Von Detroit nach Helgoland
Auf der Hochseeinsel Helgoland haben sich mehrere Pfarrer schon nach wenigen Jahren verabschiedet. Nun ist eine neue Pfarrerin da. Nach sechs Jahren in der amerikanischen Metropole Detroit musste sich Pamela Hansen in Deutschland an manches erst wieder gewöhnen.
Mit ihrer Hündin Jessi dreht Pamela Hansen ihre Mittagsrunde im Helgoländer Oberland. Vom Pfarrhaus neben der Kirche hinaus zu den markanten roten Felsen. Immer entlang der Steilküste. Seit einem halben Jahr ist sie nun Pfarrerin auf Helgoland und hat die Motown-Metropole Detroit gegen die kleine Insel mit einer 700-Seelen-Gemeinde eingetauscht.
"Kirche ist natürlich ein bisschen anders hier als in Amerika. Viel mehr Verwaltung, viel mehr Bürokratie. In Amerika geht das mehr auf dem direkten Wege, da werden die Pastoren direkt von ihrer Gemeinde bezahlt."
Nach dem Vikariat hatte die gebürtige Eutinerin zunächst keine Pfarrstelle in ihrer nordelbischen Kirche gefunden. Da kam das Angebot, als Pfarrerin in Detroit anzufangen, gerade recht. Dort hat sie vor allem die Offenheit der Amerikaner schätzen gelernt:
"Gerade wenn man die Amerikaner mit den Norddeutschen vergleicht, die ja doch gerne mal die Straßenseite wechseln, um nicht Guten Tag sagen zu müssen, das ist in Amerika was ganz Anderes. Diese Offenheit, Freundlichkeit und auch eine sehr große Hilfsbereitschaft."
Nach sechs Jahren Detroit musste sie sich in Deutschland an manches erst wieder gewöhnen.
"Die ersten zwei, drei Monate waren etwas hart. Da habe ich schon einiges vermisst. Mir ist es ganz stark aufgefallen: bei uns die Sonntagsruhe. Das kam mir so vor am Sonntag: Es ist alles tot, es waren keine Leute unterwegs, und in Amerika, da ist sonntags Leben auf den Straßen, da sind Menschen zu sehen, die Geschäfte haben auf. Es kam mir alles ein bisschen kleiner und enger vor in Deutschland."
Nach der Rückkehr bot ihr die Nordelbische Kirche dann die Pfarrstelle auf Helgoland an:
"Mein Mann war anfangs etwas verhalten. Ich weiß noch: Er hat anfangs gesagt, bevor ich zu dem Gespräch bin: Ich kann mit allem leben, solange es nicht Helgoland oder Hallig Hooge ist. Und dann kam ich wieder und sagte: Na, nun rate mal."
Nun ist Pamela Hansen Pfarrerin auf Deutschlands einziger Hochseeinsel.
"Gucken Sie sich einfach um. Es ist landschaftlich total klasse. Findet mein Hund auch."
Vor allem im Sommer: tiefblauer Himmel, ein seichter Wind, grüne Schafswiesen und rote Felsen:
"So, da ist die berühmte lange Anna."
Kirchenvorsteher Lars Carstens, der die Pastorin begleitet, weist auf das Wahrzeichen von Helgoland.
"Das ist der Grund für viele Touristen, hierher zu kommen. Die fragen, wo geht es hier zur Anna? Wo geht es hier zum Felsen?"
Helgoland – das ist gerade mal ein Quadratkilometer. Jeder kennt hier jeden, und als Pfarrerin ist Pamela Hansen Ansprechpartnerin für alle. Mal abtauchen - das geht nicht. Dass man auf einer Insel lebt, kann man hier nicht verdrängen. Die Pfarrerin nimmt's positiv:
"Wenn ich mich so umgucke, einmal im Kreis, überall Wasser, das merkt man schon. Die Anbindung zum Festland – das dauert schon etwas länger, bis man da drüben ist."
Mit dem Boot sind es knapp drei Stunden nach Büsum.
"Wir nutzen das dann mal aus: Chinesisch essen gehen, Kino."
Pamela Hansen ist auf Helgoland gleich gut aufgenommen worden. Das liegt auch an ihrem Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr.
