"Von Geburt an wissbegierig und sozial kompetent"
Zu einer für Kinder anregungsreichen Umgebung gehörten vor allem andere Kinder, sagt die Rostocker Frühpädagogin Silke Pfeiffer. Sie schlägt vor, Kita-Erzieherinnen mit dem "Schwerpunkt null bis sechs" auszubilden, um dem Bildungspotenzial von Kleinkindern besser gerecht zu werden.
Dieter Kassel: Wenn vom Umgang mit Kleinkindern die Rede ist, egal ob zu Hause oder im Kindergarten, dann spricht man schnell von Betreuung. Betreuung hat aber erst mal kein allzu raffiniertes Konzept, es sollte wohl schon um mehr gehen als spielen lassen und Unfälle vermeiden, wenn Kinder schon im frühesten Alter in eine Kita gehen. Und genau darauf haben Eltern in Deutschland ja ab morgen einen Rechtsanspruch.
Über das, was Frühpädagogik in diesem Zusammenhang leisten kann und leisten sollte, wollen wir jetzt mit Silke Pfeiffer reden. Sie ist Standortleiterin der Fachhochschule des Mittelstands Rostock, leitet ebendort den Studienschwerpunkt Pädagogik, und sie ist unter anderem die Autorin eines Buches zur Geschichte und Theorie der Frühpädagogik, und ich begrüße sie jetzt in unserem Studio in Rostock. Schönen guten Tag, Frau Pfeiffer.
Silke Pfeiffer: Ja, guten Tag, Herr Kassel.
Kassel: Was mich erst mal erstaunt hat bei der Lektüre des gerade erwähnten Buches, ist, dass die Geschichte der Frühpädagogik – wenn man, das Wort ist ja auch ein bisschen ungenau, wenn man das jetzt wirklich auf Kinder bis zum dritten Lebensjahr bezieht –, dass diese Geschichte ja noch relativ jung ist.
Pfeiffer: Ja, das ist vollkommen richtig. Man kann sagen, dass wir uns seit Ende der 70er-, 80er-Jahre diesem Feld verstärkt zuwenden, wobei es weniger Forschung in diesem Bereich gibt, als man vor dem Hintergrund der öffentlichen Debatten denken mag.
Kassel: Warum?
Pfeiffer: Seit etwa zehn Jahren wird immer wieder gefordert, verstärkt zu forschen in diesem Bereich, aber tatsächlich ist es so, dass wir uns häufig in der Praxis dann auf Plausibilitäten berufen. So gehen wir davon aus, dass Altersmischung per se etwas Positives, Entwicklungsförderliches ist. Es gibt dazu aber kaum wissenschaftliche Untersuchungen.
Kassel: Warum hat sich denn, wenn wir mal sagen, bis Ende der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts die Pädagogik kaum oder fast gar nicht mit Kleinkindern beschäftigt?
Pfeiffer: Ja, man hatte einfach eine vollkommen andere Vorstellung vom Kind, nicht nur vom Kleinkind, sondern überhaupt vom Kind, bis ins 19. Jahrhundert hinein war ja eine Vorstellung vorherrschend, das Kind als kleinen, unfertigen Menschen zu sehen. Und so einen kleinen, hilfsbedürftigen Menschen, den muss man dann halt betreuen. Und für den reicht es vollkommen aus, wenn Bildungsprozesse, wenn überhaupt, dann eben später ansetzen. Heute betonen wir sehr viel stärker die Kindheit als eigenständigen, äußerst produktiven Bereich, als eigenständige Lebensphase, und wir gehen davon aus, dass das Kind von Geburt an wissbegierig, lernwillig und auch sozial kompetent ist.
Kassel: Kann man daraus schließen, das, was passieren sollte in Einrichtungen für bis zu Dreijährige, sollte zumindest unter anderem und im weitesten Sinne auch Bildung sein?
Pfeiffer: Aber selbstverständlich, nicht unter anderem, sondern es sollte Bildung sein.
