Von Gregor Sander
Nachrufe auf den Maler Willi Sitte und den israelischen Schriftsteller Yoram Kaniuk - und ein Quotenflop bei "Wetten, dass...?" - unser Blick in die Feuilletons.
"Er war einer der umstrittensten Künstler der Gegenwart", so beginnt der Nachruf auf Willi Sitte in der TAZ. Am Samstag ist der 92jährige Maler in Halle gestorben und Simone Schmollack nimmt in der TAZ kein Blatt vor den Mund: "Was haben wir ihn gehasst, den ‚Chemiearbeiter am Schaltpult‘. Dieses großflächige Bild eines Facharbeiters, wie der konzentriert und selbstbewusst mit der einen Hand einen Hebel bedient und mit der anderen gleich einen Knopf drückt - irgendwo in einem sozialistischen Superbetrieb, auf die Leinwand gebracht von Willi Sitte."
Der Maler war untrennbar mit der DDR und ihrer Politik verbunden und Simone Schmollack von der TAZ hat ihm das nicht verziehen: "Sitte war für die meisten ein rotes Tuch. Inhaltlich, ideologisch, ästhetisch. Der Präsident des Verbandes Bildender Künstler war ein Staatskünstler par excellence, zeitweilig saß er im Zentralkomitee der SED."
Camilla Blechen begeistert sich in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG für Sittes "eindrucksvolles Frühwerk, in dem Marionetten, Engel und mythische Wesen bezaubern". Danach missfällt ihr der Künstler unabhängig von seiner politischen Haltung: "Seine erzählerisch überfrachteten Historienbilder, Porträts und Arbeiterdarstellungen, die Akte am Strand, in der Sauna und auf Liebeslagern laufen ihm spätestens ab Mitte der siebziger Jahre, in denen ein riesiges Auftragsbild für den Palast der Republik entsteht, koloristisch und kompositorisch aus dem Ruder, während die fließbandartige Produktion der immer gleichen Sujets anhält."
Was wird von Sitte bleiben?, fragt Stephan Speicher in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG rhetorisch - eine Antwort findet keine der Zeitungen.
Anders verhält es sich bei dem ebenfalls am Samstag verstorbenen israelischen Schriftsteller Yoram Kaniuk, der in fast allen Feuilletons gewürdigt wird. Stefana Sabin schreibt über den 83-jährigen Verfasser von Werken wie "Adam Hundesohn" oder "Der letzte Jude" in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG:
"Er wollte das Wesen des Judentums zwischen Diaspora, Zionismus und israelischer Realität begreifen. Deshalb waren seine Figuren Shoah-Überlebende oder israelische Kriegshelden – Figuren, die Extremsituationen überstanden hatten und eigene Rettungstaktiken zum Weiterleben (er)finden mussten."
Geboren wurde Kaniuk 1930 in Tel Aviv. Der bekennende Zionist setzte sich immer auch kritisch mit Israel auseinander, wie Hans-Christian Rössler in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG betont: "Der Sohn einer russischen Mutter und eines galizischen Vaters erhob seine Stimme, wenn er den Eindruck hatte, sein Land sei auf dem falschen Weg. Im vergangenen November kritisierte er mit anderen Intellektuellen die Regierung für die Militäroffensive im Gazastreifen. "Lasst die Worte siegen", lautete ihr Appell."
Kaniuk kämpfte so auch für Menschen, deren Meinung er nicht unbedingt teilte: "Obwohl er Günter Grass nicht sonderlich schätzte, setzte er sich für ihn ein. ‚Wer Schriftsteller boykottiert, wird am Ende Bücher verbrennen‘, sagte er warnend, nachdem der Innenminister Grass wegen dessen israelkritischen Gedichts 2012 zur Persona non grata erklärt hatte", so Rössler in der FAZ.
Seit fast einem Jahr moderiert Markus Lanz Deutschlands beliebteste Fernsehshow "Wetten Dass". Kurt Sagatz rechnet für den TAGESSPIEGEL zusammen: "Nur 6,7 Millionen Menschen wollten das Saisonfinale der ZDF-Show am Samstagabend auf Mallorca sehen. Zu seiner Premiere waren es mit 13,6 Millionen noch mehr als doppelt so viel."
