetzt das Schiffchen so, dass die Ösen zu Dir schauen, genau ..."
Sabine Vogel geht weiter zu einem Zwei-Mann-Webstuhl und erklärt, dass Weben im Grund ganz einfach sei. Das demonstriert sie an einem simplen Modell aus gespannten vertikalen Fäden, der Kette, und Stoffbändern, die horizontal dazwischengefädelt werden, dem Schuss.
"Damit diese Bindung entsteht, muss immer der Schuss die Kette kreuzen, das heißt immer einen hoch und einen runter, das ist dann eine so genannte Leinwandbindung, was wir auf unserem großen Zwei-Mann-Webstuhl da auch haben, und den zweiten Schuss, den ich hier gerade in der Hand habe, muss man dann nämlich andersherum machen."
Währenddessen halten am anderen Ende des Textilmuseums drei kleine Jungs lange Wollfasern in der Hand und rollen sie geduldig zwischen ihren Fingern, damit irgendwann ein richtiger Faden daraus wird. Die Schüler der vier A aus der Gartenstadtschule haben hier heute Heimat- und Sachunterricht. "Von der Wolle zur Decke" lautet ihr Thema.
Jungs: "Das ist richtig cool hier. - Und das ist richtig spannend. Da hinten ist zum Beispiel... da hat man den Teppich weich geklopft, und da mussten wir immer rennen, um das anzutreiben, das haben Pferde oder andere Tiere gemacht."
"Heute geht man einfach in einen Laden und kauft sich da, und heute haben wir mal gesehen, was für ein Aufwand das alles ist."
Spätestens ab dem 7. Lebensjahr, erfahren die Jungen und Mädchen im Museum, mussten Kinder in den Handwerkerhaushalten mitarbeiten, und auch später in der Zeit der Industrialisierung waren sie in den großen Fabriken Teil der Belegschaft, bis zum Verbot der Kinderarbeit 1891.
"Neumünster war die größte Tuchproduktionsstadt im Königreich. Darauf sind die Neumünsteraner immer ganz stolz und unterschlagen dabei immer ein bisschen, welches Königreich das eigentlich war."
Sabine Vogel bestellt sich einen Kakao in der Museumscafeteria und erzählt, dass Holstein und Schleswig von 1773 bis 1867 zu Dänemark gehörten und dass der Dänische König seinen industriellen Süden finanziell und steuerlich gefördert habe.
Wo bis dahin große Bauern- und Gartengrundstücke gewesen seien, standen bald Fabrikgebäude. Um 1900 war Neumünster eine boomende Industriestadt, in der die Menschen, zu Wohlstand gelangt, sich nach Feierabend in Musikpavillons und Tanzsälen vergnügten.
"Und was da so gespielt wurde, das kann man hier hören."
1956, mit der Gründung der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, bekamen Neumünsters Tuchmacher starke Konkurrenz aus Italien. In den 70er Jahren veränderte sich die Branche durch die Entwicklung der Kunstfasern noch einmal. Und 1991 schloss die letzte Tuchfabrik ihre Tore. Der Musterkoffer der letzten Vertreterreise liegt jetzt hier im Museum.
Mit dem Museum bekommt das Städtchen Neumünster nun einen Teil seiner Geschichte zurück.
"Ich bin sehr glücklich. Was ich an dem Haus mag ist, (...) man läuft durch einen Raum, der sich, je länger man hier lang läuft, mit seinen eigenen Erinnerungen füllt."
Innen dann zunächst eine offene Galerie, die den Blick freigibt auf die darunter liegende Ausstellungsfläche - ein weiter, offener Raum, dessen 2000 Quadratmeter nicht über Architektur, sondern allein durch die Exponate eine Struktur bekommen.
"Also hier ist A wie Anfang, Frühzeit und frühes Mittelalter, und deswegen gehen wir hier mal rein."
Dr. Sabine Vogel geht zwischen zwei hohen Betonwänden hindurch und zeigt auf einen gläsernen Schaukasten, eingelassen in den Boden.
"Und hier rechts in dieser großen Bodenvitrine sieht man... huch, ich hab die nie gezählt... 25 Klumpen, die sehen ein bisschen aus wie Donuts. Haben auch ungefähr die Größe, vielleicht ein bisschen größer. Und die liegen hier in zwei Reihen. Und da kann man sich natürlich fragen, warum die denn da so liegen und was das eigentlich überhaupt ist..."
