Von Hans von Trotha
In Frankreich bekennen sich in einem "Manifest der 343 Schweinehunde" diverse Intellektuelle zur Prostitution. Weitere Themen der Feuilletons sind die "Angriffsindustrie" in der NSA-Affäre, das nicht so tolle deutsche Fernsehen und Hannelore Hogers Ausstieg bei "Bella Block".
Große Gefühle im Feuilleton. "Freiheit, Geilheit, Brüderlichkeit" schleudert uns die Welt in großen Lettern entgegen. Gleich alle großen Gefühle auf einmal. "Die Freiheit", hebt Jan Küveler an, "ist eine Hure." Der Sachverhalt erweist sich dann aber doch als eher schlicht: "Frankreichs Intellektuelle bekennen sich zur Prostitution, während Deutschland ihre Abschaffung plant." Die seit einiger Zeit zu beobachtende Entfremdung zwischen den Ländern scheint sich zu einer Art Verwerfung der Kulturen auszuwachsen. Küveler spricht von "erstaunlicher Gleichzeitigkeit" und "bezeichnendem Auseinanderstreben". Während in Deutschland ein "Appell der 90" für ein Verbot der Prostitution erscheint, setzt sich in Frankreich ein "Manifest der 343 Schweinehunde" genau dagegen zur Wehr. Für Küveler Anlass zu großen Thesen: "Im Gerangel mit den Fahnenträgern des politisch Korrekten stehen die 343 Schweinehunde vielleicht auf verlorenem Posten. Trotzdem sind sie die Derrièregarde einer Tradition von Poeten und Philosophen, von Baudelaire bis Foucault, die immer schon ahnten, dass es sich beim Sex nur um den Sündenbock eines gesellschaftshygienischen Saubermannwahns handelte."
Große Thesen zu großen Gefühlen haben auch die anderen, zur Angst zum Beispiel – neben Sex und Liebe das Gefühl, das am Besten geht. "Eine Vertrauenskrise auf allen Ebenen" macht die FAZ aus. Unter der Überschrift "Die Angriffsindustrie" erklärt Constanze Kurz, wie die NSA in Kooperation mit der Industrie im Einzelnen so vorgeht, wie sie Sicherheitslücken schafft oder sogar kauft. "Mehr denn je", resümiert Kurz, "ist festzustellen, dass sich Filme und TV-Serien mit Spionage-Themen, die immer gern als überzogene Fiktionen abgetan wurden, als größtenteils korrekte Abbildungen der Wirklichkeit herausstellen."
Das Fernsehen, der große Inkubator der großen Gefühle, kommt nicht der Wirklichkeit immer näher, sondern umgekehrt. Das ist beängstigend. Im Tagesspiegel erklärt uns Kurt Sagatz passend dazu das Fernsehen der Zukunft. Über den Satz "Wenn die Deutschen vor ihren TV-Geräten sitzen, wird nach wie vor hauptsächlich das angesehen, was ihnen die klassischen Fernsehsender vorsetzen, und zwar genau dann, wenn ARD, ZDF, RTL oder ProSieben es ausstrahlen" wird schon die nächste Generation herzlich lachen, wenn Video-on-Demand-Plattformen, die von jungen Firmen mit poetischen Namen wie "Watchever" besorgt werden, die Filme bereitstellen. Das hilft dann auch David Denk, der in der taz gesteht, wie hochgradig süchtig er, passend zum Reformationstag, nach der englischen Krimiserie "Luther" ist. "Solange Nachschub in Sicht ist, ist Abhängigkeit kein Problem", schreibt Denk und lässt die entscheidende Frage nachhallen: "Warum kriegt das deutsche Fernsehen so was eigentlich nicht hin?"
Immerhin haben wir Bella Block. Aber Hannelore Hoger hört auf. Das ist für Jörg Seewald in der FAZ die Lizenz, der großen Schauspielerin die eine Frage zu stellen, die man in Interviews nicht stellen darf, nämlich: "Wieviel wissen Sie über sich selbst?" Das Büchner-Zitat, mit dem die Hoger kontert, sollten sich alle merken, die jemals Gefahr laufen könnten, diese Frage gestellt zu bekommen. "Jeder Mensch ist ein Abgrund; es schwindelt einem, wenn man hinabsieht."
