Von Gregor Sander

Die Feuilletons sind begeistert von Bruno Ganz' Theaterspiel in Paris, irritiert vom Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma, aber auch besorgt über das geringe kriminelle Potenzial der neuen "Tatort"-Stadt Weimar.
"Ein grimmiges, triumphales Comeback" hat Peter Kümmel von der Wochenzeitung DIE ZEIT miterlebt. "Theater hat Bruno Ganz lange nicht gespielt, seit sechs Jahren nicht mehr. Nun tut er es wieder, am Odéon in Paris, unter der Regie des neuen Intendanten Luc Bondy. " Peter Kümmel definiert erst einmal das Rollenverständnis des Bruno Ganz: "Sein Verhältnis zu einer Figur ist kein ironisches, relatives, befristetes. Wenn er eine Rolle spielt, wird jede andere im Stück für ihn unlesbar. Er schließt sich in der gewählten Figur ein, gerade so, als zöge ein Burgherr die Zugbrücke seiner Festung hoch. "

In Paris aber, hat der Rezensent der ZEIT einen ganz anderen Schauspieler gesehen. "Vielleicht zum ersten Mal wirkt Bruno Ganz auf der Bühne nicht unerlöst und in sich verschlossen, sondern: wehrhaft, bestialisch vital, grimmig, der Herr eines Rudels, Leitwolf unter Wölfen. Ganz spielt die vielleicht robusteste, vulgär-widerspenstigste Gestalt seiner Bühnenkarriere – Max, den bösen Vater aus Harold Pinters Stück Die Heimkehr. "

Und das sehr zum Gefallen von Peter Kümmel: "Bruno Ganz aber hat hier den stärksten Auftritt seit Langem. Der Familienmensch Max wirkt dämonisch wie Hitler im Untergang, ja, er ist noch unheimlicher: lebensversessen, zum letzten Kampf entschlossen. "

In Berlin wurde das zentrale Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Roma und Sinti eingeweiht. Gestaltet vom israelischen Künstler Dani Karavan. Nikolaus Bernau von der BERLINER ZEITUNG hat damit so seine Probleme: "Dani Karavan hat nämlich ein Kunstwerk geschaffen, das so ziemlich allen romantischen Vorurteilen, die die europäischen Mehrheitsgesellschaften über Sinti, Roma, Jenischen oder Fahrende Leute haben, eine künstlerische Form gibt. Schon als er 2001 seine ersten Entwürfe vorlegte, wurde vom"Zigeunerbaron"- Denkmal gelästert: Aus der Mitte des schwarzen Beckens steigt täglich ein dreieckiges Polster auf, auf dem eine frische Blume liegt. "

Auch für Ingo Arend von der TAZ ist diese Symbolik zuviel des Guten: "Um den "Ort des Nichts" zu schaffen, um den es ihm ging, hätte es Karavan aber besser bei der schwarzen Wasseroberfläche belassen sollen. Hier gewinnt er der Mahnmalsästhetik ein beeindruckendes Moment der Stille und eine kontemplative Qualität zurück. Die täglich wechselnde Feldblume jedoch, Symbol des neuen Lebens, das immer wieder aus den dunklen Fluten steigt, begleitet vom "Klang einer einsamen Geige schwebend im Schmerz" - ist ein Tupfer zu viel Erlösung. "

Welche Rolle der Tatort am Sonntagabend für die Deutschen spielt, zeigt ein Blick auf die Medienseiten der Feuilletons. Der MDR hat ein neues Kommissarduo, bestehend aus Nora Tschirner und Christian Ulmen, angekündigt. Allerdings erst für Weihnachten 2013. Trotzdem schreiben alle Feuilletons darüber. Joachim Hieber wundert sich in der FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG über den Handlungsort: Weimar: "Wo sollen in diesem beschaulichen Beamten-, Rentner-, Studenten- und Touristenstädtchen bloß die Verbrecher herkommen? Wo sollen in der unbestrittenen Kapitale deutscher Klassik jene kriminellen Infamien sprießen, die einen Polizeieinsatz überhaupt nötig machen? "

Joachim Huber vom Berliner TAGESSPIEGEL sieht sogar den guten alten Tatort in Gefahr: "Wenn Tukur, Schweiger, Ulmen und Tschirner einmal pro ARD-Jahr an den "Tatort" drängen, wird Spannungs-Fernsehen gegen Starkino eingetauscht. Der Fall als Folie, vom Drehbuchautor mit den üblichen Glutamat-Tricksereien zum Amuse-Gueule eines erstaunlich genügsamen Publikums hochgejazzt. "

Wer hingegen im Fernsehen gern Fußball schaut und meint, dies habe mit Kunst und Kultur rein gar nichts zu tun, dem sei zum Abschluss folgende Nachricht aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vermeldet: "Schwedens Stürmer Zlatan Ibrahimovic wurde mit seiner Autobiografie für den renommierten Literaturpreis"August" nominiert. Das Werk "Ich bin Zlatan Ibrahimovic" sei eines von sechs ausgewählten Büchern in der Kategorie non-fiktional, teilte die Jury in Stockholm mit."