Über das, was Frühpädagogik in diesem Zusammenhang leisten kann und leisten sollte, wollen wir jetzt mit Silke Pfeiffer reden. Sie ist Standortleiterin der Fachhochschule des Mittelstands Rostock, leitet ebendort den Studienschwerpunkt Pädagogik, und sie ist unter anderem die Autorin eines Buches zur Geschichte und Theorie der Frühpädagogik, und ich begrüße sie jetzt in unserem Studio in Rostock. Schönen guten Tag, Frau Pfeiffer.
Silke Pfeiffer: Ja, guten Tag, Herr Kassel.
Kassel: Was mich erst mal erstaunt hat bei der Lektüre des gerade erwähnten Buches, ist, dass die Geschichte der Frühpädagogik – wenn man, das Wort ist ja auch ein bisschen ungenau, wenn man das jetzt wirklich auf Kinder bis zum dritten Lebensjahr bezieht –, dass diese Geschichte ja noch relativ jung ist.
Pfeiffer: Ja, das ist vollkommen richtig. Man kann sagen, dass wir uns seit Ende der 70er-, 80er-Jahre diesem Feld verstärkt zuwenden, wobei es weniger Forschung in diesem Bereich gibt, als man vor dem Hintergrund der öffentlichen Debatten denken mag.
Kassel: Warum?
Pfeiffer: Seit etwa zehn Jahren wird immer wieder gefordert, verstärkt zu forschen in diesem Bereich, aber tatsächlich ist es so, dass wir uns häufig in der Praxis dann auf Plausibilitäten berufen. So gehen wir davon aus, dass Altersmischung per se etwas Positives, Entwicklungsförderliches ist. Es gibt dazu aber kaum wissenschaftliche Untersuchungen.
Kassel: Warum hat sich denn, wenn wir mal sagen, bis Ende der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts die Pädagogik kaum oder fast gar nicht mit Kleinkindern beschäftigt?
Pfeiffer: Ja, man hatte einfach eine vollkommen andere Vorstellung vom Kind, nicht nur vom Kleinkind, sondern überhaupt vom Kind, bis ins 19. Jahrhundert hinein war ja eine Vorstellung vorherrschend, das Kind als kleinen, unfertigen Menschen zu sehen. Und so einen kleinen, hilfsbedürftigen Menschen, den muss man dann halt betreuen. Und für den reicht es vollkommen aus, wenn Bildungsprozesse, wenn überhaupt, dann eben später ansetzen. Heute betonen wir sehr viel stärker die Kindheit als eigenständigen, äußerst produktiven Bereich, als eigenständige Lebensphase, und wir gehen davon aus, dass das Kind von Geburt an wissbegierig, lernwillig und auch sozial kompetent ist.
Kassel: Kann man daraus schließen, das, was passieren sollte in Einrichtungen für bis zu Dreijährige, sollte zumindest unter anderem und im weitesten Sinne auch Bildung sein?
Pfeiffer: Aber selbstverständlich, nicht unter anderem, sondern es sollte Bildung sein.
"Bestimmte Fenster der Entwicklung"
Kassel: Aber nun kann ich mir vorstellen, nicht wie in der Schule, oder? Man muss ja spezifisch sein.
Pfeiffer: Nein, nein. Vielleicht muss ich dazu auch noch mal ein kleines bisschen ausholen. Wir stützen uns dabei auf neuere entwicklungspsychologische Ergebnisse und auf Forschungsergebnisse der Gehirnforschung, und die stellen vor allen Dingen drei Aspekte heraus, die berücksichtigt werden müssen in der frühen Kindheit. Das betrifft einmal die besonderen Bildungspotenziale in der frühen Kindheit, sowohl qualitativ als auch quantitativ, denn wir wissen heute, dass Babys in den ersten drei Lebensmonaten mehr lernen als ein Erwachsener in vier Jahren. Dann wissen wir, dass es bestimmte Fenster der Entwicklung gibt, dass Kinder also in bestimmten Zeiten auch bestimmte Dinge besonders gut lernen.