Die Direktorin des Hauses lächelt verschmitzt und freut sich über Achselzucken und ratlose Blicke. Sie weist auf den Nachbau eines hölzernen Webstuhls hinten an der Wand. An den vertikalen Kettfäden hängen genau solche "Donuts" und halten die Fäden stramm.
"Was nämlich passiert ist, ist, dass das Haus abgebrannt ist, in dem der Webstuhl drinstand. Und durch den Brand des Hauses, das brennt ja ein Weilchen, ist aus diesem ungebrannten Ton, diesen Lehmklumpen, ist gebrannter Ton geworden."
"Und dadurch konnte das von um 1000 herum ungefähr bis 1956, als nämlich an dieser Stelle ein neues Haus gebaut wurde, für Flüchtlinge, die nach Neumünster gekommen waren, konnten die da im Boden liegen bleiben."
Obwohl doch erst bei A sind wir doch schon mittendrin.
"Eins, zwei drei. Und jetzt das Schiffchen so, dass die Ösen zu Dir schauen, genau ..."
Sabine Vogel geht weiter zu einem Zwei-Mann-Webstuhl und erklärt, dass Weben im Grund ganz einfach sei. Das demonstriert sie an einem simplen Modell aus gespannten vertikalen Fäden, der Kette, und Stoffbändern, die horizontal dazwischengefädelt werden, dem Schuss.
"Damit diese Bindung entsteht, muss immer der Schuss die Kette kreuzen, das heißt immer einen hoch und einen runter, das ist dann eine so genannte Leinwandbindung, was wir auf unserem großen Zwei-Mann-Webstuhl da auch haben, und den zweiten Schuss, den ich hier gerade in der Hand habe, muss man dann nämlich andersherum machen."
Währenddessen halten am anderen Ende des Textilmuseums drei kleine Jungs lange Wollfasern in der Hand und rollen sie geduldig zwischen ihren Fingern, damit irgendwann ein richtiger Faden daraus wird. Die Schüler der vier A aus der Gartenstadtschule haben hier heute Heimat- und Sachunterricht. "Von der Wolle zur Decke" lautet ihr Thema.
Jungs: "Das ist richtig cool hier. - Und das ist richtig spannend. Da hinten ist zum Beispiel... da hat man den Teppich weich geklopft, und da mussten wir immer rennen, um das anzutreiben, das haben Pferde oder andere Tiere gemacht."
"Heute geht man einfach in einen Laden und kauft sich da, und heute haben wir mal gesehen, was für ein Aufwand das alles ist."
Spätestens ab dem 7. Lebensjahr, erfahren die Jungen und Mädchen im Museum, mussten Kinder in den Handwerkerhaushalten mitarbeiten, und auch später in der Zeit der Industrialisierung waren sie in den großen Fabriken Teil der Belegschaft, bis zum Verbot der Kinderarbeit 1891.
"Neumünster war die größte Tuchproduktionsstadt im Königreich. Darauf sind die Neumünsteraner immer ganz stolz und unterschlagen dabei immer ein bisschen, welches Königreich das eigentlich war."
Sabine Vogel bestellt sich einen Kakao in der Museumscafeteria und erzählt, dass Holstein und Schleswig von 1773 bis 1867 zu Dänemark gehörten und dass der Dänische König seinen industriellen Süden finanziell und steuerlich gefördert habe.
Wo bis dahin große Bauern- und Gartengrundstücke gewesen seien, standen bald Fabrikgebäude. Um 1900 war Neumünster eine boomende Industriestadt, in der die Menschen, zu Wohlstand gelangt, sich nach Feierabend in Musikpavillons und Tanzsälen vergnügten.
"Und was da so gespielt wurde, das kann man hier hören."
1956, mit der Gründung der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, bekamen Neumünsters Tuchmacher starke Konkurrenz aus Italien. In den 70er Jahren veränderte sich die Branche durch die Entwicklung der Kunstfasern noch einmal. Und 1991 schloss die letzte Tuchfabrik ihre Tore. Der Musterkoffer der letzten Vertreterreise liegt jetzt hier im Museum.
Mit dem Museum bekommt das Städtchen Neumünster nun einen Teil seiner Geschichte zurück.
"Ich bin sehr glücklich. Was ich an dem Haus mag ist, (...) man läuft durch einen Raum, der sich, je länger man hier lang läuft, mit seinen eigenen Erinnerungen füllt."