"Die Kameradschaft ist natürlich auch etwas, was es mir leichter gemacht hat, mit den Leuten auf der Insel in Kontakt zu kommen."
Die Pastorin weist auf ihren Pieper, den sie immer dabei hat – fast immer. Nur auf der Kanzel und bei Beerdigungen muss sie nicht in Alarmbereitschaft sein. Aber dramatische Einsätze hatte die Feuerwehrfrau mit den langen dunklen Haaren und dem fröhlichen Wesen bislang noch nicht.
"Was war das Schlimmste? Schaf in Felsspalte."
Auf Helgoland musste sich die 40-Jährige an manche Sitten der Insulaner aber erst einmal gewöhnen. So wird auf der Insel aufs Händeschütteln weitgehend verzichtet:
"Mir zuckte anfangs schon immer ständig die Hand, wenn ich jemandem über den Weg lief, aber inzwischen auch nicht mehr. Jetzt ist es fast unangenehm, wenn ich auf dem Festland bin, und die Leute mir die Hand geben wollen und ich gar nicht weiß, was los ist."
Lars Carstens ist froh, dass es Pamela Hansen so gut auf Helgoland gefällt. Denn der Kirchenvorsteher, im Hauptberuf Inselpolizist, hat miterleben müssen, dass es ihre Vorgänger oft nicht lange ausgehalten haben.
"Es ist so, dass Helgoland natürlich nicht jeden anspricht. Man geht hier ein anderes Leben ein, und jemanden zu motivieren, nach Helgoland zu kommen, das ist schon ein bisschen schwieriger als eine Festlandstelle zu besetzen. Man muss eben auch Kompromisse eingehen. Man muss schon das Gefühl ertragen können, das letzte Schiff ist weg, der Flieger fliegt nicht mehr, ich komme hier nicht weg."
Diese Probleme kennt der Ehemann der Pfarrerin nur allzu gut. Er ist Lehrer und zieht aus beruflichen Gründen erst im kommenden Monat nach Helgoland um:
"Das ist ein meteorologisches Phänomen; immer wenn Herr Hansen kommen wollte und sollte, gab es Nebel. Eigentlich immer nur dann (…) Es war nicht nur der Nebel. In den Osterfeiern hat er gesagt: Ich gehe auf Nummer sicher, nehme ein Schiff und dann fuhr das Schiff nicht wegen Sturm. (…) Man entwickelt hier schon eine etwas andere Mentalität: Wenn etwas nicht geht, dann geht es eben nicht."
Auf dem Küstenrundweg geht es zurück in den Ort. Pamela Hansen ist leicht zu erkennen – an ihrem weißen Stehkragen, dem Kollar:
"Ich habe auch schon positive Erfahrungen gemacht: am Anfang auch hier die Insulaner, wenn ich hier die Straße runterkam, und jemand guckte: Ah, das ist die Pastorin, kann ich Sie mal kurz was fragen."
Das gilt natürlich vor allem für die Touristen. Denn in den Sommermonaten wächst ihre Gemeinde auf das Doppelte an. Dann kümmert sich Pamela Hansen – zusammen mit ihrem katholischen Kollegen - oft mehr um die Inselbesucher als um die Einheimischen. Dafür hat sie dann in den stillen Wintermonaten um so mehr Zeit, sich um das Seelenheil der Helgoländer zu sorgen.
Im Büro der Pfarrerin hängt auch ihre Dienstkleidung. Statt des üblichen schwarzen Talars trägt sie lieber eine weiße Albe und sieht sich dabei in einer langen Tradition:
"Ich mache das deswegen, weil Martin Luther das auch gemacht hat. Da bin ich konservativ-lutherisch, meint man nicht immer, aber ist so. Er hat die weiße Albe angehabt und eine Stola und wenn er die Messe gemacht hat, dann noch die Kasel, diesen Überwurf."