Das ist an sich nichts Neues, also Montessori hat schon von den Sensibilitäten gesprochen und hat gesagt: Kinder zwischen null und sechs sind besonders sensibel für Ordnung, für Bewegung und für Sprache. Und deswegen müssen diese Bereiche eben in der frühen Kindheit ganz besonders gefördert werden. Das ist also der eine Bereich, diese besonderen Bildungspotenziale in der frühen Kindheit, dann haben wir heute eine andere Vorstellung von Lernen als noch vor 20, 30 Jahren. Damals ging man ja eher von behavioristischen Vorstellungen aus, dass man Lernen machen kann, dass das also ein systematischer, zielgerichteter, gesetzmäßiger Prozess ist. Heute folgen wir eher konstruktivistischen Vorstellungen, dass Lernen also eigenaktiv konstruierend und im Alltag stattfindet. Und bei Kleinkindern, ganz kleinen Kindern im Krippenalter sprechen wir in diesem Zusammenhang – Schäfer tut das zum Beispiel – auch vom "Forschergeist in Windeln".
Kassel: Das heißt also, wenn ich das mal sehr vereinfachend sagen darf: Man soll die Kinder schon spielen lassen, aber man soll ihnen unterstützend dabei die Chance geben, spielerisch was zu lernen?
Pfeiffer: Spielen ist lernen, das sind synonyme Begriffe, nicht nur in der Frühpädagogik.
Kassel: Können Sie das ein bisschen besser bei Kleinkindern erklären? Weil wenn ich einfach nur sage, hier hast du einen Bauklotz, mach, was du willst, und gucke zu, das reicht doch vermutlich nicht, oder etwa doch?
Pfeiffer: Nein, na ja, was heißt, es reicht nicht – also was kann ich tun, wie kann ich … was wären überhaupt unterstützende Faktoren? Also ich kann eine anregungsreiche Umgebung schaffen, und dazu gehören zuallererst mal andere Kinder. Andere Kinder bringen die größten Bildungspotenziale mit sich. Dann ist es natürlich auch eine bestimmte Raumgestaltung, eine anregende Raumgestaltung und bestimmte Materialien, die in den verschiedenen reformpädagogischen Konzepten sehr unterschiedlich gewichtet werden. In der Waldorf-Pädagogik sind es vor allen Dingen Naturmaterialien, bei Montessori sind es die Montessori-Materialien, bei Fröbel waren es eben Walzen, Kugeln und Ähnliches. Und dann ist sehr, sehr wichtig eine gelingende Interaktion zwischen dem Kind und dem Erwachsenen und zwischen den Kindern und natürlich auch zwischen den Erwachsenen, Erziehern und den Eltern.
Kassel: Wir reden heute Nachmittag hier im Deutschlandradio Kultur einen Tag, bevor das Recht auf einen Kindergartenplatz auch für Kleinkinder in Kraft tritt in Deutschland, mit der Pädagogin Silke Pfeiffer über ein bisschen auch die Geschichte der Frühpädagogik, aber auch die vorliegenden Ergebnisse. Und wir müssen, Frau Pfeiffer, natürlich dann auch die Frage stellen, inwiefern werden sie denn schon umgesetzt, wenn jetzt ja die Diskussion darüber tobt, haben wir jetzt 700.000 oder 800.000 Betreuungsplätze – reden wir gar nicht darüber, ob das stimmt oder ob das reicht –, aber haben wir ausreichende Pädagogen, die das, was Sie gerade ein bisschen erklärt haben, auch umsetzen können?
Pfeiffer: Natürlich nicht. Wir haben weder ausreichend Forschungsergebnisse, noch haben wir ausreichend Fortbildung und Weiterbildung, und eine gute Ausbildung setzt ja auch eine hochwertige fachbasierte Lehre voraus. Also man kann sagen, dass es noch viel zu tun gibt in diesem Bereich, dass aber jetzt eben die politischen Entscheidungen so getroffen wurden, dass das auch getan werden muss. Also jetzt ist die Wissenschaft, jetzt ist die Pädagogik in der Pflicht, eben tatsächlich die Ergebnisse, die schon da sind, umzusetzen, und auch weiter in die Forschung in diesen Bereichen zu gehen.
