Von Kolja Mensing

Die "SZ" berichtet über die Irokesen, die zur Lacrosse-WM nicht einreisen dürfen. Mehrere Feuilletons befassen sich mit der Beisetzung von Fritz Teufel, Mitglied der 68er-Bewegung, in Berlin.
Eigentlich ist es nicht einmal ein Thema für die Sportseiten. Es geht um Lacrosse, ein Spiel, bei dem zwei Mannschaften mit kescher-artigen Schlägern einem Ball nachjagen. In Kanada ist diese Sportart recht beliebt, ansonsten ist sie wenig verbreitet. Die Lacross-Weltmeisterschaft, die gerade in Manchester stattfindet, wäre darum sicher unbemerkt verstrichen – wenn es nicht die Posse um die Pässe gegeben hätte.

Claus Biegert fasst für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zusammen: Indianer haben Lacrosse vor knapp tausend Jahren im Nordwesten Amerikas erfunden, und auch heute wird es von den Nachfahren der Ureinwohner noch gespielt. Ausgerechnet das Team der Irokesen hat nun keine Visa für die Einreise nach Großbritannien bekommen. Der Grund: ihre Papiere. Und damit wird es kompliziert.

Die Irokesen, die sich selbst übrigens "Haudenosaunee" nennen, haben ihren eigenen Staat. Das kleine Territorium an der Grenze zwischen den USA und Kanada ist ein historischer Sonderfall, der auf Verträge aus dem späten 18. Jahrhundert zurückgeht. Reich ist dieser Miniatur-Staat nicht, und darum haben die Irokesen auch keine zeitgemäßen, maschinenlesbaren Reisedokumente. Keine Chance: Das britische Konsulat weigert sich, die in Hirschleder gebundenen, zum Teil handschriftlich ausgestellten Pässe anzuerkennen.

Das Außenministerium der USA hatte angeboten, kurzfristig amerikanische Pässe für die Lacrosse-Spieler auszustellen. Das haben die Irokesen wiederum dankend abgelehnt: Sie sind schließlich keine US-Bürger. Noch laufen die diplomatischen Verhandlungen, aber das WM-Auftaktspiel gegen England mussten die Irokesen schon mal ausfallen lassen. Ihren Platz nahm übrigens das deutsche Team ein. Richtig: Lacrosse wird tatsächlich auch in Deutschland gespielt.

Die Geschichte der Irokesen, die sich standhaft weigern, sich von den mächtigen USA vereinnahmen zu lassen, hätte dem gerade verstorbenen Stadtindianer Fritz Teufel vermutlich gut gefallen.

An diesem Donnerstag wurde er auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin beerdigt. Ein Grabmal gibt es noch nicht. Bei der Trauerfeier wurde Geld für einen Stein gesammelt, und Philipp Gessler zeigt sich in der TAZ "erschüttert" darüber, dass Fritz Teufel, die Ikone von 1968, "nach einer erzwungenen Exmatrikulation, nach insgesamt acht Jahren Haft, nach mageren Jahren als Arbeiter in einer Kloschüsselfabrik, Gelegenheitsjournalist, Bäcker und Fahrradkurier ein armer Mann geworden war, der von so etwas wie einer Sozialrente leben musste."

Auf ein prekäres Leben folgt ein prekärer Tod. So arbeitet sich jede Zeitung auf ihre Art noch einmal an Fritz Teufel ab. Die TAZ spürt soziale Kälte, und bei Arno Widmann – Feuilleton-Chef der FRANKFURTER RUNDSCHAU und selbst ein sogenannter Achtundsechziger – klingt Stolz mit, wenn er beschreibt, wie die alten Kämpfer, die sich in der Friedhofskapelle versammelt haben, Fritz Teufel ein würdevolles Geleit geben, ohne in bürgerliche Rituale zurückzufallen. "Es gab keinen Geistlichen, kein geistliches Wort, kein geistliches Lied", schreibt Widmann, und: "Es war dennoch ergreifend. Möglicherweise auch, weil der eine oder andere Joint zirkulierte."

Und die Springer-Presse? Hier hat man das Kriegsbeil noch immer nicht begraben. Hämisch berichtet Richard Herzinger für die WELT von der Beerdigung. Er amüsiert sich über die Grabrede von Ulrich Enzensberger, in der "noch einmal die Geschichte von der naziverseuchten frühen Bundesrepublik aufgetischt" worden sei – und ergötzt sich an den körperlichen Gebrechen der Trauergäste. Die ehemalige RAF-Terroristin Irmgard Möller wirke "klapprig und früh vergreist", so Herzinger wörtlich – als ob das Alter eine Strafe sei, die die einen mehr verdient hätten als die anderen.

Es ist wirklich schade, dass Fritz Teufel nicht mehr lebt. Ihm wäre die richtige Entgegnung eingefallen. Und sie wäre auch noch lustig gewesen.