Der schwarze Talar sei nur eine alte preußische Beamtenkleidung und eigentlich gar kein religiöses Kleidungsstück. In ihrem weißen Gewand mit einer roten Stola fühle sie sich wohler. Zustimmung bei Jörg Andres, dem Museumsleiter von Helgoland:
" "Ich finde das sehr viel schöner und ansprechender als dieses ständige Schwarz, du gefällst mir so in bunt viel besser, ich glaube, den Kindern auch, und es ärgert ein paar von den alten Stinkstiefeln auf dieser Insel, und das freut mich auch." (Lachen) "
Dazu sagt die Pastorin Pamela Hansen jetzt lieber mal nichts.
"Kirche ist natürlich ein bisschen anders hier als in Amerika. Viel mehr Verwaltung, viel mehr Bürokratie. In Amerika geht das mehr auf dem direkten Wege, da werden die Pastoren direkt von ihrer Gemeinde bezahlt."
Nach dem Vikariat hatte die gebürtige Eutinerin zunächst keine Pfarrstelle in ihrer nordelbischen Kirche gefunden. Da kam das Angebot, als Pfarrerin in Detroit anzufangen, gerade recht. Dort hat sie vor allem die Offenheit der Amerikaner schätzen gelernt:
"Gerade wenn man die Amerikaner mit den Norddeutschen vergleicht, die ja doch gerne mal die Straßenseite wechseln, um nicht Guten Tag sagen zu müssen, das ist in Amerika was ganz Anderes. Diese Offenheit, Freundlichkeit und auch eine sehr große Hilfsbereitschaft."
Nach sechs Jahren Detroit musste sie sich in Deutschland an manches erst wieder gewöhnen.
"Die ersten zwei, drei Monate waren etwas hart. Da habe ich schon einiges vermisst. Mir ist es ganz stark aufgefallen: bei uns die Sonntagsruhe. Das kam mir so vor am Sonntag: Es ist alles tot, es waren keine Leute unterwegs, und in Amerika, da ist sonntags Leben auf den Straßen, da sind Menschen zu sehen, die Geschäfte haben auf. Es kam mir alles ein bisschen kleiner und enger vor in Deutschland."
Nach der Rückkehr bot ihr die Nordelbische Kirche dann die Pfarrstelle auf Helgoland an:
"Mein Mann war anfangs etwas verhalten. Ich weiß noch: Er hat anfangs gesagt, bevor ich zu dem Gespräch bin: Ich kann mit allem leben, solange es nicht Helgoland oder Hallig Hooge ist. Und dann kam ich wieder und sagte: Na, nun rate mal."
Nun ist Pamela Hansen Pfarrerin auf Deutschlands einziger Hochseeinsel.
"Gucken Sie sich einfach um. Es ist landschaftlich total klasse. Findet mein Hund auch."
Vor allem im Sommer: tiefblauer Himmel, ein seichter Wind, grüne Schafswiesen und rote Felsen:
"So, da ist die berühmte lange Anna."
Kirchenvorsteher Lars Carstens, der die Pastorin begleitet, weist auf das Wahrzeichen von Helgoland.
"Das ist der Grund für viele Touristen, hierher zu kommen. Die fragen, wo geht es hier zur Anna? Wo geht es hier zum Felsen?"
Helgoland – das ist gerade mal ein Quadratkilometer. Jeder kennt hier jeden, und als Pfarrerin ist Pamela Hansen Ansprechpartnerin für alle. Mal abtauchen - das geht nicht. Dass man auf einer Insel lebt, kann man hier nicht verdrängen. Die Pfarrerin nimmt's positiv:
"Wenn ich mich so umgucke, einmal im Kreis, überall Wasser, das merkt man schon. Die Anbindung zum Festland – das dauert schon etwas länger, bis man da drüben ist."
Mit dem Boot sind es knapp drei Stunden nach Büsum.
"Wir nutzen das dann mal aus: Chinesisch essen gehen, Kino."
Pamela Hansen ist auf Helgoland gleich gut aufgenommen worden. Das liegt auch an ihrem Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr.
"Die Kameradschaft ist natürlich auch etwas, was es mir leichter gemacht hat, mit den Leuten auf der Insel in Kontakt zu kommen."
Die Pastorin weist auf ihren Pieper, den sie immer dabei hat – fast immer. Nur auf der Kanzel und bei Beerdigungen muss sie nicht in Alarmbereitschaft sein. Aber dramatische Einsätze hatte die Feuerwehrfrau mit den langen dunklen Haaren und dem fröhlichen Wesen bislang noch nicht.