Pfeiffer: Nein, nein. Vielleicht muss ich dazu auch noch mal ein kleines bisschen ausholen. Wir stützen uns dabei auf neuere entwicklungspsychologische Ergebnisse und auf Forschungsergebnisse der Gehirnforschung, und die stellen vor allen Dingen drei Aspekte heraus, die berücksichtigt werden müssen in der frühen Kindheit. Das betrifft einmal die besonderen Bildungspotenziale in der frühen Kindheit, sowohl qualitativ als auch quantitativ, denn wir wissen heute, dass Babys in den ersten drei Lebensmonaten mehr lernen als ein Erwachsener in vier Jahren. Dann wissen wir, dass es bestimmte Fenster der Entwicklung gibt, dass Kinder also in bestimmten Zeiten auch bestimmte Dinge besonders gut lernen.
Das ist an sich nichts Neues, also Montessori hat schon von den Sensibilitäten gesprochen und hat gesagt: Kinder zwischen null und sechs sind besonders sensibel für Ordnung, für Bewegung und für Sprache. Und deswegen müssen diese Bereiche eben in der frühen Kindheit ganz besonders gefördert werden. Das ist also der eine Bereich, diese besonderen Bildungspotenziale in der frühen Kindheit, dann haben wir heute eine andere Vorstellung von Lernen als noch vor 20, 30 Jahren. Damals ging man ja eher von behavioristischen Vorstellungen aus, dass man Lernen machen kann, dass das also ein systematischer, zielgerichteter, gesetzmäßiger Prozess ist. Heute folgen wir eher konstruktivistischen Vorstellungen, dass Lernen also eigenaktiv konstruierend und im Alltag stattfindet. Und bei Kleinkindern, ganz kleinen Kindern im Krippenalter sprechen wir in diesem Zusammenhang – Schäfer tut das zum Beispiel – auch vom "Forschergeist in Windeln".
Kassel: Das heißt also, wenn ich das mal sehr vereinfachend sagen darf: Man soll die Kinder schon spielen lassen, aber man soll ihnen unterstützend dabei die Chance geben, spielerisch was zu lernen?
Pfeiffer: Spielen ist lernen, das sind synonyme Begriffe, nicht nur in der Frühpädagogik.
Kassel: Können Sie das ein bisschen besser bei Kleinkindern erklären? Weil wenn ich einfach nur sage, hier hast du einen Bauklotz, mach, was du willst, und gucke zu, das reicht doch vermutlich nicht, oder etwa doch?
Pfeiffer: Nein, na ja, was heißt, es reicht nicht – also was kann ich tun, wie kann ich … was wären überhaupt unterstützende Faktoren? Also ich kann eine anregungsreiche Umgebung schaffen, und dazu gehören zuallererst mal andere Kinder. Andere Kinder bringen die größten Bildungspotenziale mit sich. Dann ist es natürlich auch eine bestimmte Raumgestaltung, eine anregende Raumgestaltung und bestimmte Materialien, die in den verschiedenen reformpädagogischen Konzepten sehr unterschiedlich gewichtet werden. In der Waldorf-Pädagogik sind es vor allen Dingen Naturmaterialien, bei Montessori sind es die Montessori-Materialien, bei Fröbel waren es eben Walzen, Kugeln und Ähnliches. Und dann ist sehr, sehr wichtig eine gelingende Interaktion zwischen dem Kind und dem Erwachsenen und zwischen den Kindern und natürlich auch zwischen den Erwachsenen, Erziehern und den Eltern.
Kassel: Wir reden heute Nachmittag hier im Deutschlandradio Kultur einen Tag, bevor das Recht auf einen Kindergartenplatz auch für Kleinkinder in Kraft tritt in Deutschland, mit der Pädagogin Silke Pfeiffer über ein bisschen auch die Geschichte der Frühpädagogik, aber auch die vorliegenden Ergebnisse. Und wir müssen, Frau Pfeiffer, natürlich dann auch die Frage stellen, inwiefern werden sie denn schon umgesetzt, wenn jetzt ja die Diskussion darüber tobt, haben wir jetzt 700.000 oder 800.000 Betreuungsplätze – reden wir gar nicht darüber, ob das stimmt oder ob das reicht –, aber haben wir ausreichende Pädagogen, die das, was Sie gerade ein bisschen erklärt haben, auch umsetzen können?
