"Von Kopftuch bis Scharia"

Vorgestellt von Abdul-Ahmad Rashid |
"Von Kopftuch bis Scharia – Was man über den Islam wissen sollte", so lautet der Titel des Buches von John L. Esposito, seines Zeichens Professor für Religion und Internationale Beziehungen an der Georgetown Universität in Washington.
Ein Titel, der direkt ins Auge fällt, gehören die beiden Begriffe "Kopftuch" und "Scharia" wohl zu den bekanntesten Assoziationen, die den Menschen einfallen, wenn es um den Islam geht. Und um diesen geht es – besonders seit den Ereignissen des 11. September - sehr oft in der öffentlichen Diskussion. Dass diese dabei mehrfach von Vorurteilen und Unkenntnis geprägt ist, war dem Religionswissenschaftler Esposito ein Dorn im Auge. So schreibt er im Vorwort seines Buches:

"Dagegen verlassen sich viele immer noch auf ein von den Medien geprägtes, stereotypes Zerrbild des Islam, in dem es vorrangig um Terroristen, religiöse Extremisten und unterdrückte Frauen geht. Und das ist äußerst bedenklich, denn Muslime sind heutzutage ein integraler Bestandteil der religiösen Landschaft Amerikas und Europas; in steigender Zahl sind sie unsere Mitbürger, Nachbarn und Kollegen."

Aus diesem Grund hat Esposito ein Buch geschrieben, das nicht nur eine sehr fundierte Einführung in den Islam gibt, sondern vor allem auch praxisnah verfasst ist. Und dies alles in einer angenehm ansprechenden Art und Weise: Denn Espositos Werk ist kein Buch, das den Leser zwingt, es von Anfang bis Ende durchzulesen. Vielmehr gibt er einzelne Fragen vor, die er dann nacheinander in kurzen Abhandlungen beantwortet. Der Leser kann somit gezielt nach Antworten auf interessierende Fragen suchen.

So führt der Autor ein in den Glauben und die religiöse Praxis des Islam, in das Verhältnis des Islam zu anderen Religionen, in Sitten und Kultur der Muslime und informiert auch über die Themen Gewalt und Terrorismus, Gesellschaft und Politik und Muslime im Westen. Grundlegende Fragen wie "Was ist eine Moschee" oder "Was ist islamisches Recht" werden genauso fundiert und verständlich behandelt wie Fragen, die das muslimische Alltagsleben betreffen, wie "Warum sind Muslime gegen das Tanzen?" oder "Warum zögern Muslime beim Händeschütteln".

Was das Buch von anderen Einleitungen in dieses Thema grundlegend unterscheidet, ist, dass Esposito auch heikle Fragen beantwortet, die so mancher nicht wagt, offen zu stellen: "Ist der Islam mittelalterlich und gegen Veränderungen?", "Warum verfolgen Muslime in muslimischen Ländern die Christen" oder "Warum hassen sie uns?":

"Antiamerikanismus, aber auch eine antieuropäische Einstellung, ist ein weit verbreitetes Phänomen quer durch alle arabischen und muslimischen Gesellschaften. Gespeist wird diese Einstellung nicht nur durch den blinden Hass oder religiöse Bigotterie und Eifertum der Extremisten, sondern auch durch Frustration und Zorn über die Außenpolitik der Vereinigten Staaten in weiten Kreisen der muslimischen Welt."

So habe der Widerstand gegen die amerikanische Besetzung des Irak sehr viel mit diesen Erfahrungen zu tun und könne nicht nur als bloßer Terrorismus angesehen werden. Die Begegnung zwischen dem Westen und der muslimischen Welt sei kein Zusammenprall zweier völlig getrennter, gegensätzlicher Kulturkreise, so Esposito. Juden, Christen und Muslime sind alle Kinder Abrahams, denn die Welt des Islam ist global. Folglich sind seine Hauptstädte nicht nur in Kairo, Damaskus, Mekka, oder Islamabad, sondern auch in London, Paris, Berlin und New York.

Wer darüber hinaus noch Fragen über die zahlenmäßig zweitgrößte Religionsgemeinschaft der Welt hat, kann aus diesem kleinen, aber überaus reichhaltigen Bändchen lange schöpfen. Ein umfassendes Glossar und einige weiterführende Literaturhinweise runden das Ganze ab.

John. L. Esposito: Von Kopftuch bis Scharia. Was man über den Islam wissen sollte
Übersetzt von Henning Thies
Reclam Leipzig, Leipzig 2004.
232 S. , 9,90 Euro