Von Jens Brüning

Ein Gespräch über Opern und Totenschädel führt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" mit Aktham Suliman, dem Deutschlandkorrespondenten des arabischen Nachrichtensenders "Al Dschazira". Die "Welt" fragt, wer der Mörder von Anna Politkowskaja sein könnte, und mehrere Zeitungen beschäftigen sich mit den offensichtlich vorhandenen, wie es scheint allerdings bescheidenen Waffenvorräten im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.
"Ich bin Journalist", lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, "ich weiß schon, welche Geschichten mein Publikum interessieren."

Heinrich Wefing sprach mit Aktham Suliman, dem Deutschlandkorrespondenten des arabischen Nachrichtensenders "Al Dschazira" über Opern und Totenschädel, über alles also, was das deutsche Feuilleton zurzeit erregt. Im Fall der in Berlin abgesetzten und wieder eingesetzten Mozart-Oper mit dem grausigen Schlussbild fragt sich der arabische Kollege, was er denn habe berichten sollen. Es sei eben keine Nachricht, wenn jemand vielleicht hätte beleidigt sein können. Eher schon scheint es eine Nachricht, dass die Rechte an den Bildern von den abgeschlagenen Opern-Köpfen in kürzester Zeit sehr viel teurer geworden sind. "Ein merkwürdiger Markt", kommentiert Suliman.

Was nun den Umgang der in Afghanistan stationierten jungen Bundeswehrsoldaten mit Totenschädeln angeht, weist der Nachrichtenmann im Gespräch mit der FAZ darauf hin:

"Ich habe noch nie von einem Selbstmordattentäter gehört, der seine Bombe nur deshalb nicht gezündet hat, weil er kurz vor dem Anschlag festgestellt hat, seine Opfer seien Deutsche."

In der Tageszeitung DIE WELT geht der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Viktor Jerofejew der Frage nach, warum Anna Politkowskaja ermordet wurde. Vor allem stellt er die Frage, wer der Mörder wohl sei. Seine Antworten sind vielfältig:

"Die Unfreiheit hat die Freiheit ermordet", lesen wir, "genau darin liegt die Folgerichtigkeit dieses Mordes, wer auch immer dahinter steht."

Im nächsten Absatz ist eine ganze Tätergruppe ausgemacht: "Anna wurde von der Nebelhaftigkeit, Undurchdringlichkeit, Geheimhaltung der russischen Staatsmacht ermordet."

Beim Begräbnis, schreibt Jerofejew in der WELT, seien lebende führende Politiker nicht gesichtet worden.

Zur Jahrestagung der Berliner Akademie der Künste sind ebenfalls kaum führende Politiker gekommen. In der WELT kommentiert Eckhard Fuhr das Ereignis, bei dem der derzeitige Akademiepräsident Klaus Staeck darauf hingewiesen habe, "es gebe Zeiten, in denen das Bewahren das eigentlich Revolutionäre sei."

Fuhr kolportiert wie sein Kollege Steffen Richter vom Berliner TAGESSPIEGEL und beider Kollege Lothar Müller von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG die hübsche Szene, in der Klaus Staeck vom Waffenarsenal im Archivkeller der Akademie berichtete. Verwirrend dabei ist, dass die drei Kollegen zwar alle Johannes R. Bechers Doppelflinte und Kurt Tucholskys Revolver erwähnen, sich aber starke Abweichungen bei der weiteren Beschreibung des Arsenals ergeben. So werden dem amerikanischen Politbarden Paul Robeson in der WELT "mehrere Speere und Tomahawks" zugerechnet, während im TAGESSPIEGEL daraus "Speere und Bumerangs" werden, und in der SZ zwar "acht Speere" erwähnt, aber niemandem zugeschrieben werden.

Abweichend wird auch über die Verwendungsmöglichkeit des Waffenfundes im Archiv berichtet. "Zum bewaffneten Aufstand" reiche das nicht, lesen wir in der WELT. Lothar Müller kolportiert in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG es "reiche für eine Geiselnahme im Hotel Adlon." Und Steffen Richter vom Berliner TAGESSPIEGEL weiß, dass die Akademie "das Revolutionsprojekt einstweilen an die Ausschüsse delegiert" hat. Da dies unter der Überschrift "Holt die Waffen aus dem Archiv!" steht, bleibt die Frage, wie militant diese Vereinigung geistreicher Menschen 223 Jahre nach ihrer Gründung ist.

Die drei bereits in diesem Zusammenhang erwähnten Blätter geben auch der Erinnerung an einen großen alten Mann des deutschen Theaters breiten Raum. Kurt Hübner kann am Montag seinen neunzigsten Geburtstag feiern. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG wählt für die Laudatio die Überschrift: "Der Rattenfänger von Bremen." In der WELT rühmt Theaterautor Moritz Rinke den Jubilar mit einem Hübner angedichteten Monolog, und im TAGESSPIEGEL schreibt Theaterkritiker Günther Rühle: "Seine Gegenwärtigkeit ist immer noch stark."