Pfeiffer: Natürlich nicht. Wir haben weder ausreichend Forschungsergebnisse, noch haben wir ausreichend Fortbildung und Weiterbildung, und eine gute Ausbildung setzt ja auch eine hochwertige fachbasierte Lehre voraus. Also man kann sagen, dass es noch viel zu tun gibt in diesem Bereich, dass aber jetzt eben die politischen Entscheidungen so getroffen wurden, dass das auch getan werden muss. Also jetzt ist die Wissenschaft, jetzt ist die Pädagogik in der Pflicht, eben tatsächlich die Ergebnisse, die schon da sind, umzusetzen, und auch weiter in die Forschung in diesen Bereichen zu gehen.
"Den Universalerzieher halte ich für problematisch"
Kassel: Würde am Ende eine Ausbildung stehen einer Fachhochschule idealerweise, das haben wir ja zum Teil auch schon, die Zeiten des zu Recht verpönten Begriffs "Kindergärtner" sind ja auch vorbei, aber würde da am Ende in Ihren Augen eine Ausbildung stehen müssen, die wirklich spezifisch Pädagogen ausbildet für, sagen wir mal, Kinder von zwei bis drei, Kinder von drei bis sechs und so weiter, oder kann man doch den Universalerzieher ausbilden?
Pfeiffer: Also den Universalerzieher halte ich für problematisch, allerdings denke ich schon, dass man für den Bereich null bis sechs, also zumindest mit dem Schwerpunkt null bis sechs ausbilden kann. Das würde dann auch berücksichtigen, dass da die Übergänge auch wichtig sind für die Bildungswirklichkeit. Aber ich würde Ihnen doch in einem Punkt widersprechen wollen, und zwar finde ich den Begriff "Kindergärtner" oder "Kindergärtnerin" gar nicht so furchtbar.
Also zunächst mal hat ihn Friedrich Fröbel geprägt, und er ist ja der Erfinder des Kindergartens, und er hatte dabei, damit verbunden zwei Vorstellungen, nämlich einmal, dass das Kind frei sich entwickeln können soll in einer entwicklungsförderlichen Umgebung wie eine Pflanze in einem Garten, wie eine Blume wachsen können soll, und die entsprechenden Bedingungen dafür eben auch vorfinden soll. Und zum anderen hatte er die Vorstellung, dass die Natur für die Bildung des Kindes, für die Lebenserfahrung des Kindes, gerade auch des kleinen Kindes, das ja so basale Erfahrung mit der Umwelt macht, von extremer Bedeutung ist. Und deswegen gehört eigentlich der Garten – also im wahrsten Sinne des Wortes – auch zu jeder Kindertagesstätte.
Kassel: Ich muss auch ehrlich zugeben, ich kann Ihnen da durchaus spontan beipflichten, auch wenn ich überrascht war von dem, was Sie gerade gesagt haben, ich finde den Begriff Erzieher andererseits auch nicht unheikel – das klingt immer nach dem bösen Mann, der vorne an der Tafel steht, und einem was eintrichtern will.
Pfeiffer: Ja.
Kassel: Aber dazu vielleicht auch noch eine Frage, ich könnte mir vorstellen, Frau Pfeiffer, dass manche Eltern sich auch sagen, wenn sie das gehört haben, was Sie vorhin erzählt haben: Spielen ist Lernen, Lernen und Bildung ist ein wesentlicher Teil auch schon der frühkindlichen Pädagogik, dass da auch bei manchen eine Alarmlampe angeht, die sagen, ich will aber nicht, was viele fordern, ich will nicht, dass mein Kind schon mit sechs Monaten Chinesisch lernt und danach Wirtschaftswissenschaften. Kann es nicht auch zu viel sein, kann man den Kindern Freiheiten nehmen mit zu viel frühkindlicher Pädagogik?
Pfeiffer: Das kommt auf die frühkindliche Pädagogik an. Wenn ich den Unterricht, den schulischen Unterricht natürlich in die Kindertagesstätte verlege, dann ist es eindeutig eine Verfrühung von Wissensaneignungsprozessen oder Vermittlungsprozessen, das ist nicht das, was wir wollen. Wir wissen aber, dass eben die emotionalen, sozialen und geistigen Förderungen Einfluss haben bis hin zu den funktionalen Strukturen des Gehirns. Und wir wissen also, dass wir diesen unterstützenden, fördernden Aspekten eben einen größeren Stellenwert einräumen müssen, wenn wir den Kindern auch gerecht werden wollen.