À propos Zitate. Da spielt die FAZ auf höchstem Niveau: "Komm in den fensterlosen Raum" ist da ein Artikel überschrieben. Sollte da was klingeln, könnte das Rilke sein: "Komm in den totgesagten Park …". Das ist schon hohe Titelkunst. Dabei geht es nur um eine Garage, nicht irgendeine, sondern, so Mara Delius in der Welt, an ein ganz großes Gefühl appellierend, um "Die Adresse der Utopie". Die Garage, in der Steve Jobs den ersten Apple zusammengelötet hat, steht jetzt unter Denkmalschutz. Niklas Maak sinniert in der FAZ: "Dass jetzt eine Garage zu einem der wichtigsten Denkmäler Kaliforniens erklärt wird, wirkt fast wie eine Erinnerung an jene Tage, als man hinter unzugänglichen, fensterlosen Räumen weder Terroristen noch Verteidigungs- oder Spähanstrengungen der Gegenseite vermuten musste, sondern einen Rückzugsort des amerikanischen Pioniergeists."
So wechseln die großen Gefühle einander ab – nach dem hoffnungslosen Aufbruch die große Illusion. Und der Apple steht für beide.
Große Thesen zu großen Gefühlen haben auch die anderen, zur Angst zum Beispiel – neben Sex und Liebe das Gefühl, das am Besten geht. "Eine Vertrauenskrise auf allen Ebenen" macht die FAZ aus. Unter der Überschrift "Die Angriffsindustrie" erklärt Constanze Kurz, wie die NSA in Kooperation mit der Industrie im Einzelnen so vorgeht, wie sie Sicherheitslücken schafft oder sogar kauft. "Mehr denn je", resümiert Kurz, "ist festzustellen, dass sich Filme und TV-Serien mit Spionage-Themen, die immer gern als überzogene Fiktionen abgetan wurden, als größtenteils korrekte Abbildungen der Wirklichkeit herausstellen."
Das Fernsehen, der große Inkubator der großen Gefühle, kommt nicht der Wirklichkeit immer näher, sondern umgekehrt. Das ist beängstigend. Im Tagesspiegel erklärt uns Kurt Sagatz passend dazu das Fernsehen der Zukunft. Über den Satz "Wenn die Deutschen vor ihren TV-Geräten sitzen, wird nach wie vor hauptsächlich das angesehen, was ihnen die klassischen Fernsehsender vorsetzen, und zwar genau dann, wenn ARD, ZDF, RTL oder ProSieben es ausstrahlen" wird schon die nächste Generation herzlich lachen, wenn Video-on-Demand-Plattformen, die von jungen Firmen mit poetischen Namen wie "Watchever" besorgt werden, die Filme bereitstellen. Das hilft dann auch David Denk, der in der taz gesteht, wie hochgradig süchtig er, passend zum Reformationstag, nach der englischen Krimiserie "Luther" ist. "Solange Nachschub in Sicht ist, ist Abhängigkeit kein Problem", schreibt Denk und lässt die entscheidende Frage nachhallen: "Warum kriegt das deutsche Fernsehen so was eigentlich nicht hin?"
Immerhin haben wir Bella Block. Aber Hannelore Hoger hört auf. Das ist für Jörg Seewald in der FAZ die Lizenz, der großen Schauspielerin die eine Frage zu stellen, die man in Interviews nicht stellen darf, nämlich: "Wieviel wissen Sie über sich selbst?" Das Büchner-Zitat, mit dem die Hoger kontert, sollten sich alle merken, die jemals Gefahr laufen könnten, diese Frage gestellt zu bekommen. "Jeder Mensch ist ein Abgrund; es schwindelt einem, wenn man hinabsieht."
À propos Zitate. Da spielt die FAZ auf höchstem Niveau: "Komm in den fensterlosen Raum" ist da ein Artikel überschrieben. Sollte da was klingeln, könnte das Rilke sein: "Komm in den totgesagten Park …". Das ist schon hohe Titelkunst. Dabei geht es nur um eine Garage, nicht irgendeine, sondern, so Mara Delius in der Welt, an ein ganz großes Gefühl appellierend, um "Die Adresse der Utopie". Die Garage, in der Steve Jobs den ersten Apple zusammengelötet hat, steht jetzt unter Denkmalschutz. Niklas Maak sinniert in der FAZ: "Dass jetzt eine Garage zu einem der wichtigsten Denkmäler Kaliforniens erklärt wird, wirkt fast wie eine Erinnerung an jene Tage, als man hinter unzugänglichen, fensterlosen Räumen weder Terroristen noch Verteidigungs- oder Spähanstrengungen der Gegenseite vermuten musste, sondern einen Rückzugsort des amerikanischen Pioniergeists."
So wechseln die großen Gefühle einander ab – nach dem hoffnungslosen Aufbruch die große Illusion. Und der Apple steht für beide.