Für Hans Hoff von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG ist der Moderator Markus Lanz durchgefallen: "Weder ist er in irgendeiner Weise schlagfertig, noch ist er der Größe einer Arenashow gewachsen. Vielmehr wirkt es, als schrumpfe seine Präsenz mit der Größe des Events. Das Publikum in großen Hallen und Arenen muss man aber erspüren, muss man beherrschen, muss man lenken können. Lanz aber ist nur ein Ansager. Er hat die Sache nicht im Griff."
Der Maler war untrennbar mit der DDR und ihrer Politik verbunden und Simone Schmollack von der TAZ hat ihm das nicht verziehen: "Sitte war für die meisten ein rotes Tuch. Inhaltlich, ideologisch, ästhetisch. Der Präsident des Verbandes Bildender Künstler war ein Staatskünstler par excellence, zeitweilig saß er im Zentralkomitee der SED."
Camilla Blechen begeistert sich in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG für Sittes "eindrucksvolles Frühwerk, in dem Marionetten, Engel und mythische Wesen bezaubern". Danach missfällt ihr der Künstler unabhängig von seiner politischen Haltung: "Seine erzählerisch überfrachteten Historienbilder, Porträts und Arbeiterdarstellungen, die Akte am Strand, in der Sauna und auf Liebeslagern laufen ihm spätestens ab Mitte der siebziger Jahre, in denen ein riesiges Auftragsbild für den Palast der Republik entsteht, koloristisch und kompositorisch aus dem Ruder, während die fließbandartige Produktion der immer gleichen Sujets anhält."
Was wird von Sitte bleiben?, fragt Stephan Speicher in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG rhetorisch - eine Antwort findet keine der Zeitungen.
Anders verhält es sich bei dem ebenfalls am Samstag verstorbenen israelischen Schriftsteller Yoram Kaniuk, der in fast allen Feuilletons gewürdigt wird. Stefana Sabin schreibt über den 83-jährigen Verfasser von Werken wie "Adam Hundesohn" oder "Der letzte Jude" in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG:
"Er wollte das Wesen des Judentums zwischen Diaspora, Zionismus und israelischer Realität begreifen. Deshalb waren seine Figuren Shoah-Überlebende oder israelische Kriegshelden – Figuren, die Extremsituationen überstanden hatten und eigene Rettungstaktiken zum Weiterleben (er)finden mussten."
Geboren wurde Kaniuk 1930 in Tel Aviv. Der bekennende Zionist setzte sich immer auch kritisch mit Israel auseinander, wie Hans-Christian Rössler in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG betont: "Der Sohn einer russischen Mutter und eines galizischen Vaters erhob seine Stimme, wenn er den Eindruck hatte, sein Land sei auf dem falschen Weg. Im vergangenen November kritisierte er mit anderen Intellektuellen die Regierung für die Militäroffensive im Gazastreifen. "Lasst die Worte siegen", lautete ihr Appell."
Kaniuk kämpfte so auch für Menschen, deren Meinung er nicht unbedingt teilte: "Obwohl er Günter Grass nicht sonderlich schätzte, setzte er sich für ihn ein. ‚Wer Schriftsteller boykottiert, wird am Ende Bücher verbrennen‘, sagte er warnend, nachdem der Innenminister Grass wegen dessen israelkritischen Gedichts 2012 zur Persona non grata erklärt hatte", so Rössler in der FAZ.
Seit fast einem Jahr moderiert Markus Lanz Deutschlands beliebteste Fernsehshow "Wetten Dass". Kurt Sagatz rechnet für den TAGESSPIEGEL zusammen: "Nur 6,7 Millionen Menschen wollten das Saisonfinale der ZDF-Show am Samstagabend auf Mallorca sehen. Zu seiner Premiere waren es mit 13,6 Millionen noch mehr als doppelt so viel."
Für Hans Hoff von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG ist der Moderator Markus Lanz durchgefallen: "Weder ist er in irgendeiner Weise schlagfertig, noch ist er der Größe einer Arenashow gewachsen. Vielmehr wirkt es, als schrumpfe seine Präsenz mit der Größe des Events. Das Publikum in großen Hallen und Arenen muss man aber erspüren, muss man beherrschen, muss man lenken können. Lanz aber ist nur ein Ansager. Er hat die Sache nicht im Griff."