Kassel: … sagt Silke Pfeiffer. Sie ist von der Fachhochschule des Mittelstands in Rostock und Autorin unter anderem des aktuellen Buches "Reformpädagogische Konzepte – Geschichte und Theorie der Frühpädagogik". Frau Pfeiffer, ich danke Ihnen sehr fürs Gespräch
Pfeiffer: Ja, gerne.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Pfeiffer: Also den Universalerzieher halte ich für problematisch, allerdings denke ich schon, dass man für den Bereich null bis sechs, also zumindest mit dem Schwerpunkt null bis sechs ausbilden kann. Das würde dann auch berücksichtigen, dass da die Übergänge auch wichtig sind für die Bildungswirklichkeit. Aber ich würde Ihnen doch in einem Punkt widersprechen wollen, und zwar finde ich den Begriff "Kindergärtner" oder "Kindergärtnerin" gar nicht so furchtbar.
Also zunächst mal hat ihn Friedrich Fröbel geprägt, und er ist ja der Erfinder des Kindergartens, und er hatte dabei, damit verbunden zwei Vorstellungen, nämlich einmal, dass das Kind frei sich entwickeln können soll in einer entwicklungsförderlichen Umgebung wie eine Pflanze in einem Garten, wie eine Blume wachsen können soll, und die entsprechenden Bedingungen dafür eben auch vorfinden soll. Und zum anderen hatte er die Vorstellung, dass die Natur für die Bildung des Kindes, für die Lebenserfahrung des Kindes, gerade auch des kleinen Kindes, das ja so basale Erfahrung mit der Umwelt macht, von extremer Bedeutung ist. Und deswegen gehört eigentlich der Garten – also im wahrsten Sinne des Wortes – auch zu jeder Kindertagesstätte.
Kassel: Ich muss auch ehrlich zugeben, ich kann Ihnen da durchaus spontan beipflichten, auch wenn ich überrascht war von dem, was Sie gerade gesagt haben, ich finde den Begriff Erzieher andererseits auch nicht unheikel – das klingt immer nach dem bösen Mann, der vorne an der Tafel steht, und einem was eintrichtern will.
Pfeiffer: Ja.
Kassel: Aber dazu vielleicht auch noch eine Frage, ich könnte mir vorstellen, Frau Pfeiffer, dass manche Eltern sich auch sagen, wenn sie das gehört haben, was Sie vorhin erzählt haben: Spielen ist Lernen, Lernen und Bildung ist ein wesentlicher Teil auch schon der frühkindlichen Pädagogik, dass da auch bei manchen eine Alarmlampe angeht, die sagen, ich will aber nicht, was viele fordern, ich will nicht, dass mein Kind schon mit sechs Monaten Chinesisch lernt und danach Wirtschaftswissenschaften. Kann es nicht auch zu viel sein, kann man den Kindern Freiheiten nehmen mit zu viel frühkindlicher Pädagogik?
Pfeiffer: Das kommt auf die frühkindliche Pädagogik an. Wenn ich den Unterricht, den schulischen Unterricht natürlich in die Kindertagesstätte verlege, dann ist es eindeutig eine Verfrühung von Wissensaneignungsprozessen oder Vermittlungsprozessen, das ist nicht das, was wir wollen. Wir wissen aber, dass eben die emotionalen, sozialen und geistigen Förderungen Einfluss haben bis hin zu den funktionalen Strukturen des Gehirns. Und wir wissen also, dass wir diesen unterstützenden, fördernden Aspekten eben einen größeren Stellenwert einräumen müssen, wenn wir den Kindern auch gerecht werden wollen.
Kassel: … sagt Silke Pfeiffer. Sie ist von der Fachhochschule des Mittelstands in Rostock und Autorin unter anderem des aktuellen Buches "Reformpädagogische Konzepte – Geschichte und Theorie der Frühpädagogik". Frau Pfeiffer, ich danke Ihnen sehr fürs Gespräch
Pfeiffer: Ja, gerne.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.