Von Gregor Sander
Der Büchner-Preis für Friedrich Christian Delius spaltet die Feuilletons. Die "Zeit" porträtiert den Künstler Hans-Peter Feldmann. Die "Süddeutsche" kommentiert die Vergabe des "Man International Booker Prize" an Philipp Roth.
"Kein Jubel, keine Buhrufe", mit diesen Worten überschreibt Felicitas von Lovenberg in der FRANKFURTER ALLGEIMEINEN ZEITUNG ihre Meinung zum Büchnerpreis an Friedrich Christian Delius und fragt schon in der Unterzeile:
"Erweist die Darmstädter Akademie sich und uns damit einen Gefallen?"
Diese Frage beantwortet Felicitas von Lovenberg für sich durch die Blume, allerdings mit einem Megafon, wenn sie schreibt:
"Fünf Jahre, von 2003 bis 2008, gehörte Delius übrigens selbst zu jenem inner circle, der über die Vergabe entscheidet. Ihm aber jetzt als Preisträger die Einfallslosigkeit der Akademie zur Last zu legen, wäre ungerecht. Seine Wahl ist eine vernünftige, achtbare, aber etwas flaue Entscheidung."
Und von wegen: "Kein Jubel, keine Buhrufe". Beides lässt sich in den Feuilletons vom Donnerstag natürlich finden. Thomas Steinfeld in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG gibt den Buhrufer:
"Es hat etwas Unziemliches und Rücksichtsloses, wenn die Deutsche Akademie die Literaturkritik dazu zwingt, Vorbehalte gegen eine Autorschaft anzumelden, über die man anderenfalls nie ein herabsetzendes Wort verloren hätte – und gegen einen Autor, den man nur als angenehmen Menschen kennenlernen kann. Es ist eine Zumutung, angesichts so vieler Verdienste sagen zu müssen,woran dieses Werk leidet: an einem Übermaß an starken, bekannten und allzu bekannten Motiven sowie, entsprechend, an einem Mangel an sprachlicher Gestaltung."
Und natürlich fallen Thomas Steinfeld gleich mehrere viel bessere Büchnerpreisträger ein, hätte er nur in der Jury gesessen.
Lob kommt hingegen von Tilmann Krause in der Tageszeitung DIE WELT:
"Das war mal fällig. Indem die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung den angesehensten Literaturpreis dieses Landes Friedrich Christian Delius zuerkennt, prämiert sie nicht nur, ihrem Auftrag gemäß, ein umfangreiches, vielgestaltiges Lebenswerk. Sie kürt auch einen Autor, der wie kaum ein anderer seiner Generation die Analyse deutscher Befindlichkeiten zu seinem Thema gemacht hat."
Einen Preis bekommen hat auch Hans-Peter Feldmann. Hanno Rauterberg beschreibt den 70-jährigen Künstler in der Wochenzeitung DIE ZEIT ganz versonnen:
"'Ich habe es gern einfach', sagt Feldmann und ist gerade deshalb sehr mit sich zufrieden. Nein, ein Künstler will er nicht sein, ganz bestimmt nicht. Jedenfalls keiner dieser Spezialisten für das Abgehobene und Verwickelte, kein Bedeutungshuber, der sich immerzu um seinen Ruhm sorgt."
Und so einer bekommt nun also in New York ausgerechnet den Hugo-Boss-Preis des Guggenheim Museums. Und was macht er damit?
"'Als ich ihnen sagte, ich würde gerne das viele Geld ausstellen, waren sie doch erst einmal befremdet', sagt Feldmann und lacht sein Jungenlachen. Die Kuratoren mussten sich erst einmal beraten, sie mussten den Sponsor fragen, sie dachten wohl, Feldmann wollte sich über sie mokieren."
Aber dann durfte er und pinnte 100.000 gebrauchte Ein-Dollar-Noten an die Wände und Säulen des Guggenheim, was Hanno Rauterberg in der ZEIT auf eine Idee bringt:
"Der Geldwert wird überlagert vom Wert der Kunst, so sehr, dass Feldmann, wenn er wollte, seine Dollar-Installation verkaufen könnte, an einen Kunstsammler, vielleicht für eine Million neuer Scheine. 'Nein, nein', sagt er und reibt sich mit beiden Händen übers Gesicht, als wollte er einen Schrecken wegwischen, 'nein, das will ich nicht. Das bleibt eine einmalige Sache'."
Es ist also alles gar nicht so einfach mit diesen Preisen. Das zeigt auch das Beispiel Philip Roth. Der hat den mit 60.000 Pfund dotiert "Man International Booker Prize" zugesprochen bekommen. Eigentlich kein Preis, sondern ein Wink mit dem Zaunpfahl, meint Lothar Müller in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Denn man kann keinen internationalen Literaturpreis an Philip Roth vergeben, ohne in Erinnerung zu rufen, dass er den von der Schwedischen Akademie verliehenen Nobelpreis bisher nicht erhalten hat – obwohl es dafür nicht nur Gründe, sondern auch Befürworter im Übermaß gibt.""