"Was war das Schlimmste? Schaf in Felsspalte."
Auf Helgoland musste sich die 40-Jährige an manche Sitten der Insulaner aber erst einmal gewöhnen. So wird auf der Insel aufs Händeschütteln weitgehend verzichtet:
"Mir zuckte anfangs schon immer ständig die Hand, wenn ich jemandem über den Weg lief, aber inzwischen auch nicht mehr. Jetzt ist es fast unangenehm, wenn ich auf dem Festland bin, und die Leute mir die Hand geben wollen und ich gar nicht weiß, was los ist."
Lars Carstens ist froh, dass es Pamela Hansen so gut auf Helgoland gefällt. Denn der Kirchenvorsteher, im Hauptberuf Inselpolizist, hat miterleben müssen, dass es ihre Vorgänger oft nicht lange ausgehalten haben.
"Es ist so, dass Helgoland natürlich nicht jeden anspricht. Man geht hier ein anderes Leben ein, und jemanden zu motivieren, nach Helgoland zu kommen, das ist schon ein bisschen schwieriger als eine Festlandstelle zu besetzen. Man muss eben auch Kompromisse eingehen. Man muss schon das Gefühl ertragen können, das letzte Schiff ist weg, der Flieger fliegt nicht mehr, ich komme hier nicht weg."
Diese Probleme kennt der Ehemann der Pfarrerin nur allzu gut. Er ist Lehrer und zieht aus beruflichen Gründen erst im kommenden Monat nach Helgoland um:
"Das ist ein meteorologisches Phänomen; immer wenn Herr Hansen kommen wollte und sollte, gab es Nebel. Eigentlich immer nur dann (…) Es war nicht nur der Nebel. In den Osterfeiern hat er gesagt: Ich gehe auf Nummer sicher, nehme ein Schiff und dann fuhr das Schiff nicht wegen Sturm. (…) Man entwickelt hier schon eine etwas andere Mentalität: Wenn etwas nicht geht, dann geht es eben nicht."
Auf dem Küstenrundweg geht es zurück in den Ort. Pamela Hansen ist leicht zu erkennen – an ihrem weißen Stehkragen, dem Kollar:
"Ich habe auch schon positive Erfahrungen gemacht: am Anfang auch hier die Insulaner, wenn ich hier die Straße runterkam, und jemand guckte: Ah, das ist die Pastorin, kann ich Sie mal kurz was fragen."
Das gilt natürlich vor allem für die Touristen. Denn in den Sommermonaten wächst ihre Gemeinde auf das Doppelte an. Dann kümmert sich Pamela Hansen – zusammen mit ihrem katholischen Kollegen - oft mehr um die Inselbesucher als um die Einheimischen. Dafür hat sie dann in den stillen Wintermonaten um so mehr Zeit, sich um das Seelenheil der Helgoländer zu sorgen.
Im Büro der Pfarrerin hängt auch ihre Dienstkleidung. Statt des üblichen schwarzen Talars trägt sie lieber eine weiße Albe und sieht sich dabei in einer langen Tradition:
"Ich mache das deswegen, weil Martin Luther das auch gemacht hat. Da bin ich konservativ-lutherisch, meint man nicht immer, aber ist so. Er hat die weiße Albe angehabt und eine Stola und wenn er die Messe gemacht hat, dann noch die Kasel, diesen Überwurf."
Der schwarze Talar sei nur eine alte preußische Beamtenkleidung und eigentlich gar kein religiöses Kleidungsstück. In ihrem weißen Gewand mit einer roten Stola fühle sie sich wohler. Zustimmung bei Jörg Andres, dem Museumsleiter von Helgoland:
" "Ich finde das sehr viel schöner und ansprechender als dieses ständige Schwarz, du gefällst mir so in bunt viel besser, ich glaube, den Kindern auch, und es ärgert ein paar von den alten Stinkstiefeln auf dieser Insel, und das freut mich auch." (Lachen) "
Dazu sagt die Pastorin Pamela Hansen jetzt lieber mal nichts.