Vielleicht freut Roth sich ja trotzdem. Wenigstens ein bisschen.
"Erweist die Darmstädter Akademie sich und uns damit einen Gefallen?"
Diese Frage beantwortet Felicitas von Lovenberg für sich durch die Blume, allerdings mit einem Megafon, wenn sie schreibt:
"Fünf Jahre, von 2003 bis 2008, gehörte Delius übrigens selbst zu jenem inner circle, der über die Vergabe entscheidet. Ihm aber jetzt als Preisträger die Einfallslosigkeit der Akademie zur Last zu legen, wäre ungerecht. Seine Wahl ist eine vernünftige, achtbare, aber etwas flaue Entscheidung."
Und von wegen: "Kein Jubel, keine Buhrufe". Beides lässt sich in den Feuilletons vom Donnerstag natürlich finden. Thomas Steinfeld in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG gibt den Buhrufer:
"Es hat etwas Unziemliches und Rücksichtsloses, wenn die Deutsche Akademie die Literaturkritik dazu zwingt, Vorbehalte gegen eine Autorschaft anzumelden, über die man anderenfalls nie ein herabsetzendes Wort verloren hätte – und gegen einen Autor, den man nur als angenehmen Menschen kennenlernen kann. Es ist eine Zumutung, angesichts so vieler Verdienste sagen zu müssen,woran dieses Werk leidet: an einem Übermaß an starken, bekannten und allzu bekannten Motiven sowie, entsprechend, an einem Mangel an sprachlicher Gestaltung."
Und natürlich fallen Thomas Steinfeld gleich mehrere viel bessere Büchnerpreisträger ein, hätte er nur in der Jury gesessen.
Lob kommt hingegen von Tilmann Krause in der Tageszeitung DIE WELT:
"Das war mal fällig. Indem die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung den angesehensten Literaturpreis dieses Landes Friedrich Christian Delius zuerkennt, prämiert sie nicht nur, ihrem Auftrag gemäß, ein umfangreiches, vielgestaltiges Lebenswerk. Sie kürt auch einen Autor, der wie kaum ein anderer seiner Generation die Analyse deutscher Befindlichkeiten zu seinem Thema gemacht hat."
Einen Preis bekommen hat auch Hans-Peter Feldmann. Hanno Rauterberg beschreibt den 70-jährigen Künstler in der Wochenzeitung DIE ZEIT ganz versonnen:
"'Ich habe es gern einfach', sagt Feldmann und ist gerade deshalb sehr mit sich zufrieden. Nein, ein Künstler will er nicht sein, ganz bestimmt nicht. Jedenfalls keiner dieser Spezialisten für das Abgehobene und Verwickelte, kein Bedeutungshuber, der sich immerzu um seinen Ruhm sorgt."
Und so einer bekommt nun also in New York ausgerechnet den Hugo-Boss-Preis des Guggenheim Museums. Und was macht er damit?
"'Als ich ihnen sagte, ich würde gerne das viele Geld ausstellen, waren sie doch erst einmal befremdet', sagt Feldmann und lacht sein Jungenlachen. Die Kuratoren mussten sich erst einmal beraten, sie mussten den Sponsor fragen, sie dachten wohl, Feldmann wollte sich über sie mokieren."
Aber dann durfte er und pinnte 100.000 gebrauchte Ein-Dollar-Noten an die Wände und Säulen des Guggenheim, was Hanno Rauterberg in der ZEIT auf eine Idee bringt:
"Der Geldwert wird überlagert vom Wert der Kunst, so sehr, dass Feldmann, wenn er wollte, seine Dollar-Installation verkaufen könnte, an einen Kunstsammler, vielleicht für eine Million neuer Scheine. 'Nein, nein', sagt er und reibt sich mit beiden Händen übers Gesicht, als wollte er einen Schrecken wegwischen, 'nein, das will ich nicht. Das bleibt eine einmalige Sache'."
Es ist also alles gar nicht so einfach mit diesen Preisen. Das zeigt auch das Beispiel Philip Roth. Der hat den mit 60.000 Pfund dotiert "Man International Booker Prize" zugesprochen bekommen. Eigentlich kein Preis, sondern ein Wink mit dem Zaunpfahl, meint Lothar Müller in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Denn man kann keinen internationalen Literaturpreis an Philip Roth vergeben, ohne in Erinnerung zu rufen, dass er den von der Schwedischen Akademie verliehenen Nobelpreis bisher nicht erhalten hat – obwohl es dafür nicht nur Gründe, sondern auch Befürworter im Übermaß gibt.""
Vielleicht freut Roth sich ja trotzdem. Wenigstens ein bisschen.